Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Rauchgase schaden GesundheitFeinstaub aus Kaminöfen verschmutzt die Luft auch in Köln

Lesezeit 7 Minuten
13.01.2025 Köln. Dampf oder Rauch kommen aus Kaminen und Schornsteinen in Köln. Seit dem Jahreswechsel dürfen alte Kaminöfen nicht mehr betrieben werden. Zudem gibt es Berichte, dass die Schadstoffbelastung mit Feinstaub durch Holzöfen auch in Wohngebieten besonders hoch ist. Die Eichstraße. Foto: Alexander Schwaiger

Rauch kommt aus Schornsteinen in Köln. In vielen Wohngebieten ist die Belastung spürbar.

Nicht nur in Kölner Wohngebieten ist die Atemluft schlecht, wenn mit Holz geheizt wird. Was Stadt, Umweltämter und Wissenschaftler sagen.

Wer sich im Winter oder an kühlen Tagen in Kölner Wohngebieten aufhält, dem steigt oft ein penetranter Rauchgeruch in die Nase. Verursacher sind hier in aller Regel private Holzöfen, die gern zusätzlich zur Zentralheizung genutzt werden, weil sie für Behaglichkeit sorgen. Besonders in den Abendstunden kann so vor allem die Belastung mit Feinstaub nicht nur unangenehm werden, sondern bei empfindlichen Menschen auch zu Atemwegsproblemen führen.

Einige Kölner versuchen inzwischen, dieses Problem mit eigenen Messungen greifbarer zu machen, so auch der Wirtschaftsinformatiker Thomas Mücher aus Sülz, der die Info-Seite „Luft Köln“ betreibt. Mücher kann anhand seiner Daten nachweisen, dass die Schadstoffwerte bei ihm am Haus in unmittelbarer Nähe zum Beethovenpark in die Höhe schnellen, wenn ein Nachbar seinen Holzofen anfeuert.

Beim Heizen mit Holz wird unter anderem Feinstaub in großen Mengen freigesetzt, der Gesundheitsschäden hervorrufen kann. Es wird unterschieden zwischen den Feinstaub-Werten PM10 µm (Partikel bis zu einem maximalen aerodynamischen Durchmesser von 10 Mikrometern) und PM2,5 µm (Partikel bis zu einem maximalen aerodynamischen Durchmesser von 2,5 Mikrometern). Während Partikel PM10 bis in die Bronchien und ihren feinsten Verästelungen gelangen, können Partikel kleiner als 2,5 µm bis in die Lungenbläschen transportiert werden.

Alles zum Thema Deutscher Wetterdienst

Feinstaub PM2,5 wirkt sich laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) also besonders negativ auf den Gesundheitszustand des Menschen aus. Zur Risikogruppe hinsichtlich einer Belastung gegenüber Feinstaub PM2,5 gehören demnach ältere Menschen, Kinder und Vorerkrankte, also Personen mit bestehenden Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen sowie Asthmatiker.

Feinstaub in NRW und der Anteil der Holzheizungen

Die gute Nachricht: Insgesamt geht die Feinstaub-Belastung in Nordrhein-Westfalen, die landesweit an 70 Orten ständig gemessen wird, kontinuierlich zurück. Die Jahresmittelgrenzwerte für Feinstaub konnten 2024 sicher eingehalten beziehungsweise deutlich unterschritten werden. Diese Grenzwerte liegen EU-weit derzeit bei 40 µg/m³ (Mikrometer pro Kubikmeter) für PM10 und 25 µg/m³ für PM2,5.

20.03.2025, Sachsen-Anhalt, Stolberg/Harz: Eine Schornstein qualmt über den Dächern des Fachwerkstädtchens im Südharz. Dem Deutschen Wetterdienst zu Folge werden die Nachtfröste in den kommenden Nächten deutlich abnehmen. Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

In vielen Gegenden Deutschlands sind Schadstoffe von Holzöfen ein Problem wie hier im Harz.

Laut Angabe des Lanuv gelangten im Jahr 2022 aber immer noch 20.000 Tonnen PM10-Feinstaub in die Luft in NRW. Beim PM2,5-Feinstaub, der als besonders gesundheitsschädlich gilt, waren es insgesamt 8.500 Tonnen. Dieser stammt aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft – und zu einem nicht geringen Anteil eben aus „Kleinfeuerungsanlagen“. Diese liegen in NRW auf Platz 2 der PM2,5-Verursacher nach dem Verkehr und noch vor der Industrie.

