Köln – Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In zehn Jahren wird sich der ohnehin eklatante Priestermangel im Erzbistum Köln dramatisch beschleunigt haben. Bis 2030 wird sich die Zahl derjenigen, die als Priester oder Pastoralreferenten in den Gemeinden arbeiten, im Erzbistum halbieren. Parallel dazu klafft bis dahin eine Finanzierungslücke von 100 000 Millionen Euro. Es sei allen klar, dass ein einfaches „Weiter so“ keine Option sei, betonte Generalvikar Markus Hofmann.
Daher hat das Erzbistum nun den Entwurf präsentiert, wie die „Pfarrei der Zukunft“ in Köln dann aussehen soll: Statt der derzeit 180 Seelsorgebereiche mit jeweils mehreren Pfarreien soll es künftig nur noch 50 bis 60 Pfarreien geben. Diese sollen jeweils von einem multiprofessionellen Team unter Leitung eines Pfarrers geführt werden. Zu diesem Team sollen unter anderem ein Jugendreferent, ein Geschäftsführer, ein Engagementförderer sowie „geeignete Gefirmte“ gehören. Wie diese Großpfarreien räumlich zugeschnitten werden sollen, wird nun in einem nächsten Schritt erarbeitet.
Unterhalb der Ebene der Pfarreien soll es möglichst viele Gemeinden geben. Wurde bislang „Pfarrei“ und „Gemeinde“ oft synonym gebraucht, wird hier künftig klar unterschieden. Gemeinden innerhalb einer Pfarrei „werden vor Ort von engagierten Laien getragen, die ein Team von Verantwortlichen bilden sollen“, erläuterte Pfarrer Norbert Hörter, Kreisdechant des Kreisdekanats Rheinisch-Bergischer Kreis. Diese werden von der Gemeinde gewählt, vom Pfarrer auf vier Jahre beauftragt und von so genannten Engagementförderern unterstützt. Ziel sei es, „den Laien echte Mitverantwortung zu geben und gleichzeitig näher an der Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort zu sein“, betonte Generalvikar Hofmann bei der Vorstellung des Konzepts.
Eine Gemeinde kann ganz klassisch eine „Kirchturmgemeinde“ sein. Es soll jedoch auch ausdrücklich eine Öffnung geben hin zu „Personalgemeinden“. Das heißt, Gruppierungen und Gemeinschaften können sich – etwa angebunden an eine Schule, ein Krankenhaus oder eine Kita – als Gemeinde definieren. Es gehe um Orte, „an denen Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“, so Hofmann. Diese könnten ohne eine Art von Obergrenze vorgeschlagen werden. Grundsätzlich gehe es bei dem Konzept nicht in erster Linie um eine Optimierung von Strukturen, sondern vor allem um einen geistlichen Aufbruch, betonte Hörter.
Leitfrage sei, was die Menschen vor Ort brauchen. Die Vielzahl engagierter Laien sollten das Gemeindeleben „menschennah“ prägen und gestalten. Bereits im September soll in noch auszuwählenden Gemeinden eine zweijährige Pilotphase beginnen. Die Herausforderung sei, dass für das Konzept eine Vielzahl an engagierten Personen benötigt werde, betonte Generalvikar Hofmann.
Wie viele Kirchengebäude bis 2030 geschlossen und verkauft werden, hängt laut Hofmann entscheidend davon ab, wie das Konzept aufgehe. „Wenn eine lebendige Gemeinde da ist, bleibt auch der Kirchturm“, so Generalvikar. Wenn die Kirche allerdings nicht mehr aufgesucht werde, sei das ein Grund, diese zu verkaufen und zu profanisieren. Das Konzept „Pfarrei der Zukunft“ ist ein Ergebnis des so genannten „Pastoralen Zukunftswegs“: Seit zwei Jahren arbeiten die Katholiken im Erzbistum an dem Entwurf, wie die zukünftige Gestalt des Erzbistums Köln aussehen soll.
Nach Angaben des Erzbistums waren bislang mehr als 20 000 Gläubige an der Erstellung dieses Zielbildes beteiligt. Die nun vorgestellte „Pfarrei der Zukunft“ ist ein Element. Das Konzept soll nun in den Seelsorgebereichen diskutiert werden. „Es ist nichts einfach von oben gesetzt. Es könnten Modifikationen und Alternativen entwickelt werden“, so Hörter.
Der Generalvikar betonte, dass sich das Konzept im Einklang mit der kürzlich veröffentlichten Instruktion von Papst Franziskus befinde. Kern sei, dass die in der Gemeindeleitung engagierten Laien bei dem Konzept nicht den Pfarrer ersetzen, sondern ihn in seinem Leitungsdienst unterstützen. Der Pfarrer leite weiterhin die Pfarrei und die zugehörigen Gemeinden.