Grüne und SPD werfen CDU und FDP vor, eine gemeinsame Vereinbarung zum Umgang mit rechtsextremen Gruppen gebrochen zu haben.
Eklat im WahlkampfStreit über gebrochene Vereinbarung nach Teilnahme von AfD-Politiker an IHK-Podium
Grüne, CDU, SPD, FDP, die Linke und Volt haben am Mittwoch der vergangenen Woche (17. April) ein vom Bündnis „Köln stellt sich quer“ initiiertes Abkommen zur Europawahl unterzeichnet. Darin heißt es, dass „die Mitglieder der Parteien und Wählergruppen, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben, grundsätzlich an keinen Podiumsdiskussionen mit rechtsextremen Gruppen oder deren Unterstützern“ teilnehmen.
Gut eine Woche später haben die beiden Europaabgeordneten Axel Voss (CDU) und Moritz Körner (FDP) am Donnerstagabend (25. April) an einer Podiumsdiskussion der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln teilgenommen, bei der mit Hans Neuhoff auch ein Vertreter der AfD mitdiskutierte. Die Partei wird vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Gemeinsame Stellungnahme von Grünen und SPD
Die ebenfalls eingeladene Europaabgeordnete Alexandra Geese (Grüne) und die Kölner SPD-Parteichefin Claudia Walther, die für das Europaparlament kandidiert, sagten ihre Teilnahme hingegen ab, nachdem sie erfahren hatten, dass ein AfD-Politiker auf dem Podium Platz nehmen würde. Vertreter von den Parteien Die Linke und Volt waren nicht eingeladen.
Grüne und SPD veröffentlichten eine gemeinsame Stellungnahme und warfen CDU und FDP vor, sich nicht an die von den demokratischen Kölner Parteien geschlossene Vereinbarung zur Absage von Podiumsdiskussionen mit rechtsextremen Gruppen zu halten. „Ich bin entsetzt, dass die EU-Kandidaten von CDU und FDP bereit sind, die AfD durch ihre Teilnahme an der IHK-Podiumsdiskussion zu legitimieren“, sagte Grünen-Politikerin Geese.
Sie verwies darauf, dass im Jahr 2021 die heutige FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gemeinsam mit der CDU ihre Teilnahme an einer Veranstaltung der IHK Düsseldorf aus dem gleichen Grund mit deutlichen Worten abgesagt hatte. „Ich bin überrascht, dass die regionalen Kandidaten von FDP und CDU das heute anders sehen“, sagte Geese.
Die Kölner SPD-Chefin Claudia Walther sagte, dass die AfD überwiegend rechtsextrem und korrupt sei, weshalb man der Partei keine Bühne bieten dürfe. „Für mich ist klar, dass ich mich als Europa-Kandidatin und als Co-Vorsitzende der Kölner SPD an die Vereinbarung halte, die die demokratischen Parteien in Köln zusammen getroffen haben – diese habe ich schließlich persönlich unterschrieben“, so Walther.
CDU und FDP verteidigen ihre Teilnahme
Die CDU verteidigte die Teilnahme ihres Abgeordneten Axel Voss. In Abstimmung mit der Kölner IHK sei deutlich geworden, dass keine Möglichkeit eines Ausschlusses der AfD aufgrund der Neutralitätspflicht als Kammer bestanden habe. „Eine Absage unsererseits hätte zur Folge, dass die sogenannte AfD allein durch eine Zusage, der sich die IHK nicht verwehren kann, eine Diskussion im Sinne Europas unterbinden könnte“, sagte der Kölner CDU-Parteichef Karl Mandl.
Die FDP argumentierte ähnlich. Nach Rücksprache mit der IHK habe sich herausgestellt, dass die AfD nicht eingeladen wurde. Die Partei hatte Ihren Kandidaten selber angemeldet. Die IHK habe keine Möglichkeit gesehen, im Rahmen ihrer Neutralitätspflicht einen formellen Ausschluss vorzunehmen. „In dieser speziellen Situation haben wir entschieden, von einer Absage des Podiums abzusehen“, teilte die FDP mit.
Bündnis Köln stellt sich quer will Parteien zum Gespräch einladen
IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein teilte auf Anfrage mit, dass sich der AfD-Politiker Neuhoff, der eine Professor an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bekleidet, selbst zur Veranstaltung eingeladen habe. Aufgrund der Neutralitätsverpflichtung der IHK als öffentlich-rechtliche Körperschaft sei es nicht möglich gewesen, die Teilnahme abzulehnen.
IHK-Präsidentin Nicole Grünewald bezeichnete es im sozialen Netzwerk Linkedin als„ traurig“, dass SPD und Grüne sich der Diskussion nicht gestellt hätten und als „noch trauriger“, dass die beiden Parteien CDU, FDP und IHK per Pressemitteilung „beschimpft“ hätten. „Dabei haben CDU und FDP sich nicht nur der Debatte gestellt, sondern sie klar nach Punkten gewonnen“, schrieb Grünewald weiter.
Das antirassistische Bündnis „Köln stellt sich quer“ kündigte an, die Parteien, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, in Kürze zum Gespräch einzuladen. Mit der Teilnahme an der Veranstaltung der IHK am Donnerstagabend sei die Vereinbarung gebrochen worden.