Köln – Mindestens zwölf Männer und Frauen wollen sich bei der Oberbürgermeisterwahl am 13. September um das Spitzenamt im Rathaus bewerben. Die vom Land vorgegebene Nominierungsfrist endet Mitte Juli, das Feld der Bewerber könnte sich also noch verändern. An der Ausgangssituation wird sich kaum etwas ändern: Amtsinhaberin Henriette Reker geht als Favoritin in die Wahl. Die übrigen Kandidatinnen und Kandidaten haben da nur schwerlich eine Chance. Geht man rein von der Größe der Unterstützerlager aus, so dürfte sich der Sozialdemokrat Andreas Kossiski noch am ehesten Hoffnung auf einen Überraschungserfolg machen.
In Nordrhein-Westfalen werden hauptamtliche Oberbürgermeister seit 1999 direkt gewählt. Nach ihren Vorgängern Harry Blum, Fritz Schramma (beide CDU) und Jürgen Roters (SPD) ist die parteilose Reker die erste Politikerin, die sich für eine zweite Amtszeit bewirbt. Der Amtsbonus, der durch die Corona-Krise wohl eher verstärkt als geschwächt wird, kommt Reker ebenso zugute wie die gemeinsame Unterstützung der CDU und der Grünen. Zudem ist sie die einzige Frau im Kreis jener Kandidaten, die im Wahlkampf auf die Mitarbeit eines größeren Parteiapparat setzen kann. So etwas kann Stimmen bringen.
Gilt Reker einigen Grünen als zu konservativ?
Ohne eine gewisse Anzahl von Wahlhelfern, ohne eine erprobte Organisation lässt sich in einer Großstadt der Chefposten kaum erobern. Reker, die sich im bürgerlichen Milieu Lindenthals ebenso wohlzufühlen scheint wie im grün-alternativen Ehrenfeld, dürfte allerdings nicht davon ausgehen, die Wahl mit einer absoluten Mehrheit gleich im ersten Durchgang zu entscheiden. Selbst der in München so beliebte Stadtchef Dieter Reiter (SPD) brauchte vor drei Monaten eine Stichwahl – die er dann mit 71,7 Prozent der Stimmen gewann.
Manch einem Grünen könnte Reker als zu konservativ gelten, nicht entschieden genug ausgerichtet auf ökologische Ziele. In den CDU gib es diejenigen, die die Oberbürgermeisterin als zu grünen-nah empfinden. Insofern kommt den Herausforderern Bedeutung zu – sofern sie es schaffen, sich den Wählerinnen und Wählern bekannt zu machen. Thor Zimmermann beispielsweise, Bewerber der den Grünen nicht fernstehenden Wählergruppe Gut, könnte Stimmen abziehen. Ebenso der Unternehmer Roberto Campione, der als Einzelbewerber durchaus Positionen vertritt, die aus dem CDU-Programm stammen könnten.
Breite Auswahl könnte Wahlbeteiligung erhöhen
Christer Cremer von der AfD, Katja Alekseev (Die Partei), Rüdiger-René Keune (ÖDP), Olivier Fuchs (Volt), Nicolin Gabrysch für die Wählergruppe Deine Freund*Innen/ Klimaliste Köln sowie die beiden Einzelbewerber Robert Nussholz und Pascal Thoma: Eine breite Auswahl kann dazu beitragen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Das erhöht die Hürde für die absolute Mehrheit.
Im Fall einer Stichwahl sprechen ausgeschiedene Kandidaten mitunter Empfehlungen aus. Sie versuchen, als Gegenleistung für ihre Unterstützung die eine oder andere Forderung durchzusetzen. Sollte der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kossiski in den zweiten Wahlgang kommen, wäre es naheliegend für ihn, mit der Linken über Fürsprache in deren Wählerschaft zu verhandeln. Sollte der Kandidat der Linken, Jörg Detjen, überraschend die Stichwahl erreichen, gilt das umgekehrt das gleiche. Bis zum 13. September allerdings werden sich die beiden Wahlkämpfer das Leben so schwer wie möglich machen. Das ist ihr Auftrag – und könnte am Ende der Amtsinhaberin Reker nutzen.