Der Beschuldigte stand wegen eines ähnlichen Vorfalls bereits vor Gericht. Doch er kam mit einer milden Strafe davon.
Neue Details nach Amokfahrt in KölnTaxifahrer rast auf Passanten zu – hätte man ihn früher stoppen können?
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Der beschuldigte Taxifahrer mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln
Copyright: Hendrik Pusch
Ein Taxifahrer rast im Ruhrgebiet und wenig später in der Kölner Altstadt in Menschengruppen, verletzt mehrere Personen schwer. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn wegen versuchten Mordes an, derzeit läuft die Verhandlung vor dem Landgericht Köln. Beim Prozessauftakt im Januar hatte Richter Peter Koerfers bereits auf einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2019 hingewiesen. Damals wurde dem Beschuldigten nicht einmal der Führerschein abgenommen. Nun sind die Details dazu bekannt.
Köln: Ähnlicher Vorfall führte bereits zu einer Verurteilung
Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Nötigung hatte das Amtsgericht Velbert den heute 44-jährigen Taxifahrer lediglich zu einer Geldstrafe von 1350 Euro (90 Tagessätze zu je 15 Euro) verurteilt. Laut Anklage war der Mann im Oktober 2019 mit etwa 40 Stundenkilometern durch die Fußgängerzone in Velbert gefahren und hatte dabei Menschen gefährdet. Eine Zeugin hatte im Prozess berichtet, dass jemand zur Seite springen musste, um nicht von dem Taxi erfasst zu werden.
„Es stand im damaligen Verfahren die Frage im Raum, ob der Angeklagte einen Unglücksfall herbeiführen wollte“, erklärt Stephan Katerlöh, Direktor und Pressesprecher vom Amtsgericht Velbert auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bestätigt habe sich das in der Verhandlung aber nicht. Dem Vernehmen nach konnte man dem Taxifahrer nicht widerlegen, mit der rasanten Fahrt durch die Fußgängerzone nur eine – wenn auch sehr riskante – Abkürzung genommen zu haben.
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Nachdem der Prozess durch „Corona-Verzögerungen“ erst knapp drei Jahre nach dem Vorfall stattgefunden hatte, blieb es bei der milden Geldstrafe, die nicht im polizeilichen Führungszeugnis auftaucht. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf einen Antrag, dem Mann die Fahrerlaubnis zu entziehen, dem folgte die Richterin. Womöglich auch deshalb, um dem damals nicht vorbestraften Taxifahrer nicht die berufliche Grundlage zu nehmen. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.
Köln: Taxifahrer gilt als Gefahr für die Allgemeinheit
Nach den Amokfahrten vom August 2024 in Essen und Köln erscheint das frühere Verfahren aus Velbert nun in einem anderen Licht. Das Landgericht Köln hat die Akten beigezogen. Aus diesen geht auch hervor, dass dem Amtsgericht eine vor 15 Jahren beim Taxifahrer diagnostizierte paranoide Schizophrenie nicht bekannt war. Somit konnte die psychische Erkrankung auch nicht als mögliche Ursache für die gefährliche Fahrt durch die Fußgängerzone ausgemacht werden. Das ist nun anders.
Die aktuellen Taten habe der 44-Jährige bedingt durch seine Erkrankung im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen, so die Staatsanwaltschaft. Der Taxifahrer sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, müsse daher dauerhaft in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden. Beim Prozess hatte er über seinen Anwalt ausrichten lassen, dass Zionisten ihn vor 15 Jahren vergiftet hätten. Ein Außerirdischer sei in seinen Körper verpflanzt worden. Seitdem höre er Stimmen.
Frau in Essen auf dem Zebrastreifen angefahren
Dass diese Stimmen ihm befohlen hätten, auf Passanten zuzufahren, verneinte der Beschuldigte jedoch auf Nachfrage des Richters. Zunächst soll der Mann am Tattag in Essen auf eine Gruppe von vier Personen zugefahren sein. Gerade noch hätten diese sich durch Sprünge in Sicherheit bringen können, ein Mann wurde am Fuß gestreift. Der Taxifahrer soll danach auf einen Zebrastreifen zugerast sein. Eine Frau wurde erfasst, flog durch die Luft und zog sich mehrere Knochenbrüche zu.
„Ich traue mich seitdem kaum noch über die Straße“, hatte die Verletzte ausgesagt. Sie habe noch immer große Schmerzen an der Hüfte, habe sieben Wochen am Rollator gehen müssen. Die 51-Jährige aus Essen hatte erklärt, aufgrund mentaler Probleme in einer Einrichtung zu leben. Der Beschuldigte hatte danach das Wort an die Frau gerichtet: „Ich bin auch psychisch krank und es tut mir leid, ich würde sowas sonst nie machen, jemanden umfahren.“ Er wünschte ihr gute Besserung.
Kölner Köbes stoppt den Amokfahrer in der Altstadt
Laut den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft fuhr der Beschuldigte danach nach Köln. In der Bechergasse in der Altstadt soll er mit seinem VW Passat eine Frau erfasst haben. Der Amokfahrer bog danach laut den Ermittlungen über den Alter Markt in die Mühlengasse ein. Vor dem Peters Brauhaus sei er abermals auf drei Personen zugerast. Eine 28-jährige Bäckereifachverkäuferin flog ebenfalls durch die Luft, verletzte sich schwer an der Schulter und ist bis heute arbeitsunfähig.
Mutig hatte sich danach ein Kellner des Brauhauses dem Auto des 44-Jährigen in den Weg gestellt. Der Taxifahrer raste laut Akten auch auf den Mann zu und erwischte ihn an der Hüfte. Der Köbes ließ aber nicht locker, er konnte den Fahrer, der sich offenbar festgefahren hatte und zu Fuß flüchten wollte, schließlich stellen. Kölns Polizeipräsident Johannes Hermanns hatte den 34-jährigen Zeugen im vergangenen Herbst für dessen Zivilcourage geehrt. Der Prozess im Landgericht wird fortgesetzt.