AboAbonnieren

Alfred Biolek im Interview„Düsseldorf hat einfach nicht die Atmosphäre, die Köln hat“

Lesezeit 9 Minuten

Koch und TV-Legende Alfred Biolek

  1. Mit den Sendungen „Kölner Treff“, „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“ und der Kochshow „Alfredissimo“ schrieb er Fernsehgeschichte.
  2. Ein Gespräch über Freunde, Wünsche und über das Glück.
  3. Ein Interview mit dem Koch, der in Köln wohnte, aus dem Archiv.

Herr Biolek, Sie haben lange in Berlin gelebt. Wann haben Sie denn entschieden, dass Sie nun in Köln bleiben wollen?Biolek: Ich weiß nicht mehr genau, wann das war. Aber ich bin schon sehr lange sehr glücklich in Köln. Wenn jetzt jemand käme und sagen würde, Du kannst da und da hinziehen, ich habe für dich ein tolles Haus dann würde ich sagen: Nein, hier bin ich zu Hause.

Was ist hier in Köln anders als in Berlin?

Berlin ist einfach sehr groß. Und ich kannte dort viele Leute, aber ich hatte keine Freunde. Köln dagegen ist für mich auch deswegen so wichtig, weil ich hier viele Freunde habe, weil ich doch schon eine Weile hier lebe. Und weil es hier viele Menschen gibt, die genau wie ich gerne in einer Stadt wie Köln leben. Weil es eben nicht so eine Riesenstadt ist, sondern eine, die gerade in ihrer Begrenztheit ganz viel Atmosphäre bietet. Köln ist heute meine Heimat.

Was macht für Sie die Stadt aus? Was ist das Besondere, dass Sie sich hier so wohlfühlen?

Genau kann ich das gar nicht erklären. Aber wenn ich zum Beispiel nach Düsseldorf fahre, fühle ich mich nicht zu Hause. Klar, da ist viel los, die Menschen haben viel Geld – aber Düsseldorf hat einfach nicht diese Atmosphäre, die Köln hat. Irgendetwas fehlt da. Köln dagegen hat etwas Besonderes. Wie gesagt, ich kann das nicht erklären, aber ich spüre das.

War das schon immer so? Oder hat sich diese Atmosphäre seit Ihrer Rückkehr aus Berlin vor acht Jahren verändert?

Nein, das sehe ich nicht. Ich finde, dass Köln sich das über die Jahre bewahrt hat.

Wie erleben Sie die Stadt im Alltag? Sind Sie noch regelmäßig unterwegs?

Ich wohne ja direkt am Stadtgarten. Da bin ich eben nicht mitten drin im Zentrum, aber es ist ganz nah am Zentrum. Und wenn ich etwas kaufen will, etwas erleben will, dann ist das ganz nah. Mitten im Zentrum möchte ich nicht gerne leben – aber ich finde es trotzdem sehr angenehm. Aber nochmal: Das Wichtigste an der Stadt ist für mich, dass ich hier nicht nur Bekannte habe, sondern auch Freunde. Das ist am Ende das Entscheidende.

Und wenn Sie ausgehen, was machen Sie da?

Ich gehe ins Kino. Zuletzt war ich im Hape-Kerkeling-Film „Der Junge muss an die frische Luft“. Und in die Philharmonie auch, da bin ich häufiger.

Aber Sie gehen auch noch zum Essen aus, oder?

Ja, natürlich. In verschiedene Lokale im Belgischen Viertel. Und zuletzt waren wir mal im La Fonda, das ist sehr schön. Ins Le Moissonnier gehen wir einmal im Jahr, für die besonderen Anlässe. Und das Restaurant Acht hier an der Spichernstraße ist mein zweites Zuhause.

Schildern Sie uns doch mal, wie ein typischer Tag für Sie aussieht?

Ich stehe nicht so früh auf, so um acht, halb neun. Dann mache ich ein Frühstück. Danach lege ich mich oft nochmal auf meine Couch, weil ich nachts teilweise nicht so gut schlafe. Danach gestalten sich die Tage unterschiedlich. Jemand kommt zu Besuch, ich gehe irgendwohin. Es ist nicht jeder Tag gleich.

Kochen Sie denn zu Hause noch selber?

