Köln – Autos und Motorräder sollen in den kommenden Jahren auf den Kölner Straßen deutlich weniger Platz als bislang haben, damit der gewonnene Raum den Radfahrern und Fußgängern zugeschlagen werden kann. Das Verkehrsdezernat der Stadt Köln arbeitet derzeit an einem Grundnetz, das den Kraftfahrzeugen erhalten bleiben soll.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass es vor allem die bestehenden Hauptverkehrsachsen sein werden, auf denen das Auto nach wie vor dominant sein wird, während die Nebenstraßen in Zukunft dem Fahrrad und den Fußgängern gehören sollen. Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt hatte die Stadtverwaltung im Juni 2021 beauftragt, dafür ein Grundnetz zu definieren.
Köln wird in insgesamt acht Korridore eingeteilt
Das Verkehrsdezernat hat im dritten Quartal 2021 die Arbeit aufgenommen und die Köln in insgesamt acht Korridore eingeteilt – die Innenstadt bildet einen von ihnen. Innerhalb der jeweiligen Korridore prüfen die Mitarbeiter der Stadt, wie belastet die Straßen sind – desto leistungsfähiger eine Straße ist, umso wahrscheinlicher gehört sie auch zum Grundnetz. Es sei zu erwarten, dass der Kfz-Verkehr mit dem zunehmenden Ausbau des Radwegenetzes auf diese leistungsfähigen Straßen verlagert und dort gebündelt wird, so die Stadt.
Ein Blick auf die Karte zeigt, dass linksrheinisch die Innere Kanalstraße, die Universitätsstraße, die Aachener Straße, die Äußere Kanalstraße, der Militärring, die Luxemburger Straße, die Rheinuferstraße und der Gürtel Teil des Grundnetzes sind. Rechtsrheinisch gehören etwa die Östliche Zubringerstraße, die Zoobrücke, die Stadtautobahn, die Deutz-Mülheimer Straße und die Frankfurter Straße dazu.
Stadt Köln: „Leistungsfähige Abwicklung des Kfz-Verkehrs“
Die Zugehörigkeit einer Straße zum Grundnetz bedeutet allerdings nicht, dass der Autoverkehr dort für alle Ewigkeit die Oberhand behalten wird. In Zukunft könnte dort laut Stadt durchaus eine Fahrspur für Autos in eine Radspur umgewandelt werden. „Zum jetzigen Zeitpunkt soll jedoch vorrangig eine leistungsfähige Abwicklung des Kfz-Verkehrs sichergestellt werden“, teilt Verkehrsdezernent Ascan Egerer mit.
Im Kern will das Ratsbündnis das Ziel erreichen, dass 75 Prozent des Verkehrs in Köln über Busse, Bahnen, das Fahrrad und zu Fuß laufen soll – lediglich ein Viertel aller Wege soll noch mit dem Auto zurückgelegt werden. Das Verkehrsdezernat will erst im kommenden Jahr bewerten, ob sich das von der Politik gesetzte Ziel auch tatsächlich erreichen lässt. Ein externes Unternehmen erarbeitet zurzeit im Auftrag von Stadt und Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) ein neues Verkehrsmodell für Köln. Daraus soll eine Prognose abgeleitet werden, wie sich der Verkehr bis zum Jahr 2035 voraussichtlich weiterentwickeln wird.
CDU und Grüne verfolgen trotz ihrer Partnerschaft im Ratsbündnis mit dem Grundnetz teilweise unterschiedliche Ziele. Teresa De Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU, verwies nach dem Ratsbeschluss darauf, dass Liefer- und Wirtschaftsverkehre weiterhin fließen müssten. „Die Innenstadt muss für alle erreichbar bleiben“, sagte sie. Der Autoverkehr solle zudem auf den Straßen des neuen Grundnetzes den Vorrang gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern haben. Die Fahrbarkeit müsse gewährleistet bleiben, aber eben nicht überall. Der öffentliche Nahverkehr wiederum müsse überall zugänglich bleiben.
Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sagte anlässlich der Entscheidung, dass auch auf den Straßen, die im neuen Grundnetz vor allem dem Autoverkehr zugeschlagen werden, die bestehende Radinfrastruktur nicht zurückgebaut werden dürfen. „Wir erkennen aber an, dass wir den motorisierten Individualverkehr in einem begrenzten Umfang noch brauchen werden“, sagte er. Bislang stehe bei der Planung der Straßen stets die Leistungsfähigkeit des Autoverkehrs im Mittelpunkt – nun gehe es darum, die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Es gehe darum, die Stadt lebenswerter zu gestalten.
Das Verkehrsdezernat führt derzeit Vorgespräche mit der Politik – eine externe Vergabe wird derzeit vorbereitet.