Köln – Mit Ausschnitten aus Filmen und Theaterstücken, mit Sketchen und Liedern wird in diesen Tagen an Trude Herr gedacht, die am 4. Mai 90 Jahre alt geworden wäre. Zum Geburtstag wurde im Odeon-Kino an der Severinstraße – genau hier hatte die Volksschauspielerin von September 1977 bis Februar 1986 ihr eigenes Theater betrieben – die TV-Aufzeichnung des Schwanks „Scheidung auf Kölsch“ auf der großen Kinoleinwand gezeigt.
Und im Scala-Theater gibt es eine knapp halbstündige Trude-Herr-Revue des gesamten Ensembles – eine Art Amuse Gueule vor der regulären Vorstellung des aktuellen Stücks „Dreimol Null is Null“, das noch bis Sonntag kredenzt wird. Und dafür waren fast alle Zuschauer auch schon früher gekommen. Das wollte man sich nicht entgehen lassen. Nach einem „Happy Birthday“-Ständchen legt Elke Schlimbach mit „Ich will keine Schokolade“ los. Das ist Herrs wohl bekanntester Schlager.
Das Lied aus dem Film „Marina“ im Jahr 1960 – mit Rex Gildo, Boxer Bubi Scholz und anderen – fehlt bei keiner Oldie-Party und ist auch der am meisten gesungene deutschsprachige Titel bei der Talentprobe am Tanzbrunnen. Über diese eindrucksvoll-trotzige, wütend wie leidenschaftlich vorgetragene Forderung, anstatt Schokolade einen Mann zu wollen, sagte Herr später: „Also ich hab die Nummer gern gesungen. Ich fand sie auch lustig. Aber ich krieg sie nicht mehr los.“ Bis heute nicht. Denn da kann jeder gleich mitsingen.
Auch spätere Titel wie die „Die Stadt“ und „Ich sage, was ich meine“, die im Scala von Travestiekünstler Sophie Russel dargeboten wird, sind zu Klassikern des kölschen Liedgutes geworden. Sie zählen immer mal wieder zum Repertoire von Tommy Engel oder den Höhnern. Eher weniger bekannt ist der Sketch vom „Schwiegersohn in spe“, der zur eindringlichen Stimme Trudes („Ehe Sie meine Tochter küssen, werden Sie in der Luft zerrissen“) urkomisch pantomimisch umgesetzt wird: von den Schauspielern Katja Baum als leicht dusseliger Tochter und Arne Hoffmann als ihrem Verehrer mit einer Wolfgang Petry-Gedächtnis-Frisur.
„Trude Herr hat das kölsche Volkstheater reformiert“
Scala-Chef Ralf Bongartz, der die Trude-Revue inszeniert hat, bezeichnet Herr als „donnerndes kölsches Urgestein. Sie hat das kölsche Volkstheater reformiert und inspiriert unser Stücke bis heute.“
Und genau an die Bühnen-Karriere und Herrs Status als Volksschauspielerin – drei Original- Kostüme aus den Theaterstücken sind derzeit im Scala ausgestellt – wird in diesen Wochen auch im Odeon-Kino erinnert. In der Reihe „Kölsche Filmmatinee“ – organisiert von Filmemacher Dieter Oeckl und Südstadt-Künstler Cornel Wachter – werden am 14. Mai die WDR-Aufzeichnung von „Frankensteins Schwiegermutter“ aus dem Jahr 1983 sowie am 28. Mai „Auftakt zur Session“ von 1982 und „Das Sonderangebot“ gezeigt.
Das Odeon war früher Herrs „Theater im Vringsveedel“, mit dem die Schauspielerin ohne städtische Zuschüsse „eine volksnahe Alternative“ zum etablierten Millowitsch-Theater aufbauen wollte, wo sie 1948 mit kleinen Nebenrollen angefangen hatte und Anfang der 70er Jahre mit eigenem Ensemble und zwei Stücken („Die Perle Anna“ und „Die Familie Pütz“) aufgetreten war. Knapp zehn Jahre funktionierte ihr Theater-Experiment. Doch am 27. Februar 1986 musste sie das Theater im Vringsveedel wieder schließen – wegen finanzieller und auch wegen zunehmender gesundheitlicher Probleme.
Trude Herr kehrte 1991 nach Köln zurück
Nachdem sie sich im Juli 1987 auf die Fidschi-Inseln zurückgezogen hatte und 1988 mit dem Bundesverdienstkreuz dekoriert wurde, kehrte sie im Januar 1991 nach Köln zurück. Zwei Monate später verstarb sie in Südfrankreich an Herzversagen. Beerdigt wurde sie auf dem Kölner Nordfriedhof. Passend zu ihren Großen Hit „Niemals geht man so ganz“ – komponiert von Jürgen Fritz und gesungen mit Tommy Engel und Wolfgang Niedecken – ist sie vielen auch heute noch unvergessen.
„Nur die Stadt Köln hat mit Trude nix am Hut“, sagt deren Nichte Gigi Herr, viele Jahre Hauptdarstellerin in den Stücken von Walter Bockmayer und im Scala-Theater. „Die haben vor und nach ihrem Tod nichts für sie getan.“ Zwar wurde der Platz vor dem Bürgerhaus Stollwerck Trude Herr gewidmet, aber erst eine anonyme Spende machte es 2011 möglich, dass ihr Grab auf dem Nordfriedhof weiter erhalten wurde. „Ich versuche seit sieben Jahren, dass Trude Herr ein Ehrengrab bekommt“, sagte Hilde Schmitz, die im Scala mitspielt und seit Jahrzehnten den Trude-Herr-Fanclub leitet. „Bislang vergeblich.“