Nein, dafür bin ich zu alt. Es kocht, wer gerade da ist. Wir haben oft Gäste, Freunde, die uns besuchen. Und die kochen dann für uns.

Müssen die dann Ihr Urteil fürchten?

Die müssen nichts fürchten.

Zur Person

Alfred Biolek wurde am 10. Juli 1934 in der damaligen Tschechoslowakei geboren, 1946 zog die Familie nach Waiblingen bei Stuttgart. Nach dem Jurastudium begann Biolek als Justiziar beim ZDF, wechselte aber bald vor die Kamera und zum WDR nach Köln.

Mit den Sendungen „Kölner Treff“, „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“ und der Kochshow „Alfredissimo“ schrieb er Fernsehgeschichte. Auch seine Kochbücher wurden Bestseller, zuletzt erschien im vergangenen Jahr „Biolek: Die Rezepte meines Lebens“.

Das WDR-Fernsehen zeigt zu Ehren Bioleks an diesem Samstag, 6. Juli, die Sendungen „Boulevardissimo“ (21.45 Uhr) und „Bahnhof für Bio“ mit Anke Engelke und Hape Kerkeling (23.15 Uhr) (chh)

Haben Sie ein Lieblingsgericht?

Käsekuchen. Und indisches Huhn à la Monty Python.

Und dazu trinken Sie heute alkoholfreien Wein?

Ja, meistens. Wenn ich irgendwo hinkomme, wo es keinen alkoholfreien Wein gibt, da kann es sein, dass ich mal ein Viertel normalen Wein trinke mit etwas Wasser. Da merke ich dann wieder, dass es auch sehr gute Weine gibt mit Alkohol. Aber normalerweise trinke ich Wein ohne Alkohol. Weil mich überrascht hat, wie gut der sein kann.

Sie sind der Erfinder der Kochshow im deutschen Fernsehen. Schauen Sie sich denn manchmal noch an, was Ihre zahlreichen Nachfolger so machen?

Nein, nie. Ich schaue sowieso keine Fernsehsendungen mehr am Stück.

Überhaupt nicht mehr?

Ich zappe nur noch durchs Programm. Ich zappe ziemlich viel. Ich fange meistens schon um sieben Uhr morgens damit an.

Und wo bleiben Sie dann hängen?

Das ist unterschiedlich. Wo es mir gerade gefällt.

Gibt es irgendein TV-Format, das Sie besonders gut finden?

Nein. Das Fernsehen ist heute nicht besser und es ist nicht schlechter als früher. Es ist einfach anders.

Können Sie die Unterschiede zu früher festmachen?

Ich kann das nicht beschreiben. Anders heißt, man geht anders ran. Diejenigen, die heute Fernsehen machen, haben eine andere Vorstellung als wir früher. Wie diese Vorstellung genau aussieht, weiß ich nicht.

Lesen Sie denn noch die Tageszeitung?

Ja, klar. Ich lese jeden Tag mehrere. Auch Ihre Zeitung.

Das freut uns. Nehmen Sie denn Zeitungen anders wahr als das Fernsehen? Oder zappen Sie da auch?

Nein, wenn ich Zeitung lese, lese ich die Artikel, für die ich mich entscheide.

Und was interessiert so als Zeitungsleser? Große Politik oder mehr das Stadtgeschehen?

In Ihrer Zeitung interessiert mich vor allem die Stadtpolitik und das, was in Köln passiert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie empfinden Sie diese Politik denn als Kölner?

Manche Dinge laufen nicht gut. Etwa die Sanierung des Opernhauses.

Hätte man damals doch neu bauen sollen?

Ja. Das wäre wohl sinnvoll gewesen. Ich kann aber nicht beurteilen, wer die letzten Entscheidungen trifft – ob man ein Opernhaus saniert oder neu baut. Deswegen will ich dazu auch mehr nicht sagen. Ich spüre nur, dass gewisse Dinge in Köln nicht richtig laufen.

Welche Rolle spielt das Internet in Ihrem Leben?

Gar keine. Ich habe noch nicht mal ein Smartphone.

Sie haben von Ihren Freunden geredet. Verändern sich Freundschaften über die Jahre, bekommen sie im Alter noch mal eine neue Qualität?

