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Start in die KarnevalssessionDas ist unser Fazit nach der ersten Sitzungswoche

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Mädchensitzung in den Sartory-Sälen

  1. Zum Beginn der Session ist es immer die heiß diskutierte Frage: Welcher Redner bringt es – welcher nicht?
  2. Wir ziehen nach der ersten Sitzungswoche ein Fazit.

Köln – „Und? Wie ist der Stelter/ der Cantz/ die Stunksitzung dieses Jahr?“ Das ist die uns meistgestellte Frage am Anfang einer Session. Das Thema Redner und die Qualität ihrer Vorträge kommt so sicher wie das Alaaf im Saal.

Für die Stunker kann man dann auch in Jahren, in denen es keine überragende Nummer gibt, immer sagen: „Erwartbar gutes Niveau – Stunksitzung eben.“ Auch wenn diesmal die Kölner Politik und das Lästern über den organisierten Karneval im Programm vielleicht etwas zu kurz kommen, steht die dreistündige Ensemble-Sitzung für viel Abwechslung und nicht zuletzt dank der Musik für gute Unterhaltung.

Sitzungen für die jecken Touristen

Bei den Rednern in den Sitzungssälen ist das nicht ganz so einfach, denn die wechseln weder Rollen noch Kostüme, sind oft eher unpolitisch – und vor allem: Man sieht seit Jahren immer dieselben.

Das mag auch daran liegen, dass viele Sitzungen auf jecke Touristen abzielen. Da darf nicht zu kölsch geredet werden, weil Westerwälder oder Westfalen sonst nichts verstehen, auch der Promifaktor zählt.

Die Top Vier Kölner Redner

Die meisten Literaten der großen Gesellschaften, die im Literatenstammtisch zusammengeschlossen sind und gerne auch als „Literatenmafia“ bezeichnet werden, setzen daher fast ausschließlich auf die Top Vier: Die bekannten Fernsehgesichter Guido Cantz und Bernd Stelter – beide seit rund 30 Jahren gut im kölschen Fastelovendsgeschäft – sowie Martin Schopps und Marc Metzger, der nach der selbstverordneten Auszeit im Vorjahr nun in die Säle zurückgekehrt ist.

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Bernd Stelter

Das Quartett hat auch mit Abstand die meisten Auftritte. Während Metzger etwas runterfahren und nicht mehr achtmal pro Tag auf der Bühne stehen will, schafft Schopps an guten Tagen bis zu zehn Auftritte.

Das Fazit der ersten Sitzungswoche

Natürlich kann man mit diesen vier Künstlern als Programmgestalter nichts falschmachen, aber so macht man es der nachrückenden Riege der Spaßmacher auch schwer, sich beim Publikum bekanntzumachen – bei allen berechtigten Klagen über mangelnden Nachwuchs. Und daher lautet das Fazit der ersten Sitzungswoche: solide, vorhersehbar, wenig Neues.

Wie zu erwarten, setzen diese Redner auf aktuelle Gags, beziehen Position zum Weltgeschehen, aber das bleibt meist an der Oberfläche. „Wie schön ist das, wieder herzukommen und über nix zu reden“, witzelt Stelter nicht ohne Selbstironie in seinem Vortrag.

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Guido Cantz

Kollege Cantz sieht das ähnlich: „Wir müssen ein bisschen Quatsch machen. Das ist wichtig.“ Daher lästert er wie gewohnt über einzelne Personen im Saal („Schöne Gesichtsfarbe. Du bist sicher die Ehrenpräsidentin der KG Sonnenbank“) genauso wie über hinlänglich bekannte Prominenz. Von Klima-Greta und Donald Trump bis Michael Wendler und Florian Silbereisen. „Der ist ja der neue Kapitän auf dem Traumschiff. Da sagen viele Kritiker: »Wo ist denn der Eisberg, wenn man ihn mal braucht«.“

Politik ist dann schnell abgehandelt. Auch bei Stelter: „Da haben alle gedacht, George W. Bush wäre der schlechteste US-Präsident.“ Da jeder Zuhörer sogleich Donald Trump im Kopf hat, braucht Stelter nur noch hinzuzufügen: „Selbst besoffen bin ich nicht so doof wie der.“ Und passend gibt es noch eine Gesangseinlage zur Gitarre, in die auch noch Briten-Premier Boris Johnson einbezogen wird. Aus dem alten Purple Schulz-Hit „Verliebte Jungs“ macht Stelter: „Blondierte Jungs tanzen auf den Nasen der Leute, die sich das gefallen lassen.“

Stelter punktet mit dem Brexit und seinen Folgen

Das gleiche Thema hatte Wagenbauer Jacques Tilly in Düsseldorf schon mal bissiger hingekriegt: „Blond ist das neue Braun“. So richtig punkten kann Stelter dann, wenn er den Brexit und seine Folgen mit älteren Schlagern von Howard Carpendale („Der Howie hat das alles vorausgesehen“) erklärt. Das ist großartig, aber eben klassisch Stelter.

