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Carolin Kebekus„Ich bin sehr dafür, auch Frauen ins Dreigestirn zu integrieren“

Lesezeit 8 Minuten
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„Es muss ja nicht unbedingt eine Jungfrau sein – die kann ruhig männlich bleiben“, sagt Komikerin Carolin Kebekus.

  1. Kurz vor Beginn des Straßenkarnevals in Köln nimmt die Diskussion um Frauen im Kölner Karneval noch einmal Fahrt auf.
  2. Aber Frauen im Dreigestirn kennt man aus der Vergangenheit nur vereinzelt aus Stadtteilen und Vororten. In Köln hat es das nie gegeben – lediglich während der Nazi-Zeit.
  3. Muss die Tradition eines männlichen Trifoliums bestehen bleiben? Wir haben mit im Karneval aktiven Frauen gesprochen.

Köln – Kurz vor dem Beginn des Straßenkarnevals nimmt auch die Diskussion um die mögliche Zusammensetzung eines künftigen Dreigestirns noch einmal Fahrt auf. So hatte die nicht repräsentative Jeck-Check-Umfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergeben, das rund zwei Drittel der etwa 8000 Teilnehmer wollen, dass das Dreigestirn als Tradition im Karneval unbedingt erhalten bleibt.

Allerdings meinten 49 Prozent – in der Altersgruppe der 21-bis 35-Jährigen sogar 57 Prozent – auch, das der Prinz durchaus mal von einer Frau dargestellt werden solle. Auf einem Festwagen im aktuellen Rosenmontagszug tauchen drei Frauen in den Ornaten von Prinz, Bauer und Jungfrau auf.

Frauen im Dreigestirn gibt es schon in den Stadtteilen

Zum Motto „Do stonn die Männer an d'r Thek“ haben sie die Gesichter der CDU-Größen Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen. Dazu heißt es in der Beschreibung: „Die Frau ist der neue Mann. Die letzten Männerbastionen fallen. In Politik, Wirtschaft und auch im Karneval“.

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Nur bei den Nazis war die Jungfrau weiblich

Offiziell zweimal, in den Jahren 1938 und 1939 – inoffiziell nochmals 1940 – war die Rolle der Jungfrau im Kölner Dreigestirn mit einer Frau besetzt. Thomas Liessem, der damalige Präsident des Festausschuss, hatte dem Drängen der NSDAP nachgegeben, die bei ihrem Kampf gegen Homosexualität keine Männer in Frauenkleidern duldeten. Erste weibliche Jungfrau war 1938 Paula Zapf (später: Kriske), als „ein Mädchen aus dem Volk“ ausgewählt von der Deutschen Arbeitsfront und Liessem, der mit ihren Eltern befreundet war. Ein Jahr später wurde Else Horion zur Jungfrau proklamiert und im Kriegsjahr 1940 war es Elfriede Figge, deren inoffizielle Proklamation auf einer Kegelbahn stattfand. Die Frauen wurden jedoch im Gegensatz zu den männlichen Tollitäten jener Zeit nie in die Traditionsgemeinschaft ehemaliger Prinzen, Bauern und Jungfrauen aufgenommen. (NR)

Tatsächlich? Über die Persiflage ist man beim Festkomitee bislang eher nicht hinausgekommen. Gut, es gibt inzwischen mehrere reine Damen-Karnevalsgesellschaften, bei denen logischerweise alle Führungspositionen von Frauen besetzt sind. Auch bei einigen traditionellen KGs haben es schon Frauen in den Vorstand oder gar auf den Präsidentenstuhl geschafft. Und beim Festkomitee?

Lesen Sie hier mehr: Unsere jecken Royals – Warum das Dreigestirn den Kölnern so heilig ist

Da sitzen schon seit Jahren ein paar Frauen mit am Vorstandstisch, und Christine Flock ist seit dem Vorjahr sogar Vize-Präsidenten. Aber Frauen im Dreigestirn kennt man aus der Vergangenheit nur vereinzelt aus Stadtteilen und Vororten. In Köln hat es das nie gegeben – bis auf die durch die Nazis bedingten Ausnahmen einer weiblichen Jungfrau in den Jahren 1938 und 1939 sowie inoffiziell 1940.

„Tradition, die lebendig bleiben soll, braucht Veränderung“

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„Wenn Frauen Spaß an diesem »Amt« haben, sollen sie es auch machen können“, sagt Biggi Wanninger von der Stunksitzung.

Und heute? Mit dem Thema weibliches Dreigestirn tut man sich im offiziellen Karneval spürbar schwer. Dabei haben die Frauen durchaus prominente Fürsprecher. „Eine Tradition, die lebendig bleiben soll, braucht auch Veränderungen. Und wenn Frauen Spaß an diesem »Amt« haben, sollen sie es auch machen können“, sagt Biggi Wanninger, die Präsidentin der Stunksitzung. Ähnlich sieht dies Kölns bekannteste Comedy-Frau Carolin Kebekus, seit Jahren auch als Präsidentin bei „Deine Sitzung“ im Einsatz.

