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Geflüchtete ohne ukrainischen PassInitiativen werfen Stadt Köln Rassismus vor

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Gina Hitsch ist Vorsitzende des Vereins Be Your Future.

Köln – Zwei Monate nachdem Russland die Ukraine angegriffen hat, fliehen weiter zehntausende Menschen aus dem Land. Darunter befinden sich auch Menschen, die über keine ukrainische Staatsbürgerschaft verfügen, etwa Studierende. Die an Hochschulen in der Ukraine gelernt haben. Zahlreiche Initiativen, darunter der Kölner Flüchtlingsrat und Bündnis 14 Afrika fordern nun Bund und Stadt Köln auf, diese Flüchtlinge rechtlich so wie ukrainische Geflüchtete zu behandeln.

„Auch bei ihnen handelt es sich um Kriegsflüchtlinge“, schreiben Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, und Eli Abeke von Bündnis 14 Afrika in einer Mitteilung. „In vielerlei Hinsicht werden sie aber ungleich behandelt.“ Anders als bei ukrainischen Flüchtlingen sei unklar, ob sie eine aufenthaltsrechtliche Perspektive in Deutschland hätten oder nicht. Dies sei nach Paragraf 24 des Aufenthaltsrechts möglich, aber bislang ungeklärt. „Aufgrund dieser Unklarheiten werden den Betroffenen ihre Rechte und Ansprüche oftmals vorenthalten – auch in Köln."

Kaum Chancen auf eine Arbeitserlaubnis

So würden Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht angenommen oder auf das Asylverfahren verwiesen. Daher hätten die Geflüchteten keine Chance auf eine Arbeitserlaubnis, Krankenversicherung oder auf Leistungen des Sozialamts. Flüchtlingsrat und Bündnis 14 Afrika fordern das Bundesinnenministerium auf, die Unklarheiten zu beseitigen.

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Eli Abeke vom Kölner Integrationsrat

Die Stadt soll zudem die Anträge schnell bearbeiten und den Menschen eine provisorische Aufenthaltserlaubnis, eine sogenannte Fiktionsbescheinigung, erteilen. In einem offenen Brief zahlreicher Vereine und Initiativen, darunter Be Your Future, der Initiative Schwarzer Menschen, der Verein Elde-Haus, Agisra und Köln gegen rechts, wird der Umgang der Stadt mit Drittstaatlern aus der Ukraine, darunter Studierende aus afrikanischen Ländern, kritisiert. Bipoc-Geflüchtete (Black, Indigenous and People of Color) seien bei der Flucht „massiven Rassismus“ ausgesetzt: Ihnen sei der Zugang zu Bussen und Zügen verwehrt und an den Grenzen benachteiligt worden. „Auch in Köln setzt sich diese rassistische Diskriminierung alltäglich weiter fort“, heißt es in dem Brief. „Alle, die keine ukrainische Nationalität besitzen und keinen ukrainischen Pass vorweisen können, werden auch in Köln wie Geflüchtete zweiter Klasse behandelt.“

„Keinen Cent Unterstützung”

Viele der Geflüchteten warteten seit Wochen auf einen Termin beim Sozialamt. „Sie haben bislang keinen Cent Unterstützung von der Stadt erhalten.“ Die Initiativen fordern von der Stadt, die Geflüchteten für ein Jahr einen sicheren Aufenthalt zuzuerkennen, da sie auch nach einem Ende des Kriegs in der Ukraine nicht dorthin zurückkehren könnten. So seien zahlreiche Hochschulen in der Ukraine bombardiert und zerstört worden.

Und in den afrikanischen Herkunftsländern hätten sie keine Chance, ihr Studium weiterzuführen und anschließend eine Arbeit zu finden. Zudem sollen sie sofortige finanzielle Hilfen, eine Krankenversicherung und die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen erhalten, damit sie in Deutschland studieren können.

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Die Stadt weist die Vorwürfe einer rassistischen Diskriminierung ausdrücklich zurück. „Es ist richtig, dass es eine rechtliche Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Personengruppen gibt“, teilt eine Stadtsprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Dies gehe aber darauf zurück, dass die sogenannte EU-Massenzustromrichtline einen vorübergehenden Schutzstatus nur für ukrainische Flüchtlinge und Drittstaatsangehörige mit internationalem Flüchtlingsstatus in der Ukraine sowie die Familienangehörigen beider Gruppen vorsehe.

„Die Unterscheidung erfolgt also nicht willkürlich aufgrund etwaiger rassistischer oder kultureller Zuschreibungen.“ Sachliches Unterscheidungskriterium sei, ob die Geflüchteten ein sichere Herkunftsländer haben, in die sie zurückkehren können.

Stadt weist Vorwürfe zurück

Die Stadt weist darauf hin, dass weder die EU noch das Bundesinnenministerium bislang eine Rechtsgrundlage geschaffen hätten, die es der Kommune ermögliche, den besagten Geflüchteten einen Aufenthalt zu gewähren. „Ohne Rechtsgrundlage dürfen wir keine Aufenthaltserlaubnisse erteilen.“ Betroffenen Personen versuche die Stadt alternative Wege aufzuzeigen. So könnten Drittstaatsangehörige, die nicht unter den EU-Schutzstatus fallen, eine „normale“ Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Arbeit oder zur Aufnahme eines Studiums oder Asyl beantragen.