Als Geschäftsführerin der Historischen Gesellschaft Köln trieb Hadmut Jaeger viele Jahre die „Geschichte der Stadt Köln“ voran.
Verstorben im DezemberHadmut Jaeger, die „Mutter“ der Kölner Geschichte

2014 erhielt Hadmut Jaeger (links) das Bundesverdienstkreuz.
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„Eines unserer ehrgeizigsten und schönsten Projekte“ nennt der Greven Verlag die „Geschichte der Stadt Köln“, eine detaillierte, allgemeinverständliche Darstellung der 2000-jährigen Historie. 2004 ist der erste Band erschienen, in dem der Althistoriker Werner Eck Köln in römischer Zeit beschreibt. Mittlerweile fehlt nur noch der 13. Band, der sich der Entwicklung seit 1945 widmet. Er soll in diesem Herbst herauskommen. Maßgeblich daran beteiligt, das Mammutprojekt voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen, war Hadmut Jaeger, Geschäftsführerin der Historischen Gesellschaft Köln. Ihr blieb es versagt, die Veröffentlichung des letzten Bandes der Stadtchronik mitzuerleben: Sie starb im vorigen Dezember mit 81 Jahren.
Die Historische Gesellschaft wurde 1995 aus dem Kölner Haus- und Grundbesitzerverein heraus gegründet. Ihr Hauptzweck ist es, eine vollständige, wissenschaftlich fundierte Kölner Stadtgeschichte zu publizieren. Wissenschaftlicher Herausgeber war anfangs Hugo Stehkämper, bis 1994 Direktor des Historischen Archivs der Stadt Köln. Ihm oblag es, für die verschiedenen Epochen Experten zu finden, die sich als Autoren verpflichten ließen. 2008 übernahm Werner Eck seine Nachfolge. Ein Jahr darauf wurde Hadmut Jaeger Geschäftsführerin der Gesellschaft, die heute rund 500 Mitglieder zählt.
„Ganz leger würde man sagen: Sie war die 'Mutter der Kompanie'“, sagt Eck dazu, wie sie ihre Rolle ausfüllte. „Sie machte die Sache der Historischen Gesellschaft umfassend zu ihrer persönlichen Aufgabe.“ Sie bereitete Sitzungen vor, schrieb Protokolle, hielt Kontakt zu den Autoren und kümmerte sich intensiv um Sponsoren, weil sie wusste, wie viel Geld es für die Herausgabe der Stadtgeschichte brauchte. Was Eck ihr ebenfalls hoch anrechnet: „Nicht wenige der Mitglieder, die erst im Laufe der Zeit zur Historischen Gesellschaft stießen, hat sie selbst geworben.“ Um die Mitglieder ging es ihr auch, wenn sie Exkursionen zu historisch interessanten Stätten und entsprechende Führungen organisierte. Im regen Austausch mit Eck blieb keine Schwierigkeit unerörtert. Manchmal habe er die Absicht gehabt, „meinen Job hinzuwerfen“, sagt er. „Dann kam von ihr Ermutigendes, damit ich weitermache.“
2014 erhielt Jaeger das Bundesverdienstkreuz
Für ihr Engagement in der Historischen Gesellschaft und weitere Verdienste, die sie sich in Köln erwarb, erhielt Hadmut Jaeger 2014 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Geboren wurde sie mitten im Weltkrieg in Bonn. Der Vater war Versicherungskaufmann, ihre Mutter Kindergärtnerin. Nach dem Abitur hätte sie gerne Archäologie studiert, doch die Eltern warnten eindringlich vor „brotlosen Künsten“. Zunächst in Bonn, dann in Köln studierte die Tochter Wirtschaft und Englisch auf Lehramt.