Da singt sie mit dem Frauen-Trio Beer Bitches, dass man als Frau „niemols ne Champion am Rhing“ wird. „Et nütz nit, zu kriesche, se weed nor Marieche – he am Rhing.“ Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt Kebekus dann: „Ich bin sehr dafür, auch Frauen ins Dreigestirn zu integrieren! Kann doch nicht sein, dass der Karneval so eine verbohrte Instanz wie die katholische Kirche bleibt. Es muss ja auch nicht unbedingt eine Jungfrau sein – die kann ruhig männlich bleiben. Aber so eine Prinzin fänd ich toll!“

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„Es muss ja nicht unbedingt eine Jungfrau sein – die kann ruhig männlich bleiben“, sagt Komikerin Carolin Kebekus.

Da liegt sie gar nicht so weit weg von den Gedankenspielen des Festkomitee-Präsidenten. Christoph Kuckelkorn hat im Interview mit dieser Zeitung gesagt: „Egal, welche Denkmodelle man anstrengt: die Jungfrau muss immer ein Mann sein. Das ist für uns ein wichtiges Statement gegen die Veränderung der Rolle in der NS-Diktatur, als es Frauen sein mussten. Bei den meisten Mariechen ist das nach dem Krieg geblieben, aber bei der Jungfrau wurde es zurückgedreht, und das ist uns sehr wichtig. Ich weiß auch nicht, ob ein gemischtes Dreigestirn funktionieren würde. Wir sind veränderungswillig, aber derzeit können wir uns das noch nicht vorstellen. Es hat bisher auch noch keine Bewerbung gegeben.“

2016 wurden Damen vom Festkomitee abgelehnt

Das stimmt so nicht ganz. Die Damen-KG Colombina Colonia hatte es einmal versucht – im Jahr 2016. Da hatte man sich rund um das Motto „Mer stelle alles op d'r Kopp“ recht gute Chancen ausgerechnet. „Wir hatten in unseren eigenen Reihen drei Damen gefunden, die direkt bereit waren, in diese Rollen zu schlüpfen“, erinnert sich KG-Sprecherin Susanne Diessner. „Und was für uns ganz wichtig war: Auch deren Ehemänner hätten zu 100 Prozent dahinter gestanden.“ Doch sie waren vom Festkomitee abgelehnt worden.

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Der damalige Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach hatte wiederholt gesagt: „Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen ein weibliches Dreigestirn. Aber erst nach meiner Amtszeit.“ Später hatte er verraten, dass man wegen des Mottos durchaus bereit gewesen wäre, ein Frauen-Trifolium zu nehmen. Aber die oberste Maxime bei der Auswahl des Trifoliums sei immer, stets die besten zu nehmen. Prinz, Bauer und Jungfrau wurden in der Session dann drei Mitglieder der Prinzen-Garde, an die man sich heute kaum noch erinnert. Ein weibliches Dreigestirn wäre in Köln – und sicher auch weit darüber hinaus – länger im Gedächtnis geblieben.

„Zeit für ein weibliches Dreigestirn wird kommen“

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„Veränderungen brauchen ihre Zeit, und gut Ding will Weile haben“, sagt Uschi Brauckmann von den Kolombinen.

Einen Grund für die Ablehnung war den Colombinen nie mitgeteilt worden. Über Gründe wird auch bei Bewerbungen von Männern nicht geredet. „Vielleicht war das Festkomitee in der damals Männer dominierten Zeit einfach noch nicht so weit“, mutmaßen Diessner und Colombinen-Chefin Uschi Brauckmann: „Wie dem auch sei, wenn die Situation es her gibt, würden wir es immer wieder versuchen. Allerdings noch nicht in diesem oder im nächsten Jahr. Veränderungen brauchen ihre Zeit und gut Ding will Weile haben.“

Der Wunsch ist da, aber es fehlt an Kandidatinnen und an konkreten Konzepten. „Die Zeit für ein weibliches Dreigestirn wird kommen und wir sind sicher, dass Frauen dies ebenso mit Stolz, Liebe und Leidenschaft ausfüllen“, sagt Gabriele Gérard-Post von den Kölsche Madämcher. „Vor 30 Jahren waren rein weibliche Karnevalsgesellschaften undenkbar, mittlerweile haben wir vier große und mehrere kleine Damen-Gesellschaften, die den kölschen Fastelovend bereichern.“

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Es wird wieder über die Zusammensetzung des Dreigestirns diskutiert.

