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Köln früher und heuteDer Hohenzollernring war jahrzehntelang die vornehmste Wohngegend Kölns

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Das Haus an der Ecke Hohenzollernring/ Limburger Straße im Jahr 1903.

Das Haus an der Ecke Hohenzollernring/ Limburger Straße im Jahr 1903. Die Spannmasten für die Oberleitungen der Straßenbahn zeigen, dass der Jugendstil bereits en vogue war.

Das Stadtpalais an der Ecke Hohenzollernring/Limburger Straße zeigt, wie sich die Architektur-Mode Anfang des 20. Jahrhunderts verändert hat.

Das Haus an der Ecke Hohenzollernring und Limburger Straße ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Architektur der Gründerzeit schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr im Trend lag. War es im 19. Jahrhundert in Mode gekommen, Stilrichtungen vergangener Jahrhunderte nachzuahmen, war diese Art des Bauens Anfang des 20. Jahrhunderts ein alter Hut.

Für sein Stadtpalais am Hohenzollernring 37 wählte Peter Joseph Roeckerath die neogotische Variante, die durch den Weiterbau des Kölner Doms ab 1842 vor allem im katholischen Milieu viele Anhänger fand. Der Entwurf für das Eckhaus mit den beiden kirchturmartigen Spitzdächern stammte von Architekt August Carl Lange. Die Adresse hätte besser nicht sein können: Der Hohenzollernring gehörte zum feinen Prachtboulevard, der ab 1881 im Zuge der Stadterweiterung angelegt wurde.

Haus an der Ecke Hohenzollernring/Limburger Straße heute

An das Stadtpalais von Peter Joseph Roeckerath erinnert heute nichts mehr.

„Das war etwa 20 bis 30 Jahre lang die vornehmste Wohngegend Kölns“, sagt der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings. Wer etwas auf sich hielt, wohnte am Ring – jedenfalls bis irgendwann ruhigere Gegenden wie Marienburg angesagter waren und sich die Ringe mehr und mehr zu einer Geschäftsstraße entwickelten.

Kölner Bauunternehmer brachte es im Zuge der Stadterweiterung zu großem Wohlstand

Peter Joseph Roeckerath gehörte als Mitgründer der Kölner Zentrumspartei und anderer katholischer Vereine zu den großen Förderern des rheinischen Katholizismus. Vor allem nach der Reichsgründung von 1871 wollte die preußische Regierung, allen voran Reichskanzler Otto von Bismarck, den Einfluss der katholischen Kirche in Staat und Gesellschaft zurückdrängen. Zwischen Kirche und Kaiserreich brach der sogenannte Kulturkampf aus.

Roeckerath gehörte zu den Sprachrohren des Widerstands gegen Bismarck, war aber auch als geschäftstüchtiger Bauunternehmer und emsiger Grundstückshändler bekannt. Im Zuge der Kölner Stadterweiterung brachte er es zu beträchtlichem Wohlstand. Daran ließ er aber auch die Allgemeinheit teilhaben. Bekanntester Ausdruck seiner Großzügigkeit und seiner Frömmigkeit ist die Kirche St. Agnes, die er 1895 stiftete.

Hohenzollernring Köln: Hauskäufer mussten in „Villa Canossa“ ihre Schulden zurückzahlen

Sein Wohnhaus an der Limburger Straße ließ Roeckerath im Jahr 1883 errichten. Im Volksmund wurde es in Anspielung an den mittelalterlichen „Gang nach Canossa“ auch Villa Canossa genannt. Wohl auch, weil Käufer von Roeckeraths Häusern hier ihre Schulden zurückzahlen mussten. Der Hausherr residierte mit seiner Großfamilie standesgemäß in der Beletage des Hauses mit breitem Balkon.

Das Haus an der Ecke Hohenzollernring/Limburger Straße im Jahr 1932

Das Haus im Jahr 1932 – viel vom historistischen Fassadenschmuck ist verschwunden, ebenso die ursprüngliche Dachlandschaft. Die Ringe hatten sich in eine Geschäftsstraße verwandelt.

Als rund 20 Jahre später das Foto entstand, war der architektonische Mainstream schon weitergewandert. Der Historismus war out, der Jugendstil in. Die Spannmasten für die Oberleitungen der noch ganz neuen Straßenbahn prägten bereits florale Elemente. „Mit dem Jugendstil wurde der Historismus verteufelt“, sagt Ulrich Krings. Ab etwa 1910 seien historisierende Spitzen oder Giebel schon nicht mehr erneuert worden, wenn etwa die Reparatur eines Hausdachs anstand. Überall in der Stadt verschwand der so reiche Fassadenschmuck nach und nach.

Auch Roeckeraths Palais musste diese Entwicklung durchlaufen, bevor es im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde. Die beiden Spitzdächer waren bereits in den 1930er Jahren abhandengekommen, das Balkongeländer aus Stein einer Metallausführung gewichen. Denn Metall war einfach billiger.