In Kalk und in Ostheim sind Begehungen mit Bürgerinnen und Bürgern im Fußverkehr geplant, um die Gehwege sicherer zu machen.
Stadt plant kölnweite BegehungenFußverkehrscheck in Kalk startet – beim Auftakt macht sich Unmut breit
Zuweilen müssen die Sensibilisierer selbst noch – weiter – sensibilisiert werden. Als die Mitarbeiter des Planungsbüros Via bei der Auftaktveranstaltung zum „Fußverkehrscheck“ im Kalker Bürgeramt die Gehwege einmal zu oft „Nebenanlagen“ genannt hatten, machte sich Unmut unter den rund 60 Teilnehmern breit. Das sei „Verwaltungssprech“ und werte die Fußgänger ab. Man möge doch künftig bitte schön von „Bürgersteigen“ oder eben „Gehwegen“ reden.
Dabei hatte Andrea Fromberg vom Planungsbüro Via, das die „Fußverkehrschecks“ in den Kommunen im Auftrag des vom Verkehrsministerium geförderten „Zukunftsnetzes Mobilität NRW“ begleitet, schon zur Begrüßung darauf hingewiesen, dass der Fußverkehr lange sehr unsensibel als „Sowieso-Verkehr“ behandelt wurde. Als eine Art Hintergrundrauschen der „eigentlichen“ Verkehrsthemen, bei denen es jahrzehntelang vor allem um das Auto ging. Vor einigen Jahren kam das Rad hinzu – längst nicht immer zum Vorteil der Fußgänger.
Fußgänger und ihre Wege sind mit der Zeit in den Vordergrund gerückt
„Noch vor fünf Jahren haben mir Bürgermeister die Tür vor der Nase zugeschlagen, wenn ich über Fußgänger sprechen wollte“, erzählte Dennis Priester vom Mobilitätsmanagement des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS), der dem Zukunftsnetz angeschlossen ist. Inzwischen seien Politiker und Bürger sensibler für die Problematik, sprächen Sicherheit und Barrierefreiheit von Gehwegen an, auch ästhetische Aspekte oder die Aufenthaltsqualität.
Köln leistet sich immerhin als erste deutsche Millionenstadt mit Nico Rathmann einen eigenen Fußverkehrsbeauftragten und Mobilitäts-Dezernent Ascan Egerer war eigens zur Auftaktveranstaltung des „Checks“, der nach und nach in allen Bezirken durchgeführt werden soll, nach Kalk gekommen. Egerer betonte die Bedeutung des Zufußgehens für die Begegnung mit Nachbarn, aber auch für Läden, Restaurants und Kultureinrichtungen, die davon profitierten, wenn ihre Angebote von Passanten und Flaneuren wahrgenommen würden: „Das ist gerade in Zeiten des Online-Handels und des Lieferservice wichtig.“
Köln steht gar nicht schlecht da, wie Fromberg berichtete: Während bundesweit laut einer Umfrage werktags 22 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt werden, 11 Prozent mit dem Rad, 10 Prozent mit Bus, Bahn oder U-Bahn, sowie 57 Prozent mit dem Auto, sieht es in der Domstadt besser aus. Hier werden 33 Prozent aller Wege zu Fuß bewältigt, 25 mit dem Rad, 17 mit Nahverkehrsmitteln und nur 25 mit dem Pkw. Pendler- und Lieferverkehr von außerhalb ist dabei allerdings nicht berücksichtigt.
Kölner Eltern-Taxis stellen ein Problem dar
Rathmann betonte, dass auch in Köln noch Luft nach oben sei. Man müsse noch mehr Menschen aus den Autos heraus aufs Rad oder auf die Gehwege bringen, wenn Köln bis 2035 klimaneutral sein soll. Ein Problem, das ihn besonders interessiert, sind die Eltern-Taxis: „43 Prozent aller Kinder unter zehn Jahren werden von ihren Eltern mit dem Pkw zur Schule gebracht, wenn die Schule mehr als zwei Kilometer von der Wohnung entfernt ist, sogar 65 Prozent.“
Nehmen Eltern die Gehwege als unsicher wahr, so Rathmann, sorgt das nicht nur für Verkehrsprobleme vor den Schulen. Es beraube vor allem die Kinder um Möglichkeiten zur Entwicklung ihrer motorischen Fähigkeiten und verhindere, dass sie zusammen mit Freunden ihr Lebensumfeld erkundeten, selbstständig würden.
Anmeldungen zu Fußverkehrsbegehungen in Kalk nicht mehr möglich
Die Sicherheit wird ein Thema auf den anstehenden Begehungen in Kalk und Ostheim sein, zu denen Rathmann Bürger und Politiker eingeladen hat, um einige Problemzonen konkret zu benennen. Leider ist die Zahl der Teilnehmer bereits ausgeschöpft, Anmeldungen sind nicht mehr möglich.
Die Erkenntnisse aus den Begehungen sollen im Herbst auf einem Abschlussworkshop präsentiert und erste Lösungsvorschläge formuliert werden. Schon jetzt ist klar, dass Nico Rathmann Köln nicht im Alleingang zu einer wirklich fußgängerfreundlichen Stadt machen kann. „Das ist eine Querschnittsaufgabe“, stellte Dennis Priester klar, „da müssen alle Ämter mitziehen: Stadtentwicklungsamt, Ordnungsamt, Schulverwaltung und so weiter.“