Karnevalsbild von Hadmut (links) und Lothar Jaeger, um 1990
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Auf einem Karnevalsball der Katholischen Deutschen Studentenverbindung Asgard lernte sie ihren künftigen Mann, Lothar Jaeger, kennen. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt er. Fortan blieben die beiden zusammen. 1967 wurde Hochzeit gefeiert. In jenem Jahr begann Hadmut Jaeger, die nun Diplomhandelslehrerin war, ihr Referendariat im Berufskolleg an der Lindenstraße. Kurz vor Beginn des Mutterschutzes – Sohn Johannes kam 1969 zur Welt – legte sie die Prüfung für das Lehramt an kaufmännischen Schulen ab. Dem Berufskolleg, das heute mit mehr als 3000 Schülern und Schülerinnen die größte Schule der Stadt ist, sollte sie fast ihr ganzes Berufsleben lang treu bleiben.
Berufsschulleitung als CDU-Mitglied – eine unüberwindlich scheinende Grenze
1972 brachte sie Tochter Dominique zur Welt. Zwei Jahre darauf zog die Familie von Deutz ins Severinsviertel, wo das Ehepaar gebaut hatte. Dort engagierten sich beide lange Zeit in der katholischen Kirchengemeinde St. Johann Baptist, er im Kirchenvorstand, sie im Pfarrgemeinderat. Lothar Jaeger arbeitete zunächst als Richter am Landgericht, bevor er zum Oberlandesgericht wechselte; er war als Beisitzer und dann viele Jahre als Vorsitzender eines Senats tätig.
Während seiner Karriere nichts im Wege stand, stieß seine Frau Ende der 1980er Jahre als Studiendirektorin, die sie zehn Jahre zuvor geworden war, an eine unüberwindlich scheinende Grenze, denn sie hatte ein Parteibuch der CDU. „In Köln gab es damals keinen einzigen Berufsschulleiter, der nicht Mitglied der SPD war“, erinnert sich ihr Mann. Um sich in eine bessere Position zu bringen, übernahm Hadmut Jaeger für zwei Jahre die stellvertretende Leitung einer berufsbildenden Schule in Bensberg.
Mit dieser höheren Qualifikation bewarb sie sich erneut in Köln – und hatte Erfolg: 1992 wurde sie doch noch Oberstudiendirektorin ihrer altvertrauten Schule. „Sie hat entscheidend zur Schulentwicklung und zum Aufbau neuer Bildungsgänge am Berufskolleg an der Lindenstraße beigetragen und sich bereits frühzeitig für eine moderne Ausrichtung und Ausstattung des Berufskollegs eingesetzt.“ So heißt es in der Todesanzeige der Schulleitung und des Kollegiums. Werner Diedrich, ein langjähriger Kollege, sagt über Hadmut Jaeger: „Wenn sie eine neue Aufgabe hatte, hat sie sich voll reingekniet.“ Ihn habe sie sehr unterstützt dabei, an der Schule eine Studiendirektor-Stelle im Bildungsgang Einzelhandel zu bekommen. Dabei hatte sie selber die fachliche Eignung, doch ihr fehlte die nötige Anzahl der Dienstjahre als Oberstudienrätin.
Seit 1999 Mitglied im Vorstand der Historischen Gesellschaft
In den 1990er Jahren sorgte sie dafür, dass im Berufsschulzweig des Kollegs die Ausbildung zum Immobilienkaufmann etabliert wurde. Interessiert daran, solche Fachkräfte zu bekommen, war zum Beispiel der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein. Mit ihm stand Hadmut Jaeger daher in engem Kontakt, vor allem mit dem Vorsitzenden Hanns Schaefer. 1999 wurde sie Mitglied des Vorstands und blieb es bis Ende 2023. Schaefer war die treibende Kraft, als es darum ging, die Historische Gesellschaft zu gründen. Vier Jahre, nachdem sie 2005 pensioniert worden war, übernahm Hadmut Jaeger das Amt der Geschäftsführerin.
