KinderpuppensitzungKinder verstehen das Hänneschen nicht
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Köln – Punkt 16 Uhr geht im Hänneschen-Theaterdas Licht aus. Der Vorhang öffnet sich, die Kinderpuppensitzung 2014 beginnt. Mit Hänneschen, Bärbelchen, Röschen, Köbeschen und Stina, die − irgendwann in einer Session der Zukunft − eine Strandbad-Sitzung im klimakatastrophengebeutelten Köln veranstalten: bei 41 Grad und 83 Prozent Luftfeuchtigkeit. „Dat es esu heiß“, stöhnen die Protagonisten, die nebenbei auch noch die verschwundene Woosch von Speimanes suchen müssen.
Büttenreden der Puppenkinder („Papa, den einen Witz hab ich schon im Benny gelesen.“) wechseln sich mit Auftritten prominenter Gäste ab wie Bläck Fööss, Brings oder der Mottoqueen Nikuta, die als Unterhaltungsoffizier des Raumschiffs Enterprise eingeführt wird. „Zokunf, mer spingkse, wat kütt.“ Das ist alles gut gespielt, live gesungen, und bis auf Brings nahe am Original.
Das Publikum jubelt, feiert die Puppen und ihre Spieler, klatscht mit, singt mit, ruft „alaaf“ und brüllt begeistert „Herr Präsident, die Woosch“. Man weiß schließlich, was eine Sitzung ist.
Aber warum besteht das Publikum der Kinderpuppensitzung eigentlich zu gefühlt 90 Prozent aus Erwachsenen? Menschen mit einem Altersdurchschnitt gut über 60, die sich völlig zu Recht mit kindlicher Freude am Programm begeistern? Das ist eine Seniorenveranstaltung mit wenigen Begleitenkeln, keine Puppensitzung für Kinder. Man fragt sich: Wo ist die kindliche Zielgruppe? Liegt das nur daran, dass die abendlichen Erwachsenenveranstaltungen so schnell ausverkauft sind? Oder doch am Programm?
Kinder werden nicht einbezogen
Denn die jüngsten zehn Prozent des Publikums, Altersdurchschnitt um die zehn Jahre, haben vieles einfach nicht verstanden. Anders als bei den durchgespielten Stücken, wo die Pänz dem roten Faden der Geschichte folgen können und es total egal ist, wenn sie einzelne kölsche Wörter nicht verstehen, stellt sie der Ablauf einer Sitzung vor schwere Aufgaben. Viele Kinder wissen nicht, was eine Sitzung ist, kennen weder die Rituale einer solchen Veranstaltung noch die Rollen der Puppen. Die meisten haben noch nie zuvor eine Büttenrede gehört.
Und sie werden vom Theater nicht abgeholt. Sie werden nicht einbezogen in die Vorstellung, es gibt keine Erläuterungen und kein Mitmachen. Keiner will beim Besuch einer städtischen Bühne pädagogische Vorträge hören. Aber ein Zugehen auf die Kinder, einen spielerischen Umgang, mit dem man ihnen die Welt des Theaters näherbringt, könnte man sich schon vorstellen.
Wie wäre es denn, wenn zu Beginn der Vorstellung ein Puppenspieler vor der Britz mit den Kindern einige Probe-„Alaaf!“ ruft (und erzählt, wo das herkommt), Raketen übt (die gibt’s komischerweise gar nicht – obwohl Kinder da total drauf abfahren) und den Brauch mit dem „Woosch“-Orden verklickert. Das stört nicht die Inszenierung und hilft schon mal weiter. Auch könnte die ein oder andere Puppe in der Pause oder im Foyer neugierige Kinderfragen beantworten. Und für ein kleines Liederheft à la „Loss mer singe“ sollte sich auch ein Sponsor finden.
Dazu ab und an nachmittägliche Seniorenprogramme, für die man das alles gar nicht braucht. Wir sind gespannt: „Zokunf, mer spingkse, wat kütt.“