Köln – Erleben die Besucher der Puppensitzung im Hänneschen schon mal einen Blick in die Zukunft des kölschen Fastelovend? Mit einer Frau in der Rolle des Prinzen? Gut, auch das funktioniert in Knollendorf erst in der nächsten Generation. Dreimal wird Schäls Tochter Röschen mit ihrem Wunsch, Prinz zu werden, von ihrem Onkel Schäng, dem Präsidenten der Puppensitzung, zurückgewiesen. „Du bist ein Mädchen, das geht nicht.“
Ihr Freund Köbeschen könne Prinz werden. Will der aber nicht, der will lieber Jungfrau sein. „Das geht“, hieß es. Doch im vierten Anlauf kann Röschen („Das wird keine Vision bleiben“) zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Kurzfristig wird ihr Traum für die anderen Knollendorfer und das Publikum sichtbar – im edlen Prinzen-Ornat thront Röschen hoch auf einem Festwagen.
Spekulationen: Gibt es in Zukunft einen weiblichen Prinz im Kölner Karneval?
„Die Idee ist sehr schön umgesetzt, aber ist halt auch auf der Puppenbühne noch ein Traum“, sagte ein gut gelaunter Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, der mit Ehefrau Katia bei der Premiere mit auf den roten Holzbänken saß.Dabei hatte er Spekulationen in eine ähnliche Richtung Stunden zuvor selbst noch angefeuert.
Beim Empfang des Juniorenförderkreis im Excelsior Hotel Ernst hatte dessen Vorsitzender Karsten Laschet, dem Bruder von NRW-Minister-Präsident Armin Laschet, mit Festkomitee-Vize-Präsidentin Christine Flock in der Mitte und Klaus Müller, dem Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH des Komitees, auf der Bühne gestanden. „Ist das nicht ein schönes Dreigestirn“, kommentierte Kuckelkorn, worauf Flock gleich einwarf, dass sie dann ja falsch stehe, als Jungfrau (was sie im Kinderdreigestirn 1988 auch schon war). Doch da schüttelte Kuckelkorn in Erinnerung an die Jahre 1938 und 1939 den Kopf: „Eine weibliche Jungfrau hatten wir schon mal.“ Das solle weiterhin ein Mann bleiben. Aber als Besetzung von Bauer oder gar Prinz könne er sich durchaus eine Frau vorstellen.
Die beste Kölner Puppensitzung der letzten Jahre
Über das wann wollte er sich nicht äußern. Wahrscheinlich erst in der nächsten Generation – wie im Hänneschen.Zurück zur Puppensitzung zum Motto „Veedelovend“, denn das war wohl die Beste der letzten Jahre. Da gab es keine zwei Meinungen beim Premierenpublikum – darunter reichlich kölsche Prominenz wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker und ihre Vorgänger Jürgen Roters und Fritz Schramma, die Bürgermeister Ralf Heinen und Hans-Werner Bartsch, Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach, Lotti Krekel und Ernst Hilbich, Rote Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold, Ludwig Sebus und WDR-Intendant Tom Buhrow. Letzterer musste so einiges an Kritik einstecken, zum Oma-Lied und zur Streichung der Hänneschen-Sitzung aus dem TV-Programm.
Vor der wunderschönen Kulisse rund um das Eigelstein-Tor war es unterhaltsam und kurzweilig, amüsant und kölsch, mit viel Musik und Gesang und ohne einen Durchhänger. Da spürte man deutlich, dass mit Udo Müller, der seit 28 Jahren zum Ensemble zählt, ein erfahrener Puppenspieler und Regisseur am Werk war.
„Bei der Generalprobe habe ich zum ersten Mal eine Puppensitzung gesehen, sonst habe ich ja immer mitgespielt. Und wir hatten alle Spaß und Freud.“ Müllers eigentliche Rolle als Sitzungspräsident Schäng, der in einem römischen Streitwagen gezogen von Geißbock Hennes vorgefahren kam, übernahm Puppenspiel-Kollege Georg Lenzen und machte das richtig gut.
Die Flut der E-Scooter in Köln
Neben vielen kleinen Randgeschichten wird recht witzig die Flut der E-Scooter in Köln thematisiert. Besteva und Maritzebill fahren damit einkaufen und stellen hinterher fest, dass sie für die Kosten auch locker ein Taxi hätten nehmen können. Später flitzt Zänkmanns Kätt in der Senioren-Variante über die Straße – mit dem E-Rollator.
Der Brexit wird mit drei Briten erklärt, die bei Mählwurms-Pitter auch nach mehrfacher Beratung auf Guinness bestehen – obwohl es dort nur Kölsch gibt. Zänkmanns Kätt und Köbeschen machen als eine Art Running Gag Werbung für ihren neugegründete Ajuja-Partei: „Alt un JUng JAmeinsam“, das Gesangsquartett Papageien besingt politische Themen von der Thomas-Cook-Pleite bis zu rechtem Gedankengut, und für die Tanzeinlage sorgen die Stäänefleejer. „Ich hatte einen Bericht über diese noch junge Tanzgruppe im Fernsehen gesehen. Das hatte mir gefallen und ist mal etwas anderes“, sagte Puppenspielerin Elfriede Bauer. „Deswegen habe ich angefangen, die Kostüme zu nähen, Die Köpfe sind aus dem Fundus. Live habe ich die Gruppe noch nie gesehen.“
Zu den musikalischen Höhepunkten des Programms zählt der Gesang von Skelett Skully (Silke Essert), das zu Klängen eines Hits von Shawn Mendes einen Totenkult aus Madagaskar erklärt, dann das Loblied von Speimanes (Stefan Merten) zu einer Melodie von Rapper Mo-Torres auf die Hänneschen-Fans, die in Camping-Atmosphäre auf den Vorverkauf der Karten warten und vor allem das Duett Schmal & Stoppe (Wolfgang Seyffert und Merten). Die bieten zunächst eine englische Version vom Veedels-Lied („In our quarter“) und setzten dann mit den Bläck Fööss deren Krätzchen von der „Puckelige Verwandtschaft“ mit wunderschönen Bildern um. Dabei werden die Fööss nur als Duo gezeigt – mit den Puppen der verbliebenen Gründungsmitglieder Erry Stoklosa und Bömmel Lückerath (gespielt von Jupp Schönberg und Alexis Berg). Auch das ist konsequent.