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Jupp Schmitz starb vor 25 JahrenDer Kölsche Komponist mit dem Schnäuzer

Lesezeit 4 Minuten

Jupp Schmitz bei seinem letzten Auftritt 1991.

Köln – Er komponierte den Erfolgsschlager für die Wirtschaftswunderjahre („Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat so viel Geld“), ließ Gastwirte und Restaurantbesitzer frohlocken („Es ist noch Suppe da“), ebnete jedem Fastelovends-prinzen den Weg auf die Bühne („Ach wär ich nur ein einzig Mal, ein stolzer Prinz im Karneval“) und schrieb die Hymne für jede kölsche Nubbelverbrennung: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Der Titel ziert auch seinen Grabstein auf dem Melaten-Friedhof. Jupp Schmitz, ein kölschen Unterhaltungskünstler und Krätzchensänger, der auch bundesweit Karriere gemacht hatte, ist genau vor 25 Jahren verstorben. Zwei Monate nach seinem 90. Geburtstag, an dem er im Senftöpfchen – aufgezeichnet vom WDR – ein letztes Konzert gegeben hatte, kam er mit „Verdacht auf Gelbsucht“ ins Severinsklösterchen. Vier Tage später versagte sein Herz.

Karnevalsmelodien und kölsche Chansons komponiert

Sein Tod wurde damals sogar in der „Tagesschau“ vermeldet – ein Zeichen für seinen überregionale Bekannt- und Beliebtheit. Jupp Schmitz, wegen seines markanten Oberlippenbartes liebevoll „Dä Schnäuzer“ genannt, war zeitlebens ein Kölsches Original und in Köln und Umgebung weltbekannt. 58 Jahre war er mit Ehefrau Bärbel verheiratet. Heute erinnert eine an einem Klavier sitzende Bronzefigur auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen an der Marspfortengasse an diesen großen Künstler. Das hatte Bildhauer Olaf Höhnen 1994 auf Betreiben des früheren Festkomitee-Präsidenten Ferdi Leisten geschaffen.

Bevor er Schlager und Karnevalsmelodien und kölsche Chansons komponierte, hatte Schmitz eine „seriöse Karriere“ absolviert. Er besuchte sieben Jahre lang das Konservatorium und erhielt dort eine klassische Ausbildung als Pianist. Anschließend arbeitete er mal als Klavierspieler in Stummfilm-Kinos, mal leitete er ein eigenes Orchester und trat vor dem Zweiten Weltkrieg in den größeren Hotels auf. Seine erste Komposition im Jahr 1935 („Gib acht auf Dein Herz, Margarethe“) sang zunächst Rudi Schuricke, ehe sie von den Vier Botze parodiert wurde. Nach dem Krieg zählt er zu den bekanntesten Sängern und Komponisten der Stadt.

Karriere mit Höhen und Tiefen

Viele seiner Lieder sind Evergreens und Klassiker im kölschen Liedgut. Und Titel wie „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel“, „Es war im Zillertal“ und „Im Winter, da schneit et, im Winter is et kalt“ wurden, da sie überwiegend auf Hochdeutsch verfasst wurde, im gesamten deutschsprachigen Raum verstanden und gesungen. Aber Schmitz überzeugte auch mit frech-frivolen Liedchen á la „Nakedusen-Song“ oder „Heut Abend geht die Leila“ und besinnlichen Balladen wie „Ming herrlich Kölle“ oder „Wer am längste lääv, der kritt de Schilderjass“.

Rückblick mit Geschichten und Musik

Zum 25. Todestag von Jupp Schmitz hat Brauchtumsexperte Reinhold Louis einen unterhaltsamen Abend zusammen gestellt. Am 14 April (20 Uhr) führt Louis im Gaffel-Brauhaus am Dom mit Filmen, Bildern und Liedern durch das Leben des Sängers und Komponisten und weiß dazu auch so manche Anekdote zu erzählen. Eintritt: 19 Euro.

Als Premiere gibt es das letzte, von Schmitz auf ein Tonband gesungene Lied „Im Wartesaal“. Das hat Musiker Jörg P. Weber für die CD-Reihe „Kölsche Heimat“ bearbeitet und aufgenommen. (NR)

Es war eine Karriere über Jahrzehnte hinweg und eine mit Höhen und Tiefen. Am schlimmsten erwischte es Schmitz bei der Prinzenproklamation im Jahr 1962. Da erschien der Sänger, der ansonsten immer im dunklen Anzug und mit einer Fliege am Flügel saß, in einem alpenländischen Outfit mit Kniebundhose und Gamsbart am Hütchen und trug sein Lied „Der Hirtenknabe von Sankt Kathrein“ vor. Das kam beim feinen Proklamations-Publikum gar nicht an: Schmitz wurde gnadenlos ausgepfiffen. Der fühlte sich völlig unangemessen behandelt und verließ trotzig und sichtlich sauer die Bühne. „Han ich dat noch nüdich?“

Aber da in Köln Freud und Leid, schimpfen und lachen nah beieinander liegen, versöhnte Schmitz sich schnell wieder mit seinen Kölnern, zumal er den „Hirtenknaben“ nun in einer veränderten Form als Parodie bot und sich so selbst auf die Schippe nahm. „Der Hirtenknabe von Sankt Kathrein, der denkt noch heute an Köln am Rhein. Er sang seine Lieder, da pfiffen die Brüder, drum singt er nur noch in Sankt Kathrein.“ Das kam an.

Gut 20 Jahre nach seinem Reinfall trat der inzwischen 82-jährige Schmitz 1983 erneut bei einer Proklamation auf – diesmal als viel umjubelter Überraschungs- und Ehrengast. 1988 trat er mit den Bläck Fööss bei deren Konzertreihe im Millowitsch-Theater auf und wurde jeweils mit stehenden Ovationen gefeiert. Genau wie bei seinem berühmten letzter Auftritt kurz vorm 90. Geburtstag 1991 im Senftöpfchen, bei dem er nochmals zwei Stunden lang durch seine vielschichtige musikalische Karriere spazierte und alle Register seinen Könnens als Unterhaltungskünstler zog.