Schlagstock, ReizgasNeue Ausrüstung von Ordnungsamts-Mitarbeitern löst Diskussion aus
Köln – In der Frage, ob die Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdiensts künftig mit Schlagstöcken ausgerüstet werden sollen, zeichnet sich möglicherweise eine Kehrtwende ab. Stadtdirektor Stephan Keller lehnte diese Art der Bewaffnung Ende Januar noch strikt ab, sieht das mittlerweile aber nicht mehr so eindeutig. „Ich bin der Meinung, dass der Einsatz gründlich überlegt werden muss“, sagte er am Dienstag im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wenn der Eigenschutz es aber erfordert und die Notwendigkeit überzeugend nachgewiesen wird, wäre ich zum Schutz der Mitarbeiter bereit, das zu machen.“ Es gebe dazu aber noch keine Entscheidung. Er werde das Thema noch diese Woche mit dem Personalrat besprechen.
Reizstoffsprühgeräte für mehr Sicherheit
Neben Schlagstöcken will die Kölner Verwaltung nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wohl auch pistolenähnliche Reizstoffsprühgeräte anschaffen. Ein Mitarbeiter der Behörde, der unerkannt bleiben möchte, sieht darin eine große Gefahr: „Wenn mein Gegenüber so ein Spray in meiner Hand sieht und denkt, es handle sich um eine Pistole, ist eine neue Eskalationsstufe erreicht.“
„Der Stock wird gerade in mehreren Städten als Option geprüft und auch von den Mitarbeitern der Deutschen Bahn benutzt“, sagt Stadtdirektor Keller. Auch andere NRW-Städte nutzen bereits Schlagstöcke im Ordnungsdienst: In Bonn und Wuppertal gehören Teleskopschlagstöcke zur Grundausstattung, in Dortmund sollen sie bald ebenfalls getestet werden. Die Düsseldorfer Verwaltung schließt die Anschaffung von Schlagstöcken zumindest nicht aus. Auch die Mitarbeiter der Ordnungsdienste in Berlin und Baden-Württemberg sind mit Schlagstöcken ausgerüstet. In Stuttgart und Frankfurt am Main verfügen sie sogar über Schusswaffen.
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Wuppertal spricht Klartext
Die Städte wollen in der Außendarstellung den Schlagstock indes als reine Defensivausrüstung verstanden wissen, sprechen wahlweise von Einsatzmehrzweckstock oder Multifunktionsabwehrstock. Nur Wuppertal spricht frei heraus von einem Schlagstock, der dazu dienen soll, „etwaige Angreifer auf Abstand zu halten.“
„Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes müssen zur Eigensicherung mit Schlagstöcken ausgestattet werden“, sagte SPD-Fraktionschef Martin Börschel. Zu einer dem Stand der Technik entsprechenden Ausrüstung gehörten auch Funk- und Lärmmessgeräte. Das Personal müsse zudem in der Innenstadt und in den äußeren Stadtteilen ausgestockt und intensiv geschult werden. Die SPD hatte das bereits im vergangenen November gefordert.
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau wollte die Frage, ob er Schlagstöcke für sinnvoll hält, nicht beantworten. Er wolle zunächst konkrete Vorschläge der Stadtverwaltung abwarten. „Der Schutz und die Sicherheit unserer Ordnungskräfte haben für uns Priorität“, sagte er. „Wenn es dazu einer verbesserte Ausrüstung bedarf, dann werden wir das nach Kräften unterstützen.“
Kritik von Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Frank
„Innerhalb des Kölner Ordnungsamts gibt es seit Jahren Begehrlichkeiten, Ordnungskräfte zu bewaffnen“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank. Das schwarz-grüne Ratsbündnis differenziere sehr deutlich zwischen den Aufgaben der Polizei, die ausschließlich das staatliche Gewaltmonopol ausübe, und den Aufgaben des städtischen Ordnungsdiensts. „Mehr Autorität in kritischen Situationen gewinnt der Ordnungsdienst nicht durch stärkere und martialisch wirkende Bewaffnung, sondern vor allem durch eine gründliche Ausbildung, mit kritischen Lagen angemessen umzugehen und Eskalationen zu verhindern“, so Frank.
Köln liegt hinter anderen Städten zurück
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite verwies darauf, dass sich die Anforderungen an das Ordnungsamt verändert hätten, da verstärkt die Polizei entlastet werden müsse. „Wir sind ganz klar für Schlagstöcke zur Selbstverteidigung, weil wir eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern haben“, so Breite. Köln sei im Vergleich zu anderen Städten noch hinter dem Berg.
„Die Linke ist gegen Ordnungshelfer mit Knüppel und Pfefferspray“, sagt Fraktionschef Jörg Detjen. Konflikte sollten zivil gelöst werden. „Wir vermissen eine sachliche Diskussion über sozialraumorientierte Ordnungs- und Polizeiarbeit“, so Detjen.
Arnold Plickert, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, versteht die Pläne der Stadt als „Reaktion auf die Gewaltbereitschaft, die in der Gesellschaft herrscht“. Solange die Stöcke nur zur Notwehr und Nothilfe zum Einsatz kämen, habe er keine Bedenken, so Plickert. Es sei allerdings zwingend erforderlich, die Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Polizisten müssten demnach rund zwei bis drei Tage lang mit dem Stock trainieren, um eine unsachgemäße Anwendung zu vermeiden.