Laut Umweltbundesamt (UBA) ist der Straßenverkehr deutschlandweit sogar nicht mehr die dominante Quelle für PM2,5-Emissionen, wie auch eine Studie der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina von 2019 feststellt. Dies hängt vor allem mit strengen Abgasvorschriften bei Autos, also dem Einbau moderner Filtertechnik, zusammen. Ähnliches gilt auch für Industrieanlagen. Alarmierend ist: 16 Prozent der gesamten PM2,5-Emissionen werden laut UBA von Holzfeuerung gebildet.

42 Tonnen Feinstaub in Köln durch Holzöfen

Auf Anfrage teilt das Lanuv mit, dass in NRW pro Jahr etwa 3000 Tonnen Feinstaub aus Feststoffheizungen und -öfen, also mit Holz oder Kohlebriketts betrieben Heizungen, in die Luft gelangen. Daran hätten private Holzöfen einen „maßgeblichen Anteil“. Differenziert wird hier allerdings nicht zwischen PM10 und PM2,5. In Köln gibt es laut Lanuv Feinstaubemissionen von rund 42 Tonnen pro Jahr durch Öfen und Kamine im häuslichen Bereich.

Keine der vier vom Lanuv betriebenen offiziellen Messstellen für die Luftqualität in Köln befindet sich allerdings in Wohngebieten, wo diese „Kleinfeuerungsanlagen“ hauptsächlich betrieben werden. Die von der Stadt zusätzlich betriebenen 15 einfachen an Laternen angebrachten Messzylinder, auch Passivsammler genannt, messen nicht den Feinstaub. Das heißt: Die Luftverschmutzung durch private Öfen kann so also nicht wirklich erfasst werden, offizielle Werte scheint es hier nicht zu geben.

Die Stadt Köln teilt auf Anfrage mit, dass es in den vergangenen Jahren lediglich „vereinzelte Beschwerden über private Holzöfen“ gegeben habe. Diese seien wohl auf „unsachgemäße Feuerung“ zurückzuführen gewesen. Die dafür zuständigen Bezirksschornsteinfeger und Bezirksschornsteinfegerinnen hätten dies überprüft, die Mängel hätten so behoben werden können.

„Symptome von leichten Rauchgasvergiftungen“ durch Holzöfen

Wenn es um die individuelle und örtlich herrschende Belastung durch Feinstaub geht, hilft es allerdings wenig, sich Mittel- oder Durchschnittswerte für größere Gebiete und längere Zeiträume anzuschauen. Während der Wintermonate sind die Immissionen oft sehr hoch, teilweise verstärkt durch eine ungünstige Wetterlage.

Durch wenig Luftaustausch wie zuletzt im Februar oder März zeigte die offizielle App des UBA für Köln über Tage rot. Auch am Dienstag (25. März) ist die Luft sehr schlecht. Im Jahresmittel sind diese Abschnitte mit extremer Belastung dann aber nicht mehr zu erkennen. Dies trifft in besonderer Weise auf Kaminöfen zu, die im Sommer kaum betrieben werden, deren Rauchgase Winter aber regelmäßig über Stunden hinweg Wohngebiete verschmutzen.

Davon berichtet auch Achim Dittler vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dittler beschäftigt sich seit Jahren mit Gas-Partikel-Systemen und hat auch schon die Bundesregierung beraten. Er sprach mit Menschen, die auf dem Land abseits von Hauptverkehrsstraßen leben und die durch Kaminöfen in der Nachbarschaft von „akuten Symptomen einer leichten Rauchgasvergiftung“ berichten. Erkrankungen wie Asthma oder Pseudokrupp verschlimmern sich, wenn Holzofen-Rauchgase die Atemluft verschmutzen.

Hohe Schadstoffwerte in Wohngebieten in Stutensee und Bonn

Dittler und seine Mitarbeitenden führten mit eignungsgeprüfter Technik, wie sie auch von Behörden verwendet wird, Messungen in einem verkehrsberuhigten Neubaugebiet in Stutensee bei Karlsruhe durch. Die jüngsten Daten stammen aus dem Winter 2024/25. Es stellte sich heraus, dass die Atemluft vor allem abends und nachts durch Holzöfen oftmals um ein Vielfaches höher mit Schadstoffen verschmutzt ist als vormittags an einer Hauptverkehrsstraße. „Stutensee ist überall“, sagt Dittler im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Dies legten ebenfalls Messungen aus einem Wohngebiet in Bonn nahe, die ebenfalls mit eignungsgeprüfter Technik durchgeführt wurden, so Dittler. Die Werte hier zeigten dieselben Muster: In den Stunden, in denen Holzöfen betrieben werden, ist die Atemluft phasenweise um ein Vielfaches höher mit lungengängigen Schadstoffen belastet als in den Stunden ohne Holzofen-Betrieb.

