Neue Radweg-Pläne für Köln„Hätte mir gewünscht, es wäre ohne Corona so gekommen“
Köln – Der Vorstoß von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, in der Stadt die Radwegebenutzungspflicht bei Bedarf aufzuheben, um auf Straßen einzelne Autospuren zu Radwegen zu machen und in den betreffenden Bereichen Tempo 30 einzuführen, stößt erwartungsgemäß auf ein geteiltes Echo. Während der ADAC das Vorhaben eher kritisch betrachtet, ist der ADFC voll des Lobes für die Idee.
„Ich hätte mir gewünscht, dass das ohne Corona so gekommen wäre“, kommentiert Christoph Schmidt, Vorsitzender des Kreisverbands Köln des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Rekers Ansinnen. „Wir fordern schon lange Tempo 30 in der Innenstadt.“ Seitdem etwa auf den Ringen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 Kilometern pro Stunde gesenkt wurde, seien dort die Unfälle um 60 Prozent zurückgegangen, sagt Schmidt. „Wir wollen nicht Tempo 30 auf Straßen wie der Rheinuferstraße. Aber es sollte grundsätzlich Tempo 30 gelten, und in Ausnahmen Tempo 50.“
ADAC-Verkehrsexperte gegen 30er-Zonen
Zudem sei es auf Kölns Radwegen nicht möglich, den in derzeit angeordneten Mindestabstand von 1,5 bis zwei Metern einzuhalten, da die Wege zu schmal seien. Wenn aber eine Autospur den Radlern zugeschlagen werde, könnte jenen dort fahren, während Fußgänger den eigentlichen Radweg mitnutzten. „Dann haben alle genug Platz“, sagt Schmidt.
Alles zum Thema Henriette Reker
- Stellenabbau bei Ford Ministerpräsident Wüst fordert Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, Reker „betrübt“
- Zerstörter Krankenwagen vor der Kölner Flora Wüst: Russische Kriegsverbrechen müssen gesühnt werden
- Satirischer Wochenrückblick Köln braucht die Glühweinsteuer
- Volkstrauertag in Köln „Die nächsten Generationen müssen das Gedenken hochhalten“
- Holger-Czukay-Preis für Popmusik Henriette Reker hat jetzt ein Pogendroblem
- „Tiefes, tiefes Rot“ Schulden der Stadt Köln könnten um mehrere Milliarden Euro explodieren
- „Darauf warte ich dringend“ Kölns OB Reker entscheidet über dritte Amtszeit
ADAC-Verkehrsexperte Roman Sutholt warnt vor einer flächendeckenden 30er-Zone: „Besonders an den Ausfallstraßen würde sich der Verkehr in die Wohnviertel verlagern.“ Das Argument mit der Abstandsregelung könne er nachvollziehen, jedoch müsse bei jeder Straße einzeln geprüft werden, ob eine Radspur möglich sei. Reker hatte auch angekündigt, die Spuren nur für die Zeit der Corona-Pandemie einzuführen und im Anschluss zu prüfen, einzelne Spuren bleiben können. Sutholt sieht „die Gefahr“, dass die Rücknahme der Radspuren schwierig werden könnte, wenn sie erst einmal da sind. „Deshalb muss man sich sehr eng am Radkonzept orientieren und was unnötig ist, wieder wegnehmen.“
Schilder demontieren
Sutholt sieht zudem rechtliche Schwierigkeiten, wie das Tempo 30 auf den Straßen mit temporären Radspuren den Autofahrern vermittelt werden kann. „Schilder abhängen reicht nicht. Wie sollen Ortsfremde wissen, welche Höchstgeschwindigkeit gilt“, fragt Sutholt. Die Tempo-50-Schilder „Demontieren oder abdecken“ und die reduzierte Geschwindigkeit „öffentlich kommunizieren“ hatte die Stadt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ geäußert, ohne genauer zu erörtern, wie diese öffentliche Kommunikation geschehen soll.
Oberbürgermeisterin Reker hatte in einem Brief an NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) darum gebeten, für die Stadt die Voraussetzungen zu schaffen, „grundsätzlich“ innerorts die Radwegebenutzungspflicht aufzuheben und „grundsätzlich und ohne Anpassung der Beschilderung“ die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunden zu reduzieren. Zudem sollten „die Kommunen generell ermächtigt werden, Radfahrpiktogramme auf die Fahrbahnen auftragen zu dürfen“. Diese Erlaubnisse benötige die Stadt, um die temporären Radspuren einzurichten und einen „substanziellen Beitrag zur Gesunderhaltung der Bevölkerung zu leisten“. Das Ministerium hat sich noch nicht geäußert.