Am Internationalen Tag gegen Rassismus zieht die Kundgebung durch Köln. Die kommende Europawahl bereitet vielen Teilnehmenden Sorgen.
Aktionen in der ganzen StadtKundgebungen von Kölner Vereinen setzen Zeichen gegen Rassismus
„Wir sind alle sind gleichwertig“, war auf dem großen Plakat an einer Platane zu lesen, und auf den Schildern, die eine Gruppe von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der GAG hochhielten, standen Botschaften wie: „Jeder Jeck ist anders – Bei uns sin se alle zohus.“ Rund 200 demonstrierende Menschen hatten sich am Donnerstag zur Kundgebung auf dem Platz vor der Kalker Post versammelt.
Anlass für die Kundgebung ist der Tag gegen Rassismus
Dazu aufgerufen hatte das „Bündnis für Menschenwürde“, ein Zusammenschluss von Akteuren aus dem Rechtsrheinischen. Anlass war der Internationale Tag gegen Rassismus. In ganz Köln beteiligten sich Initiativen, Behörden, Schulen, Verbände, Vereine und Unternehmen an der Aktion „15 vor 12 für Menschenwürde“, deren Federführung die Initiative „Köln stellt sich quer“ übernommen hatte.
Im „Bündnis für Menschenwürde“ hatten zum Beispiel der Verein „Veedel“, der die Sozialraumkoordination für Ostheim/Neubrück trägt, der Kinderschutzbund Kalk, die Katholische Jugendagentur für Höhenberg/Vingst, die Evangelische Gemeinde Kalk-Humboldt, Willkommens- und Flüchtlingsinitiativen sowie das Integrationshaus in Kalk zusammengefunden.
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Kölner Vereine: Unsere Veedel sind laut, bunt, durcheinander
„Unsere Veedel sind laut, bunt, durcheinander!“, hieß es in dem Aufruf, der auf Deutsch und in anderen Sprachen wie Türkisch und Arabisch vorgetragen wurde, und weiter: „Gemeinsam können wir Probleme besser angehen“ – Probleme wie „Alltagsrassismus gegen Menschen, die zum Beispiel unser Gesundheits- und Paketsysteme am Laufen halten, mangelnder und zu teurer Wohnraum, kaputte Straßen und zu wenig Grün, zu wenige Plätze für Kinder und Jugendliche“.
Ein Beispiel, wie sich der Zusammenhalt in einer Einwanderungsgesellschaft stärken lässt, ist die Arbeit des bundesweit tätigen Vereins „Start with a Friend“ (Swaf), über die Majd Al Saaeb als aktives Mitglied sprach. Der Verein vermittelt Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Flucht- und Einwanderungserfahrung. „Redet miteinander und hört zu“, schloss Al Saaeb seine Ansprache.
Ein Mann, der sich „Kojo the Cook“ nennt, erzählte davon, wie er und das „Free Food Wednesday Team“ sich für das Garten- und Nachbarschaftsprojekt „tun stadt machen“ an der LKW-Waage der Abenteuerhallen Kalk engagieren. Zu den weiteren Rednern zählte Ahmet Edis vom Integrationsrat der Stadt, der direkt gewählten parlamentarischen Interessenvertretung der Kölner Migranten und Migrantinnen.
Rassismus und Diskriminierung seien nicht nur individuell, sagte er, sondern auch „systemisch, institutionell und strukturell“. Er mahnte, sich nicht von „Demokratie- und Verfassungsfeinden die politische Agenda diktieren“ zu lassen. Für musikalische Unterhaltung sorgten ein interkultureller Chor und eine Sambagruppe.
Die verschiedenen Demonstrationszüge trafen sich am Konrad-Adenauer-Ufer
Im Anschluss an die Kundgebung zogen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zum Ottoplatz und von dort aus mit weiteren Gruppen zum Konrad-Adenauer-Ufer. Dorthin bewegten sich in einem Sternmarsch auch vier andere Demonstrationszüge, die von unterschiedlichen Initiativen organisiert waren. Startpunkte waren die Gereonstraße (Deutscher Gewerkschaftsbund, Kirchen), der Brüsseler Platz (Klubkomm, IG Kölner Gastro), der Wilhelmplatz in Nippes („Köln gegen rechts“) und der Harry-Blum-Platz im Rheinauhafen.
