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Berühmt wider WillenKölner Autor bringt tragischen Romanhelden ins Dschungelcamp

Lesezeit 3 Minuten

Die ernsten Seiten eines Gagschreibers: Felix Scharlau.

Köln – Selber ins Dschungelcamp? Felix Scharlau winkt ab: „Ich habe eine wahnsinnige Schlangenphobie“. Der Hauptfigur seines Romans hat er allerdings keine Wahl gelassen. Im Buch heißt das Camp zwar „Grüne Hölle“, aber ansonsten sind die Ähnlichkeiten zur RTL-Show nur notdürftig verschleiert. Ein Haufen C-Prominenz lungert am Lagerfeuer herum, darunter auch Timo Tripke. So hat der Autor den Lehrer genannt, der der tragische Held seines Romans ist.

Doch Timo Tripke ist kein typischer C-Promi: Er ist berühmt wider Willen. Während andere hart für ihre Klicks arbeiten, wird er über Nacht zum Star. Ein Schüler hatte ihn gefilmt, wie er aus Versehen einen perfekten Kreis auf die Tafel gemalt hatte. Und das Ganze dann ins Netz gestellt.

Kölner Autor: Berühmtheit entwickelt gefährliche Eigendynamik

So nimmt Tripkes Schicksal als Internet-Berühmtheit seinen Lauf. Und diese Berühmtheit entwickelt eine gefährliche Eigendynamik. „Ich fand die Grundprämisse interessant, dass man diese 15 Minuten Ruhm mal umgedreht erzählt. Das war eigentlich die Ur-Idee zum Roman: Was ist mit jemandem, der überhaupt nicht berühmt werden will und es trotzdem wird?“, sagt Felix Scharlau. Was völlig absurd klingt, kursiert tatsächlich so im Netz: „Es gibt dieses Youtube-Video mit dem Kreis wirklich und es hat ein paar Millionen Klicks“.

Auf seinem Weg zum Ruhm muss Timo Tripke in die tiefsten Abgründe der Medienmaschinerie schauen. Als reine Medienschelte will der Autor den Roman dennoch nicht verstanden wissen: „Jeder kann es ablehnen, ins Dschungelcamp zu gehen. Manche müssen es vielleicht aus finanziellen Gründen mehr als andere – aber es ist ja jetzt nicht so als würde man da eingesperrt und vorher von RTL verhaftet.“

Felix Scharlau ist Hauptautor bei der ZDF heute-show Online

Felix Scharlau arbeitet als Hauptautor bei der ZDF heute-show Online und ist also selbst Teil des Systems, über das er schreibt. Und auch als ehemaliger Redakteur des Musikmagazins Intro hat er die Mechanismen des Ruhms miterlebt.

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So düster-grotesk es in seinem Buch auch zugeht – er sieht auch die guten Seiten des digitalen Zeitgeistes. „Es ist egal, ob du bei DSDS der Idiot bist, der durchgeschleift wird, weil er so lustig ist. Oder ob du wirklich toll singen kannst. Am Ende des Tages werden beide ähnlich behandelt und haben ähnliche Chancen. Das ist auch eine Art Demokratisierung von Ruhm.“

Auf Felix Scharlaus Webseite steht „Gagschreiber“ als erstes in der langen Liste seiner beruflichen Tätigkeiten. Kein Wunder also, dass die Pointen auch in seinem Roman sitzen. Und dass er seine Lesungen gerne so unterhaltsam wie möglich gestaltet und auch Videos oder sogar Musiker mitbringt: „Ich hasse es, wenn jemand sich hinsetzt und dann anderthalb Stunden nicht mehr vom Buch aufschaut“.

Lesung: Am Freitag stellt Felix Scharlau um 20 Uhr seinen Roman „Du bist es vielleicht“ im King Georg vor. Mit Benedikt Filleböck am Klavier.