Ein Fotoprojekt zum Thema Gewalt gegen Menschen in Uniformen ist demnächst im Stadthaus in Deutz zu sehen.
„Lob ist in solchen Berufen selten“Ausstellung in Köln porträtiert die Menschen hinter den Uniformen
Wer in Köln in einer Uniform oder einem Talar unterwegs ist, kommt in der Regel als Helfer, wird aber mitunter selbst zum Opfer. Provokationen, Beschimpfungen und gewalttätige Übergriffe gegen Ordnungskräfte, Polizistinnen, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und Domschweizer sind inzwischen fast an der Tagesordnung.
Mit einer Ausstellung wollen Polizei, Staatsanwaltschaft, Stadt Köln und das Domkapitel zu mehr Respekt und Verständnis für Menschen aufrufen, die „für das Funktionieren unseres Gemeinwesens im Einsatz sind“, wie es Polizeipräsident Falk Schnabel ausdrückt. „Der Mensch dahinter“ heißt die Wanderausstellung, die vom 12. Juni bis 12. Juli im Stadthaus Deutz zu sehen ist.
Kölnerinnen und Kölner berichten, wie es ist im Job angepöbelt zu werden
Elf Kölnerinnen und Kölner zeigen sich auf großen Fotoporträts und berichten im Begleittext unter anderem, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben, wie sie privat ticken und wie es ist, im Job angegriffen und angepöbelt zu werden. Vier von ihnen stellt der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit ihrer ganz eigenen Geschichte vor.
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Die Idee für das Projekt und die Umsetzung stammen von der „Initiative für Respekt und Toleranz“, einem Zusammenschluss von vier Privatpersonen aus Münster. Sie wollen den Menschen in Uniform ein Gesicht geben und damit „einen Beitrag zu einem respektvolleren Umgang in unserer Gesellschaft“ leisten.
Die Ausstellung erlaube einen wichtigen Blick hinter die Kulissen, sagt Polizeipräsident Schnabel. „Sie verschafft die Möglichkeit, höchst menschliche Motivationen zu erkennen, warum die Polizeibeschäftigten in Köln tagtäglich die unersetzlichen Aufgaben erledigen, ohne die unser Alltag nicht vorstellbar wäre.“
Stadtdirektorin Andrea Blome ergänzt: „Unsere Gesellschaft könnte nicht existieren ohne diejenigen, denen diese Ausstellung ein Gesicht und eine Stimme gibt.“ Statt Wertschätzung und Dankbarkeit schlage ihnen häufig Gewalt entgegen. „Ich hoffe, dass der Blick ‚hinter die Uniform‘ eine Verhaltensänderung bewirkt. Sie ist dringend nötig.“
Carina König, Kriminalhauptkommissarin
Fingerabdrücke nehmen, Fotos von Verdächtigen machen, messen, wiegen – all das ist Routine für Carina König. Nach Stationen bei der Hundertschaft, am Flughafen Köln/Bonn und bei der Kripo erlitt Hauptkommissarin einen Burnout, kämpfte sich aber zurück und ist nun bei der Polizei Köln zuständig für erkennungsdienstliche Maßnahmen.
Innerhalb von zwei Jahren wurde König zweimal Opfer von gewalttätigen Übergriffen, der zweite Angriff endete mit Prellungen und einem Gipsarm. Die Beamtin hatte den Täter gebeten, sich auf einen Stuhl zu setzen. Plötzlich schlug er zu. Er verriegelte die Tür, so dass er allein mit ihr war. Er würgte Carina König, schlug ihren Kopf gegen die Tür, riss ihr Haarbüschel heraus und zerbiss ihr linkes Handgelenk.
Und dennoch geht die Hauptkommissarin weiterhin gerne zur Arbeit, sagt sie. „Wenn alles gut geht, sind es schöne Erlebnisse.“ Um die Folgen der Angriffe zu überwinden, holte die Polizistin sich Unterstützung. „Geholfen hat mir der Kontakt zu den sozialen Ansprechpartnern.“
Privat fährt Carina König Harley Davidson und liest Krimis. Als FC-Fan reist sie gerne zu Auswärtsspielen.