„Sie war ein Multiplayer der Historischen Gesellschaft“, sagt Bettina Schmidt-Czaia, Direktorin des Historischen Archivs der Stadt Köln. 2013 trat Hadmut Jaeger dem Förderverein „Freunde des Historischen Archivs der Stadt Köln“ bei, der 2006 auf Schmidt-Czaias Betreiben hin gegründet worden war und nach dem Einsturz des Gebäudes im Jahr 2009 noch größere Bedeutung gewonnen hatte. Als Mitglied des Fördervereins sei Hadmut Jaeger „zielstrebig, verlässlich und loyal“ gewesen, sagt Schmidt-Czaia, und auch privat habe sie sich auf Hadmut Jaeger und ihren „ethischen Kompass“ verlassen können, etwa in der Zeit einer schweren Krankheit: „Sie hat tapfer an meiner Seite gestanden.“
Konrad Adenauer, der 15 Jahre lang Vorsitzender des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins war und Hadmut Jaeger in vielen Versammlungen erlebte, charakterisiert sie als umgänglich und zugleich durchsetzungsfähig. „Was sie vertrat, das vertrat sie mit Nachdruck.“ Sie habe „nicht viel Lärm um sich gemacht“ und eine Autorität besessen, „die sie nicht hat ausspielen müssen“. Wichtig sei ihr die Präsenz von Frauen im von Männern dominierten elfköpfigen Vorstand gewesen. Die Historische Gesellschaft, die sie repräsentierte, brachte sie auch dadurch zur Geltung, dass sie sich um die beliebte letzte Seite der vereinseigenen Zeitung „Eigentum aktuell“ kümmerte. Dort schrieben Experten über historische Themen.
An ihre Erfahrung als Berufsschulleiterin anknüpfend, setzte sie sich ehrenamtlich für eine bessere Qualifizierung in der kaufmännischen Aus- und Weiterbildung ein. Als Beiratsvorsitzende des Vereins „Neue Medien für Kölner Schulen“ war ihr die technische Ausstattung der Bildungsstätten, zum Beispiel mit Laptops, ein Anliegen. „Es war immer etwas zu tun“, sagt ihr Mann, dessen Ruhestand ebenfalls ausgefüllt war mit Arbeit, vor allem mit dem Schreiben juristischer Bücher und Fachbeiträge. So hatte jeder seine Aufgabe, aber immer mit hohem Interesse daran, was den anderen gerade beschäftigte.
Reiselustig nach Asien und Afrika
Schon in frühen Jahren, zusammen mit den Kindern, unternahm das Paar viele Reisen, ob nach Marokko, Ägypten, Thailand oder Indien. Die Ziele suchte Hadmut Jaeger aus, die auch die Route zusammenstellte. Reiselustig, wie sie war, fuhr sie mit ihren Kindern auch gern mal allein in Urlaub, mit der Tochter nach Kenia und Albanien, mit dem Sohn nach Island. In der Freizeit zu Hause spielten Bücher eine große Rolle. Statt gemeinsam vor dem Fernseher zu sitzen, lasen Hadmut und Lothar Jaeger lieber. „Meine Mutter konnte schwer stillsitzen, es sei denn, sie hatte einen guten historischen Roman in der Hand. Dann vergaß sie alles um sich herum“, sagt ihre Tochter. Die Aufgaben im Haushalt waren klar verteilt: Er kochte, sie buk. Einkaufen gingen sie gemeinsam. Vor etwa zehn Jahren zogen sie nach Bonn um, in das Haus, in dem Hadmut Jaeger von ihrem zehnten Lebensjahr an mit ihren Eltern gewohnt hatte. An drei Tagen in der Woche pendelte sie für die Arbeit als Geschäftsführerin nach Köln.
Häufig waren sie und ihr Mann mit E-Bikes unterwegs, meist in Bonn – „den Kottenforst rauf und runter“, wie Lothar Jaeger sagt –, oft aber auch in anderen Gegenden, vor allem in Norddeutschland. Bei einer Radtour in Bremen im vorigen September brach sich Hadmut Jaeger ein Wadenbein. Eine der folgenden Untersuchungen ergab, dass sie unheilbaren Krebs in weit fortgeschrittenem Stadium hatte. Sie starb am ersten Weihnachtstag. Auf dem Melaten-Friedhof sagte Georg Menne, den Lothar Jaeger gebeten hatte, die Trauerrede zu halten: „Ihre Familie beschrieb sie mir als schlagfertig, fröhlich und bescheiden, als herzlich und hilfsbereit, kreativ und voller Fantasie.“