Eine mögliche Bewerbung ist auch bei der 1. Damengarde Coeln, bei der KG Goldmarie oder auch bei den Schmuckstückchen „aktuell kein Thema“, so deren Präsidentin Rüya Gazez-Krengel. Man freut sich, überhaupt im offiziellen Karneval mitmischen zu können. Goldmarie-Präsidentin Tanja Spiegel: „Wir haben uns ja erst einmal für eine Mitgliedschaft im Festkomitee beworben und hoffen, einmal im Rosenmontagszug mitgehen zu dürfen. Alles andere ist Makulatur.“

Umfeld des Dreigestirns ist auf Männer ausgerichtet

Einig sind sich die Damengesellschaften, dass es gelungen ist, „dass wir Frauen uns in den letzten Jahren im Kölner Karneval manifestiert haben“. Es solle jedoch kein Dreigestirn wegen der „Genderquote“ inthronisiert werden. „Denn es ist nicht egal welches Gesicht in den Ornaten steckt“, sagt Spiegel. „Die müssen mit Herz und Leben gefüllt werden.“ Es komme darauf an, dass die Tollitäten die Herzen der Jecken berühren und begeistern. „Das kann aber irgendwann durchaus ein Team mit ein, zwei oder drei Frauen sein.“ Doch bis das soweit ist, „erfreuen wir uns“, so Colombine Diessner, „an der traditionellen Zusammensetzung, die in diesem Jahr ein sympathisches Bild abgeben und die Karnevalsjecken begeistern.“

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„Ich bin dafür, die Tradition zu bewahren – mit drei Männern“, sagt Tanja Wolters von der KG Frohsinn.

Wenn es nach Tanja Wolters geht, der Präsidentin der 100 Jahre alten Familiengesellschaft KG Frohsinn, soll das auch so bleiben. „Für mich wäre eine Rolle im Dreigestirn auch nichts. Ich bin dafür, die Tradition zu bewahren – mit drei Männern.“ Es reiche nicht, einfach ein Frau da rein zu stecken, dann müsse man auch das ganze Umfeld mit verändern.

„So ein Prinz kann sich weder alleine anziehen noch schminken. Ließe sich eine Frau in der Prinzenrolle von einem männlichen Adjutanten in die Kleider oder aufs Klo helfen? Und wie soll das im Hotel, in der Hofburg funktionieren?“ Da die gesamte Infrastruktur und das Umfeld des Dreigestirns mit der Equipe aus Ehren- und Prinzengardisten auf Männer ausgerichtet sei, solle, so Wolters, doch einfach alles bleiben, wie es ist.

Ur-Kölner hat eigenen Blick auf Dreigestirn

„Frauen könnten das bestimmt genauso wie Männer“, ist sich Festkomitee-Präsident Kuckelkorn sicher. „Aber das Konstrukt dahinter ist einfach noch nicht aufgebaut.“ Zudem glaubt er, dass der Ur-Kölner, der vielleicht schon seit Generationen im Karneval aktiv sei, seine ganz eigene Sicht auf das Dreigestirn habe. Kuckelkorn: „Das ist unsere Zielgruppe, denn das sind die Ehrenamtler, die den Karneval möglich machen. Der Blick dieses Kölners auf das Trifolium ist vergleichbar dem Blick eines Kindes auf den Weihnachtsmann. Das ist keine Frau, das stellt auch keiner in Frage.“

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Deswegen würde auch keiner, der in Köln groß geworden sei, die Frage stellen, warum im Dreigestirn keine Frau ist. „Die, die das tun, kommen meistens von außen und haben einen emanzipatorischen Grundgedanken, so nach dem Motto: Da muss auch ne Frau hin“, sagt Kuckelkorn. „Wir haben ein reguliertes Verfahren zur Auswahl des Dreigestirns, und immer werden es die Besten. Unabhängig von Alter oder Jubiläen oder so. Da müssten sich die Damen bewähren.“

Aber genau da sind die kölschen Jeckinnen halt noch nicht so weit. Bleib ihnen anstelle der Champion-Position, wie Komikerin Kebekus befürchtet, also doch nur die Rolle des Mariechens? Nicht ganz. Wichtiger als eine Frau im Ornat sie doch, so Kuckelkorn, „dass Positionen von Frauen besetzt werden, die auch was zu sagen haben, dass wir viel mehr Präsidentinnen haben, dass wir eine Frau im Festkomitee-Präsidium haben, dass Frauen mitentscheiden und mitgestalten können. Ich hätte gerne noch mehr Frauen im Team, aber es ist ganz schwer, die zu finden. Weil es eben sehr zeitintensiv ist, und es gibt nicht so viele Frauen, die auch gerne repräsentative Aufgaben übernehmen wollen. Arbeiten ja, aber dann lieber im Hintergrund.“