Nicole Arnold-Reitgruber, Domschweizerin
Nicht nur für die bis zu 30.000 Dom-Besucher jeden Tag, auch für die „Lost People“, die auf der Domplatte zu Hause sind, ist Nicole Arnold-Reitgruber Ansprechpartnerin. „Für diese haben wir stets ein offenes Ohr und ein tröstendes Wort“, sagt die Domschweizerin.
Nicht alle Menschen, die den Dom besuchen, reagierten verständig, wenn man sie etwa bitte, die Kappe abzusetzen, kein Eis oder keinen Luftballon mit hinein zu nehmen. Ein Kollege habe im Dom schon einen Ellenbogencheck abbekommen und dabei einen Nasenbruch erlitten. „Leider wird die Missstimmung gegen die Kirche oft an uns, vorrangig an den männlichen Kollegen ausgelassen“, sagt Arnold-Reitgruber. Manche ertrügen das nicht dauerhaft und kündigten.
Für sie selbst sei ihre Tätigkeit im Dom „eine Ehre und genau mein Ding“. Ursprünglich wollte sie nach ihrem Sportstudium Grobmotorik-Therapeutin werden. Dann arbeitete sie 20 Jahre am Flughafen und jetzt als Domschweizerin.
Volker Schneider, Brandrat und Wachvorsteher
Nicht alle Einsätze, die Volker Schneider in seiner Laufbahn bisher erlebt hat, lassen ihn rückblickend so schmunzeln wie der bei einem alten Ehepaar, das seit 50 Jahren regelmäßig zusammen badet. Einmal war das Wasser schon abgelaufen, aber die beiden schafften es aus eigener Kraft nicht mehr aus der Wanne. Sie riefen und klopften um Hilfe, Schneider und seine Kollegen brachen die Tür auf und retteten das Paar.
Ein anderer Einsatz dagegen hat bei dem Wachvorsteher einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen: In Höhe der Severinsbrücke waren der Feuerwehr zwei Personen in Schwimmreifen auf dem Rhein gemeldet worden – ein Vater mit seinem Sohn. Vor Ort pöbelten sie die Einsatzkräfte an. „Der Vater ignorierte jede Belehrung, war beleidigend und riss die wärmende Decke weg, die wir seinem Sohn umlegten.“
Und dennoch: Schneider schätzt, dass man „in diesem Beruf etwas bewirken“ kann. Privat geht er mit seiner Frau gerne Sporttauchen und wandert mit seinem Hund durch die Natur.
Michael Mader, Ordnungsdienst
„Corona“, davon ist Michael Mader überzeugt, „zeigte das hässliche Gesicht der Gesellschaft.“ Als Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes seien er und seine Kolleginnen und Kollegen als Faschisten beleidigt worden, Menschen hätten ihnen absichtlich ohne Maske angehustet. „Lob ist in solchen Berufen selten“, sagt er. Bei einer Ruhestörung sei man „für die Partygäste der Buhmann und für den Melder der Held“. Damit lerne man umzugehen.
Sein Beruf verlangt Einfühlungsvermögen. Mader hat oft mit sozialen Randgruppen zu tun, mit Zwangsprostituierten und Drogenabhängigen. Es gebe Menschen, erzählt Mader, die sagten zu ihm über Junkies: „Machen Sie die mal weg.“ Und dann erlebe er Fälle, in denen alleinstehende Menschen wochenlang unbemerkt tot in der Wohnung lägen. „Da zweifelt man oft am gesellschaftlichen Zusammenleben.“
Privat ist der FC-Dauerkartenbesitzer ein lizenzierter Sondengänger, kürzlich erst fand er eine römische Münze in der Zülpicher Börde.
Als Kind stürzte Michael Mader von einem Baum und erlitt einen Schädelbasisbruch – dies, so sagt er, habe sein Weltbild verändert und seine Dankbarkeit gegenüber Rettungs- und Pflegekräften erhöht.
Die Informationen über die vier Protagonisten stammen aus dem begleitenden Ausstellungskatalog.