Ähnlich ist es beim Auftritt von „Blötschkopp“ Metzger. Neu ist ein wirklich witziger Erlebnisbericht über seine Sitzungsbesuche als Ehrengast an Tisch eins im vergangenen Jahr. Er habe nun „Respekt vor dem Publikum. Wie konnte ich diese Leute nur so verarschen?“. Improvisieren kann er, blödelt mit einigen Besuchern, macht sich über den Elferrat lustig und kündigt immer wieder an, er werde „gleich mit meiner Rede beginnen“. Aber in die hat er einige Witze eingebaut, die er schon vor Jahren erzählt hat und auch seine Abschlussgeschichte, aus Liedzitaten der Bläck Fööss gebaut, hat er genau so vor zehn Jahren gebracht.

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Marc Metzger

Das erinnert an die Schlusspointen von Cantz und Schopps, die sich beide je eine Geschichte ausgedacht haben, in der passend zum Sessionsmotto alle 86 kölschen Veedel erwähnt sind. Sind beide in einem Sitzungsprogramm gebucht, verzichtet einer auf diese Stelle. Ansonsten setzt Schopps weiterhin auf Pointen aus seinem Alltag und aus dem Lehrer-Beruf. „Einer meiner Schüler kriegt im Unterricht nichts mit und guckt ständig auf den Bildschirm seines Smartphones. »Was willst du mit dieser Qualifikation später mal werden?« »Video-Schiedsrichter«“.

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Dazu gibt es einen Seitenhieb auf die SPD, die schon als Eierlikör-Partei belächelt werde. „Das ist ungerecht dem Eierlikör gegenüber. Erstens hat der mehr Prozent als die SPD, und zweitens hat der Eier.“ Den gleichen Witz hat seit dem Vorjahr auch Jens Singer („Schofför der Kanzlerin“) im Programm, aber das merkt keiner. Singer findet in den großen Sälen nicht statt, tingelt am Stadtrand und in der Region.

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Martin Schopps

Überhaupt finden sich politische Witze in den Reden nur vereinzelt. „Jeden Tag nur Anekdoten von Bekloppten und Idioten“, kommentiert Jörg Runge als „Tuppes vom Land“ die täglichen Nachrichtensendungen. Das war's.

Und wenn dann Volker Weininger, der in seiner Kunstfigur als „Sitzungspräsident“ jedes Jahr einen komplett neuen Vortrag abliefert und als der Aufsteiger unter den Rednern gilt, bei der eigens geschriebenen Proklamationsrede einen richtig Guten raushaut, wird der vom WDR in der Sendung herausgeschnitten. Weininger suchte in seinem Vortrag noch ein Dreigestirn für seine Provinz-KG und konnte sich auch B-Ware vorstellen. Der folgende Satz wurde dann nicht gesendet: „Es können sich auch Ex-Prinzen aus Köln bewerben. Beim zweiten Mal machen sie es ja vielleicht besser. Frau Reker will ja auch noch einmal kandidieren.“ Obwohl der Gürzenich tobte, sollten die Fernsehzuschauer das nicht hören. Warum, wissen übrigens weder der Redner selbst noch der Festkomitee-Präsident.

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Volker Weininger

Kein Wunder also, dass die unterschiedlichen Kneipenformate großen Zulauf haben. Wirtschafts- und Brauhaussitzungen sind kleiner, kölscher, das Publikum hört genauer zu. Da geht es auch gerne mal deftiger zu. Ob „Nubbel“ Michael Hehn, Jörg P Weber mit der Flitsch, Frau Kühne, das Rentner-Duo Willy & Ernst oder auch der reaktivierte „Schutzmann“ Jupp Menth, hier treffen die Redner auf offene Ohren. Und auch Ensemble-Sitzungen wie die Immi-Sitzung oder Fatal Banal, die politisch kein Blatt vor den Mund nehmen, werden sehr gut besucht. Fatal Banal ist gerade vom Bürgerzentrum Ehrenfeld in die deutlich größere Essigfabrik nach Deutz umgezogen. Der Mut zum Neuen zahlt sich offenbar aus.