Köln – „Im ersten Moment dachte ich an ein Attentat“, sagt ein 40-jähriger Sportfotograf über den verheerenden Böllerwurf eines Zuschauers beim Fußball-Bundesliga-Derby des 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach im September 2019. Der verbotene Sprengkörper mit Namen „Gorilla Bomb“ war vor der Südkurve genau vor seinen Füßen explodiert, so der Zeuge vor dem Landgericht.
Fotograf war bei Terroranschlag in Paris im Stade de France
Sofort seien die Bilder der Terroranschläge in Paris am 13. November 2015 wieder hochgekommen, der Fotograf war damals beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Gastgeber Frankreich im Stade de France anwesend und hatte im Stadion die Druckwelle der Bombenexplosion eines Selbstmordattentäters am Eingangsbereich des Stadions gespürt.
Vergeblich hatte der Fotograf im Nachhinein versucht, den 1. FC Köln für ein beschädigtes Kameraobjektiv in Regress zu nehmen, sagte der Anwalt des Geschädigten. Der Jurist aus Düsseldorf hatte dem Klub unterstellt, dass dessen Security angeblich systematisch ein Auge zudrücke, wenn Besucher verbotene Gegenstände wie Böller ins Stadion schmuggelten.
22 Personen erlitten Knalltrauma und Hörverluste
Der Angeklagte, ein arbeitsloser Gebäudereiniger, hatte zum Prozessauftakt zugegeben, den sogenannten „Polenböller“ in den Bereich zwischen Tribüne und Spielfeld geworfen zu haben. 22 Personen, die meisten von ihnen Ordner und Journalisten, mussten danach in der Klinik behandelt werden, sie erlitten etwa ein Knalltrauma, vorübergehenden Hörverlust, Schwindel und Kopfschmerzen.
Nur zufällig will der beschuldigte 35-Jährige den Sprengsatz erhalten haben. Hatte er dem Richter zunächst weismachen wollen, die „Gorilla Bomb“ auf einer Stadiontoilette gefunden zu haben, rückte er auf Nachfrage wieder davon ab und meinte, ein Bekannter habe ihm den Böller im FC-Stadion zugeschoben. Der Sprengkraft sei er sich nicht bewusst gewesen.
Richter zweifelt Aussagen des Angeklagten an
Richter Benjamin Roellenbleck zweifelte an der Aussage, zumal bei einer Wohnungsdurchsuchung Bengalos und Rauchbomben beim Beschuldigten gefunden worden seien. „Das war für eine türkische Hochzeitsfeier gedacht“ und nicht etwa für den Einsatz im Stadion, meinte der Angeklagte.
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Wenig überzeugend bewertete der Vorsitzende Richter auch die Angaben des Angeklagten zu dessen angeblicher Drogensucht, was grundsätzlich zu einer verminderten Schuldfähigkeit und geringeren Strafe führen kann. Ein Gramm Kokain habe er zuvor konsumiert. 40 Euro habe er dafür beim Dealer bezahlt; das sei aber günstig, meinte Roellenbleck.
„Das war eine riesendumme Aktion“, hatte der Böllerwerfer über den Vorfall gesagt; auf das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion stehen mindestens zwei Jahre Haft. Der Prozess wird fortgesetzt.