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„Kokolores ist kein Beweis“Kölner Richter weist Oberstaatsanwalt aus Aachen zurecht

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Der Kölner Richter Ralph Ernst sprach das Urteil, rechts der Aachener Oberstaatsanwalt Lutz Dirksen.

Köln – Das Landgericht hat einen Oberstaatsanwalt im Ruhestand vom Vorwurf der Rechtsbeugung freigesprochen. Richter Ralph Ernst sah keine strafbare Handlung, sondern eine strukturelle Überlastung in der Behörde. In der Urteilsbegründung zerpflückte Ernst das Plädoyer des Aachener Oberstaatsanwalts Lutz Dirksen, der für seinen ehemaligen Kollegen eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung gefordert hatte. Damit hätte der Angeklagte auch seine Pensionsansprüche verloren.

Kölner Oberstaatsanwalt wurde Rechtsbeugung vorgeworfen

Gegenstand der Anklage gegen den inzwischen 70-jährigen Kölner Oberstaatsanwalt im Ruhestand waren vier Strafverfahren, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht nur fehlerhaft geführt, sondern auch mit krimineller Energie eingestellt worden seien. In seinem Schlussvortrag am Mittwoch sagte Oberstaatsanwalt Dirksen, dass in zumindest drei Fällen um Betrug und üble Nachrede daher Verjährung eingetreten sei, mögliche Täter also nicht zur Rechenschaft gezogen worden sind.

Der Aachener Dirksen, der aus Neutralitätsgründen die Ermittlungen gegen den Kölner Kollegen geführt hatte, warf diesem vor, die Strafsachen auch „aus Hilflosigkeit und Unvermögen“ immer wieder von sich weggeschoben zu haben. „Er hat sich mit den Akten nie sachlich auseinandergesetzt, es gab keine Notizen, keine Erinnerungsvermerke“, so Dirksen. Als Praktiker habe er den Eindruck, dass diese Akten dem Angeklagten lästig waren, „da hatte man keine Zeit und keine Lust drauf“.

Kölner Richter reagiert auf „Kokolores“-Spruch

Der Aachener Oberstaatsanwalt sprach von Scheinverfügungen und Manipulationen in der Akte, um bestehende Kontrollmechanismen der Behördenleitung zu umgehen. „Der Staatsanwalt ist kein unabhängiger Richter, er ist in ein strenges hierarchisches System eingebettet. Wir sind bessere Verwaltungsmitarbeiter, das muss man so sagen“, führte Dirksen aus. Er und seine Kollegen in Aachen müssten sich rechtfertigen und „die Hosen runterlassen“, wenn eine Akte liegen bliebe.

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Lutz Dirksen nannte jene Einlassung des Angeklagten „Kokolores“, dass vielleicht auch ein Zahlendreher einer Sekretärin zu einer verfrühten Verfahrenseinstellung geführt habe. Sowas müsse ja auffallen. „Ich kann Sie nur beglückwünschen, wenn das bei Ihnen in 30 Jahren in der Behörde noch nicht vorgekommen ist“, entgegnete Richter Ralph Ernst dieser Ausführung des Aachener Staatsanwalts. In Köln käme sowas durchaus vor, „denn Fehler machen wir doch alle“.

Doch bei der Rechtsbeugung gehe es ja gerade nicht um Fehler, langsames oder schlechtes Arbeiten. Sondern darum, dass der Richter oder Staatsanwalt bewusst elementar gegen das Recht verstoße und eigene Maßstäbe ansetze. Und das sei in diesem Fall überhaupt nicht gegeben, so der Richter. Es gebe keinerlei Beweise dafür, dass der Angeklagte die Akten manipuliert habe. „Und da ändert sich auch nichts dran, wenn Sie das Kokolores nennen“, sagte Richter Ernst zum Aachener Staatsanwalt.

Immense Überlastung bei der Kölner Staatsanwaltschaft

Dazu käme die immense Überlastung des Angeklagten bis zu seiner Pensionierung 2016. Trotz angeschlagener Gesundheit habe dieser zeitweise ein doppeltes Arbeitspensum absolviert. Selbst der heutige Behördenleiter Joachim Roth habe damals schriftlich bemängelt, dass viele aufgelaufene Rückstände bei Strafverfahren dazu führten, „dass eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Bearbeitung nicht zu erwarten ist.“ Es handelte sich somit um ein strukturelles Problem.

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„Das waren Berge von Akten und ich habe meine Arbeit so gut bewältigt, wie ich das konnte“, hatte der angeklagte Oberstaatsanwalt im Ruhestand im sogenannten letzten Wort erklärt. Er habe aber bestimmt 99 Prozent seiner Fälle völlig ordnungsgemäß abgewickelt. Verteidiger Jürgen Sauren unterstellte dem Aachener Ankläger in seinem Plädoyer sogar Böswilligkeit. Dieser habe laut Sauren versucht, „hier das Auge meines Mandanten auszuhacken, wie eine Krähe“.