Ditller weist ebenfalls darauf hin, dass die von Privatleuten wie dem Kölner Thomas Mücher durchgeführten Messungen „einen qualitativ sehr guten Anhaltspunkt“ auf die PM2,5-Werte ergeben würden, selbst wenn sie nicht mit eignungsgeprüfter Messtechnik ermittelt werden. Diese privaten Messstationen haben sich beispielweise in der „Sensor Community“ zusammengefunden. Hier gibt es nicht nur eine Anleitung zum Bau eines eigenen kostengünstigen Sensors, sondern es lässt sich auch die Karte des Netzwerks aufrufen. Für Köln sind zahlreiche Messstationen zu finden. Die Stadt Köln teilt auf Anfrage dazu allerdings mit, dass solche privaten Geräte „ungeeignet für ein fachgerechtes Ergebnis“ seien.

Sind Pelletöfen schadstoffärmer als Kaminöfen?

Für Holzöfen wurden zwar die Grenzwerte in den vergangenen Jahren verschärft, jedoch gibt es laut Experten eine große Diskrepanz zwischen den theoretisch angegebenen Werten und deren tatsächlichem Schadstoff-Ausstoß. Nur auf dem Prüfstand müssen bestimmte Normen eingehalten werden, der reale Betrieb hat in vielen Fällen wenig damit zu tun. Das Lanuv empfiehlt eine private Vor-Ort-Messung, um die Einhaltung der Grenzwerte zu bestätigen. Zuständig dafür sind die Schornsteinfeger. Jedoch sind diese Messungen anders als bei anderen Schadstoff-Verursachern nicht vorgeschrieben. Feinstaub-Experte Dittler sagt, er habe bereits neben neueren Öfen gestanden, die „gerußt hätten wie verrückt“.

Auch Pelletöfen sieht Dittler kritisch. Hier seien die Pellets zwar genormt, es sei insgesamt sauberer als ein Kaminofen. Allerdings stoßen Pelletheizungen viel gesundheitsschädlichen Ultrafeinstaub aus.

Grundsätzlich gilt zudem: Das Heizen mit Holz ist nicht so nachhaltig, wie es oft dargestellt wird, auch von Seiten der Politik. Sogar im Wahlprogramm der Union wird die Holzheizung als klimafreundlich propagiert und von Politikern wie dem CDU-Abgeordneten Thomas Bareiß immer wieder öffentlich beworben.

Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff, allerdings wächst dieser niemals in den Kapazitäten und in der Geschwindigkeit nach, wie er verbrannt wird. Nicht nur Umweltverbände, sondern auch das UBA schreiben daher: „Holzheizungen sind schlecht für die Gesundheit und helfen meist nicht beim Klimaschutz.“ Es sei klimafreundlicher, Holz zunächst in langlebigen Produkten zu nutzen, anstatt es unmittelbar zu verbrennen.

Beim Umweltministerium heißt es: „Die Holzverbrennung produziert neben Feinstaubemissionen auch CO2- und andere klimarelevante Emissionen wie Methan. Pro produzierter Wärmeeinheit sind die CO2-Emissionen sogar höher als bei fossilen Energieträgern wie Kohle oder Gas.“

Wird die Luft in Deutschland besser werden?

Perspektivisch könnte sich die Luftqualität in Deutschland verbessern, denn im vergangenen Jahr verschärfte die EU die Richtlinien für Luftschadstoffe. Die neuen EU-Grenzwerte für Feinstaub, die allerdings erst ab 2030 gelten werden, stellen laut Lanuv für „alle dicht besiedelten Regionen wie die Rhein-Ruhr-Metropolregion eine besondere Herausforderung“ dar. Weitere Maßnahmen würden dafür nötig sein. Welche genau dies sein werden, ist bislang offenbar unklar. Der Jahresmittelwert bei PM10 darf dann 20 Mikrometer pro Kubikmeter und bei PM2,5 10 Mikrometer pro Kubikmeter nicht mehr überschreiten.

Allerdings spiegeln diese in fünf Jahren geltenden Werte noch immer nicht die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgegeben Leitlinien wider, insbesondere bei PM2,5 ist die Diskrepanz eklatant. Die WHO empfiehlt einen PM2,5-Jahresmittelwert von maximal 5 µg/m³, also die Hälfte des dann in der EU geltenden Werts.