Die feierliche Proklamation des Dreigestirns fand nach der Pandemie erstmals wieder mit Gästen statt. Wir waren live vor Ort mit dabei. Lesen Sie hier alles zur „Pripro“.
Prinzenproklamation 2023Das Dreigestirn ist feierlich proklamiert – Kasalla sorgt für emotionalen Schluss
Nach zwei Jahren ohne vollen Saal war es wieder so weit: Das Dreigestirn des Kölner Karnevals ist im Gürzenich feierlich proklamiert worden. Durch den Abend führt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. Lesen Sie hier alles Wichtige zum Verlauf des Abends.
Appell ans Dreigestirn: Das sagt Reker zur Proklamation
Vor dem eigentlichen Proklamationsakt erinnert Henriette Reker in ihrer Rede daran, dass der Karneval in seiner 200-jährigen Geschichte auch in Krisenzeiten wichtig sei, um die Sorgen des Alltags zu vergessen. Auch in diesem Winter, in dem der Ukraine-Krieg herrsche und auch in Köln viele Wohnungen kälter blieben als sonst, „wärmp uns der Fastelovend“, so Reker. Denn: „Der Fastelovend jehööt zick 200 Johr bei Kölle. Op ihn ka’ mer sich verloße – zo all Zigge.“
Reker verliert aber auch kritische Worte über die letzten Entwicklungen des Karnevals in der Stadt. Man wolle die Tradition mit Bedacht pflegen: „Domet meinen ich nit dat kodde Benemme vum Elften im Elften.“ Prinz Boris I. bittet sie darum, ein Vorbild für alle Jecken zu sein, und: „Versprichs Do, met Aki un Jeföhl de kölsche Aat zo fiere [...] un besondersch die jung Kölsche doför zo bejeistere?“
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Dann ist es endlich so weit und die Tollitäten bekommen ihre Insignien überreicht: Prinz Boris I. die Pritsche, Bauer Marco den Schlüssel und die Jungfrau Aggrippina den Spiegel. Nun regiert das Dreigestirn über die Jecken der Stadt.
Bernd Stelter ruft zum „intensiven Küssen“ auf
Vor der Proklamation begann das Programm mit einer Rede zum Jubiläum von Bernd Stelter. Programmgestalter Joachim Wüst hatte ihn gefragt, ob er sich nicht mit dem Thema „Warum wir wieder Karneval feiern müssen“ auseinandersetzen wolle. „Genau mein Thema“, freute sich Stelter und sagte zu. Am Ende einer launigen, sehr unterhaltsamen Rede kommt Bernd Stelter zu dem Schluss:
„Wenn wir in diesem Jahr wieder richtig Karneval feiern, erhöht sich unser Hirnvolumen, die Lebenserwartung steigt dramatisch und wir bleiben gesünder, weil wir durch intensives Küssen unser Immun-Arsenal erweitern. Aber denken Sie daran, liebe Freunde: Auch wenn es möglicherweise im Foyer des Gürzenich zunächst einmal optisch ungewohnt erscheinen mag: Wie Professor Streeck schrieb: Intensives Küssen. Also Bützen allein reicht nicht!“
Dann stimmt er sein neues Lied an: „Du hast nicht vier, drei, zwei,/ du hast nur ein verdammtes Leben.“ Auf der Violine begleitet wird er dabei von Aleksey Semenenko, einem vielfach ausgezeichneter deutsch-ukrainischer Geiger, der als Professor an der Essener Folkwangschule lehrt. Ein furioser Auftakt, den Brings und Mike Hehn als Heinrich von Wittgenstein abrunden.
Herrengedeck begeistert
Für die Proklamation, die ja auch im Fernsehen übertragen wird (Sonntag, 8. Januar, ab 20.15 Uhr im WDR) ist es schwierig, Rednerinnen und Redner zu bekommen – die komplette neue Rede direkt zum Sessionsauftakt übers Fernsehen „zu verschenken“, daran hat niemand Interesse. Deshalb sind nur Auftragsreden im Programm. Nach ihrem furiosen Auftritt bei der vergangenen Pripro darf das Herrengedeck mit seinem Medley aus neuen Texten zu alten Songs erneut ran. Die Herren Volker Weininger, Martin Schopps und Jörg P. Weber brillieren bei ihrem einzigen gemeinsamen Auftritt in der Session zwischen Tyrannenstrand, Kirche und Fotovoltaikanlage – Zugaberufe sind der Lohn.
Der Schofför des Kanzleramts, Jens Singer, lässt es sich als hauptberuflicher Regierungsdirektor nicht nehmen, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu begrüßen, hinter der er bei Bundestagssitzungen seinen Platz hat. „Sie kütt vom Niederrhein aus der Stadt mit D“, witzelt er über die Frau, die die Schirmherrschaft der Jubiläumssession übernommen hat. „Ganz ruhig – Duisburg, nicht die andere.“ Heutzutage käme man leichter in den Bundestag als auf die Pripro, zumal der immer leer sei. „Da kämpfen einige ihr Leben lang um einen Platz und dann rennen sie ständig raus an die Theke.“
Nici Kempermann will Prinz werden
Für den einzigen weiblichen Auftritt sorgt Nici Kempermann – die Sängerin von Kempes Feinest ist die einzige Künstlerin auf der Bühne – und bewirbt sich mit einer kraftvollen Soulnummer für den Job als „Prinz“ in einem Kölner Dreigestirn. „Ich wünsch mer nur, eimol Prinz ze sin,/ und dat he in Kölle am Rhing./in nem Dreijesteen/ voller Östrogen,/ sach wie wie kriejen ich dat nur hin.“ Man hat nicht das Gefühl, dass alle Anwesenden im Saal das für eine gute Idee halten, aber es ist immerhin ein mit viel Verve vorgetragenes Statement.
„Ich glaube, Tradition ist das Wichtigste, was wir in Köln haben“, sagt sie gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „aber nach 200 Jahren würde eine charmante Veränderung dem Karneval guttun und der Prinz könnte einfach mal ein Mädchen sein.“ Zu ihrer eigenen Rolle als eine der wenigen Frauen sagt sie schmunzelnd: „Ich bin schon noch ein Einhorn in einer Horde Pferde.“ Das Gefühl, ernstgenommen zu werden, habe sie jedenfalls nicht immer. Zu Unrecht, wie sie mit ihrem starken Vortrag beweist.
Kasalla beschließt die Prinzenproklamation
Zum emotionalen Finale Kasalla – mit dem wohl schönsten Lied der Session, „Sing mich noh Hus“, wird der Saal ins Foyer entlassen. Dort und in der Hofburg geht die Party dann üblicherweise bis in den frühen Morgen.