Höhenberg – An der leuchtend gelben Fassade der Kindertagesstätte Geraer Straße in Höhenberg hängt ein noch gelbers Schild. „Vorsicht! Wachsamer Nachbar“ steht in großen Lettern darauf. In der Kindertagesstätte scheint man sich gegen unangenehmen Besuch wappnen zu wollen. Und hat allen Grund dazu. Immer wieder haben nächtliche Brandanschläge vor und auf dem Grundstück die städtische Tagesstätte in Atem gehalten, tagsüber belästigen unbekannte Männer immer wieder Kinder und Personal. Eine Lösung ist bisher nicht in Sicht.
Mit verärgertem Blick zeigt Rainer Brandes auf den Zaun vor der Einrichtung –und auf die olivgrüne Plane , die eigentlich als Sichtschutz für die im Außenbereich spielenden Kinder gedacht war, jetzt aber in Fetzen vom Zaun herabhängt. Sie ist schon mehrfach ausgetauscht worden, doch fällt immer wieder Vandalismus zum Opfer. „Fast schon ein Symbol für die Problematik hier“, sagt Rainer Brandes, Elternvertreter der Kita. An einer Ecke Zaun riecht es beißend nach Urin, die Mülltonnen im Umkreis sind überfüllt, auf dem herausquellenden Inhalt sitzen Fliegen.
Immer wieder, erzählt Brandes, kämen Männer, die tagsüber an der nebenan gelegenen U-Bahnhaltestelle Fuldaer Straße an den Zaun heran, urinierten dagegen und belästigten durch die offenen Stellen im defekten Sichtschutz hindurch Kinder und Angestellte der Kita. „Wenn man sein Kind jeden Tag diesen Problemen ausgesetzt weiß, ist das schon mindestens eine Belastung“, sagt Brandes, dessen sechsjährige Tochter die Kita besucht.
Der kaputte Zaun ist offensichtlich nur ein Teil eines größeren Problems, welches das ganze Viertel seit Monaten beschäftigt. Immer wieder brannten im vergangenen Jahr auf den Parkplätzen nachts Autos lichterloh, einmal sogar ein Busch auf dem Grundstück der Kita, der ebenfalls als Sichtschutz gedient hatte. 2019 registrierte die Kölner Polizei keine neuen Brände um das Gelände herum, dafür brannte es in einigen angrenzenden Straßen.
Noch keine Strafanzeigen
Strafanzeigen wegen Belästigungen im Umfeld der Tagesstätte sind bei der Polizei allerdings nicht eingegangen.
Rainer Brandes steht jetzt an einer abgebrannten Hecke. Mehr als ein verdorrter Strunk ist von ihr nicht übergeblieben. Seitdem hier der Busch als Sichtschutz fehlt, habe auch von dieser Seite bereits ein augenscheinlich geistig verwirrter Mann versucht, mit den Kindern Kontakt aufzunehmen, erzählt er. Und noch dazu sei vor der Einrichtung immer wieder Müll abgeladen worden.
Bereits im Oktober des vergangenen Jahres hatte er ein Schreiben an das zuständige Jugendamt – die Stadt ist Träger der Tagesstätte – aufgesetzt und auf die Probleme hingewiesen. „Inzwischen fühlen sich Kinder und Eltern auf dem Weg dorthin unwohl“, hatte er damals geschrieben und um schnellstmögliche Reparatur des Sichtschutzes gebeten. „Eine Antwort darauf bekam ich nie“, berichtet Brandes. Ob das Schreiben tatsächlich bei der Stadt eintraf, kann heute nicht mehr nachverfolgt werden.
