Köln – In den ersten Reihen kreischen junge Frauen vor Begeisterung, als Joshua Kiszka als letzter die Bühne betritt. Auf einer Videowand wird das Geschehen für die weiter hinten stehenden Zuschauer im Tanzbrunnen übertragen. In schwarz-weiß – man möchte beinahe sagen: natürlich. Das Retro-Feeling äußert sich in fast jedem Detail der Show von „Greta van Fleet“.
Von den Outfits des Quartetts aus Frankenmuth im US-Bundestaat Michigan bis hin zu den in weiß gehaltenen Monitor-Boxen und Keyboards erinnert vieles an die frühen Rockbands der 1960er und 70er Jahre. Erfrischend ist, dass „Greta van Fleet“ ohne großen Zirkus wie eingespielte Videos oder Pyro-Effekte auskommen.
Greta van Fleet: Coverband von Led Zeppelin?
Der Band wird gerne unterstellt, eine Art Coverband der legendären „Led Zeppelin“ zu sein. Das ist insofern naheliegend, als dass die Tonlage von Frontmann Kiszka der von Robert Plant verdächtig ähnlich klingt. Doch rein musikalisch ist dieser Vergleich eher weit hergeholt. In den Songs der drei Kiszka-Brüder, neben Sänger Joshua sind das noch Gitarrist Jacob und Bassist Samuel, verschmelzen Blues und verschiedene Rock-Stilrichtungen miteinander.
So kritisch die Truppe bisweilen gesehen wird, so sehr können sie live überzeugen. Bandleader Joshua Kiszka wickelt die unmittelbar vor der Bühne stehenden Fans mit seinen theatralischen Gesten spielerisch um den Finger. Dabei wandelt er auf einem schmalen Grat zwischen Charme und Arroganz. Die Menge jedenfalls liegt ihm zu Füßen. Selbst ergraute Rock-Veteranen wippen lässig neben den Getränkeständen mit dem Bier in der Hand zum Takt der Musik. So muss es sich angefühlt haben, als Rock noch jung und anrüchig war.
In der zweiten Hälfte der gut neunzigminütigen Show werden die instrumentalen Anteile der Songs länger. Gitarrist Jacob Kiszka gelingt es dabei, die Stücke mit seinen Soli in die Länge zu ziehen ohne zu langweilen. Sein Bruder Joshua nutzt die dabei für ihn entstehenden Pausen zum näheren Kontakt mit dem Anhang. Er bekommt eine Mappe gereicht, über deren Inhalt er sich nicht weiter äußert. Ein kurzer Moment der Unsicherheit bei dem ansonsten so souverän wirkenden Sänger.
Erfahrene Besucher des Tanzbrunnens wissen, um 22 Uhr muss Ruhe einkehren. So blickt mancher verstohlen auf seinen Zeitmesser, als die Gruppe für das übliche Spiel um die Zugabe die Bühne verlässt. Immerhin reicht es dann noch für „Light My Love“ und „Highway Tune“, ehe sich „Greta van Fleet“ noch einmal ausgiebig feiern lassen. „Wir sehen uns beim nächsten Mal“, verabschiedet sich Joshua Kiszka von seinem Publikum. Wann immer das auch sein mag. Es bleibt die Erkenntnis, dass sich niemand um die Zukunft des Rock sorgen braucht, selbst wenn das Rad nicht neu erfunden wird.