Nein, das bleibt eigentlich gleich. Diejenigen, die schon lange Freunde sind, bleiben Freunde. Die kommen mich besuchen oder laden mich ein. Und das ändert sich nicht.

Blickt man im Alter eher zurück auf das, was war? Und erinnert man sich gemeinsam mit den Freunden an früher? Oder schaut man nach vorne und überlegt, was wohl noch kommt?

Vor allen Dingen guckt man zurück. Aber mit manchen Freunden, die man schon lange kennt und mit denen man viele gemeinsame Erlebnisse teilt, schaut man aber auch nach vorne. Viele Freundschaften sind natürlich über den Beruf entstanden. Deswegen sprechen wir häufig über das Fernsehen.

Wie oft werden Sie noch auf der Straße erkannt und angesprochen?

Es sind vor allem die Älteren. Die haben regelmäßig meine Sendungen gesehen, die erkennen mich. Junge Menschen eher weniger.

Können Sie sich noch an ihre Anfänge hier in Köln erinnern? Wie sind Sie zum WDR gekommen?

Also, ich war zuerst bei Alexandra Kassen im Senftöpfchen. Und habe ihr gesagt, dass ich bei ihr auf der Bühne eine Talkshow machen möchte. Sie sagte: Ich weiß nicht, was das ist, aber machen Sie es. Und das war dann praktisch das Vorbild für das Fernsehen, diese Talkshow.

Wie offen war der WDR damals für solche Experimente wie den „Kölner Treff“?

Also, wie experimentierfreudig weiß ich nicht, aber zugelassen haben die viel, gerade bei mir. Auch beim WDR haben sie gesagt: Mach einfach mal.

Was ist heute für Sie Glück?

Wenn man mit dem Leben, so wie man es lebt, zufrieden ist, dann ist man auch glücklich. Aber Glück kann ja unterschiedlich sein. Dass ich jetzt keine Fernsehsendungen mehr mache, ist okay, und ich bin trotzdem glücklich. Aber es ist nicht dasselbe Glück wie damals, als ich noch die Sendungen machte, prominent war und einen Riesenerfolg hatte. Das war ein anderes, stärkeres Glück. Glück und Glück ist nicht immer dasselbe.

Gibt es Wünsche, die Sie sich noch erfüllen möchten?

Nein, das habe ich mir abgewöhnt. Ich habe so viel erlebt und ich lebe stark in der Erinnerung an die vielen tollen Sachen. Jetzt habe ich nichts mehr vor – weil ich weiß, dass ich das wahrscheinlich sowieso nicht umsetzen könnte. Und dann ist es besser, ich nehme es mir gar nicht mehr vor.

Also sind Sie eigentlich wunschlos glücklich. Das ist doch ein beneidenswerter Zustand.

Ja, das ist eindeutig so. Ich weiß heute, dass ich das nicht mehr machen kann, was ich mal gemacht habe, und bin jetzt auf ganz andere Weise glücklich, kleiner, reduziert. Das ist sozusagen das Altersglück.

Sind Sie ein gläubiger Mensch?

Ja. Nicht sehr aktiv, aber ich bin gläubig. Ich weiß allerdings nicht, was nach dem Tod kommt. Ich denke, dass dann erst mal alles vorbei ist. Ob es dann noch mal was anderes, Neues gibt? Ich habe keine Ahnung. Aber ich sehe das entspannt. Ich sage mir einfach, da kommt wohl irgendwas, mal sehen.

Gehen Sie denn noch in die Kirche?

Früher bin ich regelmäßig gegangen, jetzt aber nicht mehr.

Wie werden Sie am Dienstag Ihren Geburtstag feiern? Gibt es ein großes Fest?

Mit einer kleinen Einladung. Ich denke, wir sind elf Personen, also der engste Freundeskreis. Wir feiern in meiner Wohnung, da gibt es eine große Terrasse, da passen wir alle hin. Ich mache keine großen Feste mehr. Vor fünf Jahren habe ich noch 200 Gäste eingeladen.

Und danach fahren Sie in Urlaub?

Nein. Ich fahre nicht mehr raus aus Köln, weder für Urlaub noch für sonst was. Ganz selten mal nach Düsseldorf in die Oper zum Ballett. Urlaub mache ich hier. Wie gesagt: Hier ist meine Heimat, hier ist mein Zuhause.