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Grandseigneur des Kölner KarnevalsLudwig Sebus wird 95 Jahre alt – Party fällt aus

Lesezeit 4 Minuten

Bestens aufgelegt: Ludwig Sebus vor seinem 95.Geburtstag.

  1. Statt eines großen Geburtstagsfestes wird Ludwig Sebus im Familienkreis gefeiert. Das große Fest soll mit 96 nachgeholt werden.
  2. Der Altmeister trotzt Corona und will zurück auf die Bühne
  3. Zusammen mit Jörg P Weber und Thomas Cüpper ist Sebus noch einmal ins Studio gegangen.

Köln – Eigentlich sollte es am heutigen Samstag ein großes Fest im Gaffel-Brauhaus am Dom geben. Rund 200 Gäste waren geladen, um mit Ludwig Sebus Geburtstag zu feiern. 95 Jahre wird der Altmeister des rheinischen Entertainments am Samstag, 5.September, alt. Doch statt einer großen Party gibt’s nur ein überschaubares Familienfest mit Kindern und Enkeln. Am Sonntag geht der achtfache Uropa mit seinen Urenkeln Eis essen. Corona hat es unmöglich gemacht, das Fest in einem für diesen Mann und Anlass würdigen Rahmen zu feiern. „Dann feiern wir eben groß, wenn ich 96 werde“, sagt der Jubilar.

„Ich brauche die Menschen um mich herum“

Ganz so leicht, wie es klingt, ist es nicht für den Mann, der den Trubel liebt. Ja, man muss vorsichtig sein. Aber nein. Es kann auch nicht sein, dass alles zum Erliegen kommt. „Ich brauche Menschen um mich herum, ich brauche ein Gegenüber“, sagt Sebus. Und so geht der Grandseigneur des Fastelovend bei der vierten Auflage des Kölner Krätzjer Festes im Oktober voran, um am Samstag 17. Oktober im Saal des Sion-Brauhauses einmal mehr im Rahmen einer Lesung mit Musik aus seinem bewegten Leben zu erzählen.

Seine Erinnerungen an die Jahre in einer unangepassten Jugendbewegung während der NS-Diktatur, seine Zeit im Krieg und in Gefangenschaft sowie die Rückkehr in eine Stadt, die von der Vergangenheit nichts mehr wissen wollte, sind unschätzbare Zeitdokumente – genau wie die über 200 Lieder, die er geschrieben hat. Als Sänger, Komponist und Moderator im Radio und auf vielen Bühnen verbreitete er beste Laune. Doch er ist auch zu einem Mahner vor Gewalt und Rechtspopulismus geworden.

Neue Studioaufnahmen mit dem Altmeister

Auch in der Corona-Zeit war der 95-Jährige nicht untätig: Zusammen mit Jörg P Weber nahm er den noch nie im Studio produzierten Titel „Eu-Eu-Eugenie“ von Willi Ostermann aus den 1920er Jahren für die nächste Folge der Reihe „Kölsche Heimat“ neu auf – eine äußerst witzige Wohnzimmerproduktion als Zeugnis für das, was auch unter schweren Bedingungen möglich ist. Und mit Klimpermännchen Thomas Cüpper bastelte er an einer Neuinterpretation seines 1979 bundesweit erfolgreichen Schlagers von der „Kellerbar“. Die Lied, das Cüpper mit ein paar kölschen Strophen versehen hat, ist mittlerweile im Studio eingesungen worden. Sie hätten aus dem alten Hit ein „Mutmacher-Lied“ in Corona Zeiten gemacht. „Im privaten Rahmen können die Menschen feiern, ohne Gefahr zu laufen, sich anzustecken. Alles in kleinem Rahmen und mit Abstand.“ Das stellt er sich auch für die nächste Karnevalssession vor: „Vom augenblicklichen Standpunkt aus betrachtet, muss man die Karnevalszüge und die Großveranstaltungen absagen. Man feiert dann im kleinen Kreis, so wie es früher üblich war, nett und gemütlich.“

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Als die Kontaktbeschränkungen noch strenger waren, habe er viel telefoniert, um andere aufzumuntern, denen es schlecht gegangen sei. „Das Telefon ist ein großer Gewinn“, würdigt er die Erfindung von 1861. Schön sei auch, dass das Briefeschreiben wieder „in Mode gekommen“ sei. E-Mails und die sozialen Medien im Internet seien für ihn nichts. „Mein geistiger Umfang ist für diese Dinge nicht geeignet.“

Das ist schwer zu glauben, wenn man erlebt, wie Sebus bestens informiert die Geschehnisse in der Welt und in der Stadt begleitet. Egal, ob man mit ihm über die Ernennung des neuen deutschen Botschafters in Polen spricht („Denen fehlt das Fingerspitzengefühl“) oder kommunalpolitische Entwicklungen („Es ist immer gut, mit Leuten zu tun zu haben, wo eine Persönlichkeit dahinter steht“) spricht – der engagierte Mann hat zu allem eine fundierte Meinung. Am Fenster seines Hauses flattert die Fahne „Kein Veedel für Rassismus“. Er wirbt für ein weltoffenes Köln und für Verständigung im Kleinen wie im Großen. „Frieden ist nicht selbstverständlich.“

Und wie geht es ihm gesundheitlich nach 95 Lebensjahren? „Ich habe 95 Mängel“, sagt er. „Wenn ich morgens aufwache und es sind nur 94, weiß ich, dass ich krank bin.“

Informationen zur Veranstaltung beim Kölner Krätzjer Fest findet man unter www.kölnerkrätzjerfest.de