Das Ordnungsamt rückte am Dienstagnachmittag zu einem ungewöhnlichen Einsatz nach Kalk aus.
Explosionsgefahr in Köln-KalkStraßensperrungen wegen brisantem Fund in Apotheke
Bei Aufräumarbeiten in einer Apotheke in Kalk haben Angestellte am Dienstag ein Behältnis mit 100 bis 200 Millilitern Pikrinsäure gefunden. Der Stoff ist giftig und unter bestimmten Bedingungen hochexplosiv. Das Gebinde habe an den Verschraubungen bereits Verkrustungen gehabt, berichtete Dirk Schneemann, Sprecher der Bezirksregierung – das machte den Fund brisant. Ein weiterer Gefahrstoff sei in einem Schrank in der Apotheke gefunden worden. Am Nachmittag sperrte das Ordnungsamt Teile der Rolshover Straße und der Kalker Hauptstraße.
Problematisch ist grundsätzlich nicht die ordnungsgemäße, also flüssig gehaltene Lagerung von Pikrinsäure. Gefährlich wird es erst, wenn die Säure in ihrem Behältnis allmählich austrocknet. Bei raschem Erhitzen, Schlägen oder Reibung droht dann im äußersten Fall eine Detonation. Das Sprengstoffgesetz ordnet Pikrinsäure in die gefährlichste Stoffgruppe A ein. Ihre Sprengkraft liegt leicht über der von TNT, dem Goldstandard der Sprengstoffe.
Pikrinsäure gehört zu den gefährlichsten Sprengstoffen
Die Apothekenmitarbeiter hätten die Säure als erste Maßnahme in einen wassergefüllten Plastikeimer in eine Garage gestellt, berichtete Schneemann. In Absprache mit der Bezirksregierung Köln, die die Maßnahmen koordinierte, habe das Ordnungsamt die angrenzenden Straßen gesperrt. Auch Geschäfte und Wohnhäuser seien für ungefähr 20 Minuten evakuiert worden. Dies sei erforderlich gewesen, während der Stoff durch eine von der Apotheke beauftragte Fachfirma unschädlich gemacht worden sei, sagte Schneemann. „Somit bestand keine akute Gefahr für die Bevölkerung.“
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Der Einsatz sei reibungslos verlaufen. Der inzwischen ungefährliche Stoff werde nun von einem Spezialunternehmen abtransportiert und entsorgt. Ob dem Apotheker Konsequenzen drohen und gegebenenfalls welche, teilte die Bezirksregierung mit Blick auf das laufende Verfahren nicht mit.
In manchen Apotheken wird Pikrinsäure noch zur Qualitätskontrolle bestimmter Arzneien verwendet – obwohl es dafür inzwischen auch andere Möglichkeiten gibt. Dennoch ist die ordnungsgemäße Lagerung und Benutzung etwa in Apotheken oder Krankenhäusern nicht verboten. Nur Privatleute dürfen die Säure nicht aufbewahren. In der Mikroskopie verwendet man Pikrinsäure zum Beispiel zum Anfärben von Präparaten, weshalb sie lange Zeit auch in den Chemiesälen mancher Schulen aufbewahrt wurde.
Zuletzt 2008 war Pikrinsäure deshalb bundesweit groß in die Schlagzeilen geraten. Bei Routine-Inventuren waren Lehrkräfte auf die Chemikalie gestoßen. Daraufhin waren Schulen aufgefordert worden, ihre Bestände aktiv nach Pikrinsäure zu durchsuchen und Funde zu melden. Dies hatte im ganzen Land Einsätze von Feuerwehr und Entschärferteams ausgelöst, auch in Köln.