Im April schreibt Brandes wieder, spricht erneut die Probleme an. Diesmal bekommt er eine Antwort: „Die von ihnen angesprochenen Probleme sind hier bekannt“, heißt es von Seiten des Jugendamt. Doch man sei gerade in Mietverhandlungen mit der Vermieterin der Kita, könne deswegen gerade nicht tätig werden. Denn die Stadt ist zwar Träger , das Gebäude gehört ihr aber nicht. Zu diesem Zeitpunkt ziehen sich die Verhandlungen bereits über Monate hin. Auch deshalb bittet Brandes das Jugendamt im Mai schriftlich um ein persönliches Gespräch – und erhält erneut keine Antwort mehr. „Mir ist klar, dass Mietverhandlungen schnelle Problemlösungen erschweren“, sagt Brandes. „Aber dass seit nunmehr fast einem Jahr gar nichts passiert, lässt mich einfach nur noch resignieren. Und am meisten enttäuscht mich, dass ich keine Antwort erhalten habe.“
Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt der stellvertretende Leiter des Jugendamts, Klaus-Peter Völlmecke, dass man vergessen habe, auf die Gesprächsbitte von Brandes im Mai zu antworten – das erste vermeintlich nicht beantwortete Schreiben vom Oktober sei nicht aufzufinden.
„Das tut uns leid“, sagt Völlmecke dazu. Doch direkten Gesprächsbedarf mit den Elternvertretern sieht er nicht. Er verweist auf einen Runden Tisch, der mittlerweile mit Polizei, Ordnungsamt und Streetworkern zu der Situation rund um den U-Bahnhof Fuldaer Straße eingerichtet worden sei. Nach vorliegenden Informationen hat die Polizei von diesem runden Tisch allerdings keine Kenntnis.
Trotzdem sind die Vorfälle für das Amt ein Ärgernis, sagt Völlmecke. „Der Zaun ist durch uns immer wieder repariert worden und wird dann mutwillig durch Personen zerstört, die sich rund um die Haltestelle Fuldaer Straße treffen.“
Auch der Vermieterin, die ebenso wie die Leiterin der Kita nicht zu sprechen war, sei das Problem bekannt. Das Amt, sagt Völlmecke, habe bereits erreichen können, dass die Vermieterin bereit ist, nach Abschluss der Verhandlungen selber für eine Dauerlösung zu sorgen. Vielleicht mit einem neuen, blickdichten Zaun, vielleicht sogar mit sogenannten „Pinkelblechen“ , die das Urinieren am Zaun verhindern sollen.
U-Bahn-Haltestelle grenzt an Kita-Garten
Bisher war die Stadt immer wieder für die Sichtschutzplane als Zwischenlösung aufgekommen. Doch bis etwas passieren wird, werden wohl noch Monate vergehen. Für den Abschluss des neuen Mietvertrages fehlt noch der politische Beschluss. Er soll voraussichtlich im September getroffen werden, sagt Völlmecke. Vorher ist wohl mit keiner Besserung der Lage zu rechnen. „Aber es wird noch in diesem Jahr eine Lösung geben“, verspricht er.
Rainer Brandes geht das nicht schnell genug. „Wir wollen, dass jetzt endlich sofort etwas passiert“, sagt er. Seit kurzem sind die Kita-Ferien zu Ende. Die Sorgen bleiben. Er zeigt durch den Zaun hindurch hin zu der angrenzenden U-Bahnhaltestelle, die genau an den Garten der Kita grenzt. Durch eine große Fensterscheibe im Haltestellengebäude hätten ebenfalls Männer versucht, Kontakt zu den Kindern aufzunehmen. „Auch hier wünschen wir uns schon lange, dass es geändert wird“, sagt Brandes. Eigentlich ist für die Haltestellengebäude formal die Stadt zuständig. Doch nach einer Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat nun die KVB spontan zugesichert, immerhin dieses Problem zu lösen. Nun wollen die Verkehrsbetriebe eine Milchglasfolie anbringen – damit zumindest von hier aus die Kinder vor fremden Blicken sicher sind. Einige Meter weiter wehen weiterhin die Fetzen des Sichtschutzes am Zaun im Wind.