„Viele Menschen haben erkannt: Es ist höchste Zeit zu handeln!“, ist im Aufruf von „Köln stellt sich quer“ zu lesen. Alle Aktionen dienten der „Verteidigung der Menschenwürde, des demokratischen Rechtsstaats“, der „Bekämpfung aller Rechtsextremisten und der AfD als ihrem parlamentarischen Arm“. Angesichts der bevorstehenden Europawahl und der Landtagswahlen müssten „die Brandmauern der demokratischen Parteien gegen die AfD erhöht werden“.
Abschlusskundgebung in Höhe der Bastei
Zur abendlichen Abschlusskundgebung, deren Bühne in Höhe der Bastei stand, kamen deutlich weniger Menschen als erwartet, laut Veranstalter rund 4000. „Wer AfD wählt, bestellt ein Himmelfahrtskommando“, sagte Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW. Dass die AfD, wie Recherchen des Bayerischen Rundfunks ergeben haben, im Bundestag mehr als 100 Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu beschäftige, müsse ein Ende haben. „Unsere Alternative ist Solidarität“, unterstrich Weber. In Deutschland sollten Probleme gelöst und „nicht Menschen zu Sündenböcken gemacht werden, um von den Problemen abzulenken. Niemand, der hier lebt, soll Angst haben, weil er oder sie anders ist.“
Mehrere kurze Redebeiträge warfen Schlaglichter auf Aktionen des Tages. So berichtete Mustafa Coezmez vom Betriebs- und Aufsichtsrat der Ford Werke, um Viertel vor zwölf hätten die Bänder angehalten, und auch in andere Betriebsteilen habe die Belegschaft die Arbeit eine Weile ruhen lassen. Bei Ford seien Menschen aus mehr als 50 Nationen beschäftigt". Würden die öffentlich gewordenen rechtsextremen Pläne zur „Remigration“ von Menschen auländischer Herkunft umgesetzt, „würde in Köln kein einziges Auto mehr entwickelt oder gebaut werden“.
Von Thomas Hoen, Betriebsratsvorsitzender der Deutz AG, war zu erfahren, dass in seinem Unternehmen ebenfalls eine Arbeitspause eingelegt wurde. 600 Mitarbeitende hätten auf einer Rasenfläche den Schriftzug „Art.1GG“ dargestellt und so auf Artikel 1 des Grundgesetzes hingewiesen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Über weitere Aktionen in der Stadt sprachen unter anderen Mankel Brinkmann vom Verband „Klubkomm“, Ute Hinz, Leiterin der Michael-Ende-Grundschule in Ehrenfeld, Manel Moser vom Comedia Theater sowie Vertreter der Diakonie und der Caritas.
Köln: Menschenmenge wird zum Lichtermeer
Die Afd versuche, sich als demokratisch zu „verkleiden“ und „alles zu zerstören, wofür unsere Demokratie steht“, sagte Orry Mittenmayer, Aktivist der Bewegung „Black Lives Matter“ und Initiator der Kampagne „Liefern am Limit“. Betriebsräte nannte der Gewerkschafter „Keimzelle der Demokratie“. Die Kölner und Kölnerinnen rief er dazu auf, „die Ärmel hochzukrempeln und das Ding gemeinsam anzupacken“. Den musikalischen Rahmen gestalteten die Band „Buntes Herz“ und die „Microphone Mafia“, außerdem der Jugendchor St. Stephan. Als dieser zum Schluss den Bläck-Fööss-Klassiker „Unsere Stammbaum“ sang, wurde aus der Menschenmenge ein Lichtermeer.
Jörg Detjen, einer der Sprecher von „Köln stellt sich quer“, zog auf Nachfrage ein positives Fazit. Das Bündnis sei zufrieden mit den über den Tag verteilten Aktionen und dem Sternmarsch, an denen sich „viele Tausende“ beteiligt hätten, und werde „die Aktivitäten fortsetzen“. Ende Mai, vor der Europawahl, werde es die nächste große Veranstaltung in Köln auf die Beine stellen.