Erst Bewährung, dann Freispruch, nun der neue Prozess. Einem AfD-Politiker droht in Köln erneut eine Haftstrafe.
Neuer Prozess nach FreispruchAfD-Politiker fährt Demonstranten in Köln-Kalk an – Er spricht von Notwehr

Der beschuldigte AfD-Politiker (r.) mit seinem Verteidiger im Landgericht Köln
Copyright: Hendrik Pusch
Im bereits dritten Anlauf muss sich seit Freitag ein Funktionär der Partei Alternative für Deutschland (AfD) wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Körperverletzung vor Gericht verantworten. Dem heutigen Vorsitzenden der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ wird vorgeworfen, im Jahr 2019 in Kalk einen Demonstranten mit dem Auto angefahren zu haben.
Oberlandesgericht Köln kassiert Freispruch für AfD-Politiker
Zu sieben Monaten Haft auf Bewährung hatte das Amtsgericht den Angeklagten im Juni 2021 verurteilt. In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht erfolgte hingegen ein Freispruch, der Richter sprach von einer Notwehrsituation. Dem wiederum folgte das Oberlandesgericht nicht und hob den Richterspruch auf. Daher kam es nun zur neuen Verhandlung im Landgericht.
Der heute 27-jährige Politiker aus Bonn hatte vor rund viereinhalb Jahren die Auftaktveranstaltung der AfD zur Europawahl besucht. Auf dem Rückweg habe er sein Auto gesucht, den Mietwagen hatte der Angeklagte in einer Seitenstraße abgestellt. Er und sein Begleiter seien von Demonstranten erkannt worden, die sich vor Ort aufgehalten hätten. Er habe nur nach Hause fahren wollen.
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Köln: Demonstrant landet auf der Motorhaube
Als der Angeklagte mit dem Auto an der Ampel zur Kalker Hauptstraße angehalten hatte, betraten die Demonstranten die Straße und blieben stehen. Der AfD-Politiker berichtete im Gericht von einer bedrohlichen Situation, die Menschen mit Bierflaschen in der Hand hätten an den Autotüren gerüttelt, „Scheiß Nazis“ gerufen und „Kommt raus, wir kriegen euch“. „Ich hatte Angst“, sagte er.
Danach hatte der AfD-Funktionär zurückgesetzt und war auf die Gegenfahrbahn gefahren. Dort erfasste er einen der Gegendemonstranten, der „in letzter Sekunde“, wie er es sagte, auf die Motorhaube springen konnte, „sonst wäre ich überfahren worden“. Der Mann, der Prellungen an den Knien erlitten hatte, konnte vom Auto abspringen, dann fuhr der AfD-Politiker davon.
Köln: Video dokumentiert den Vorfall in Kalk
„Ich wollte nur aus der Situation raus“, so der Angeklagte, er sei auch nur langsam auf den Mann zugefahren. Ein Verkehrsgutachter hatte anhand eines Videos aber eine Geschwindigkeit von bis zu zwölf Kilometern pro Stunde festgestellt. Allenfalls Schrittgeschwindigkeit wäre angemessen gewesen, meinte das Oberlandesgericht. Auch hätte der Politiker mit dem Handy die Polizei rufen können.
„Ich wollte mein Handy nicht ziehen, das hätte sie vielleicht noch aggressiver gemacht“, sagte der Politiker auf Nachfrage des Richters. Er habe Angst gehabt, dass man die Scheiben des Autos einwerfe und „dass es mir an den Kragen geht“. Auch er Mitinsasse beschrieb eine bedrohliche Situation, konnte sich aber im Gegensatz zum Angeklagten etwa an erhobene Bierflaschen nicht erinnern.
Die Demonstranten bestreiten eine Bedrohung ihrerseits, sprechen von einer leichten Provokation. Man habe sich an der Ampel dem Auto in den Weg gestellt, um die Insassen „zu foppen“. Vor der Kollision mit dem Demonstranten soll der Autofahrer bereits zwei Männer touchiert haben, darunter einen Rollstuhlfahrer. Erst das habe die Stimmung aufgeheizt. Ein Urteil soll Ende Februar fallen.