Impf-Aktion in Köln-Kalk„Zwei bis drei Wochen habe ich mit mir gerungen“
Köln – „Zwei bis drei Wochen habe ich mit mir gerungen“, sagte ein Mann, Mitte 30. „Mir ging es richtig schlecht.“ Das Ergebnis seines Ringens war, dass er sich am Dienstagmittag auf dem Ottmar-Pohl-Platz in Kalk, wo der Arbeiter-Samariter-Bund im Auftrag der Stadt mit einem Impfteam präsent war, zum zweiten Mal gegen Covid-19 impfen ließ.
Zwei Kleinbusse standen dort und zwei Pavillonzelte. In einem davon konnten sich die frisch Geimpften nach der Injektion ausruhen. Zum ersten Mal hatte sich der Mitdreißiger, der als Musiker in einer evangelischen Gemeinde arbeitet, im Frühjahr impfen lassen. Danach kamen ihm Bedenken, denn in seinem Umfeld hätten sich Mediziner kritisch über die Impfungen geäußert. Also verzichtete er auf das zweite Mal. „Als ich Mitte August aus dem Urlaub zurückkam, hatte ich das Gefühl: Jetzt nehmen sie die Nicht-Geimpften in die Mangel.“
Zwei Frauen ließen sich nur widerwillig impfen
Als Chorleiter werde von ihm verlangt, vor jeder Probe einen negativen PCR-Test vorzulegen. Dieser ist anders als der Bürgertest kostenpflichtig. „Das kann ich mir nicht leisten“, sagte der Musiker. Seine Bedenken überwand er aber auch aus einem anderen Grund: Bei einer Freundin habe er mitbekommen, was es heiße, an Long Covid zu leiden. Trotzdem bleibe seine Haltung „sehr ambivalent“, und es sei ein Unding, dass diejenigen, die sich gegen eine Impfung entscheiden, „hemmungslos an den Rand gedrängt werden“.
So empfindet es auch die junge Frau, die mit einer Freundin neben ihm auf einer Bank des Ruhezelts saß; beide Frauen hatten sich nur widerwillig impfen lassen. „Man wird als gesellschaftsschädigend dargestellt, wenn man es nicht tut“, ärgerte sie sich. Dabei gebe es gute Argumente für den Verzicht. Skeptisch mache sie zum Beispiel, „wie schnell die Impfstoffe rausgekommen sind“.
Der Druck auf Ungeimpfte steigt
Was mögliche Nebenwirkungen angeht, hätten sich die Informationen „oft geändert. Da schwindet das Vertrauen.“ Doch nun sei der Druck hoch. Ohne Impfung „kann man nicht mehr so am öffentlichen Leben teilnehmen wie gewohnt“. Das gelte nicht nur im Privaten, sondern auch fürs Berufsleben.
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Ein 59-jähriger Mann war von seiner Arbeitsstelle in Höhenberg zum mobilen Impfteam gekommen, „freiwillig“, sagte er, und in einem Atemzug „gezwungenermaßen“. Auch er sprach von Druck, einem Druck, der „immer schlimmer“ werde. Lieber hätte er weiter gewartet, alles stecke ja noch in der „Entwicklungsphase“. Er erwähnte einen „neuen Impfstoff, den man inhalieren kann“; Genaueres wusste er nicht zu sagen. Im Impfbus war ihm das Vakzin von Biontech gespritzt worden; auch der Impfstoff von Johnson & Johnson stand zur Verfügung.
18-Jährige impft sich für Reisevorbereitung
Spontan vorbeigekommen war Rahel Salem, der als Mitarbeiter eines interkulturellen Zentrums viel mit Menschen zu tun hat. „Sehr lange“ habe er überlegt, das Angebot wahrzunehmen, sagte er. Dazu bewogen habe ihn nicht zuletzt die Beobachtung in seinem Umfeld: Immer mehr Leute hätten sich impfen lassen, und bei keinem sei eine Nebenwirkung aufgetreten.
Przemek, 18 Jahre alt und Schüler des Simon-Ohm-Berufskollegs in Humboldt/Gremberg, nannte einen einfachen Grund fürs Impfen: Er wolle keine Schwierigkeiten bekommen, wenn er im Herbst nach Polen reise. Am Vortag waren die stadtweiten Schwerpunktimpfungen vor dem Filmhaus in der Maybachstraße wieder aufgenommen worden.
Weitere Termine
Am Mittwoch warten Impfteams an der Kreuzblume nahe dem Dom (14 - 19 Uhr) und auf dem Weserplatz an der S-Bahn-Station Köln-Chorweiler Nord (12 - 18 Uhr); danach geht es weiter durch die Stadt. Das mobile Impfangebot nutzen laut Koordinator Simon Fritsch bis über 200 Menschen pro Tag.