Hunderte Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst zog es am Montagvormittag zum Alter Markt. Die Gewerkschaft Verdi hatte zum Streik aufgerufen.
Demo der Streikenden in KölnWarum das Arbeitgeber-Angebot für Verdi „ein Witz“ ist
Die meisten Kölnerinnen und Kölner haben es am Montag (27. Februar) zu spüren bekommen, dass die Stadt in vielerlei Hinsicht stillsteht. Die Beschäftigten der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) sind seit 3 Uhr morgens im Streik – und die Berufspendler mussten umplanen.
Doch nicht nur bei der KVB wird gestreikt. Die Gewerkschaft Verdi hat für Montag die Tarifbeschäftigten, Auszubildenden, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende des öffentlichen Dienstes der Stadt Köln zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen.
Die Dimension des Streiks wird besonders am sonnigen Montagvormittag auf dem Alter Markt deutlich. Vor einer Bühne am Fuße des Rathauses versammelten sich Hunderte Streikende gegen 11.30 Uhr zu einer gemeinsamen Kundgebung.
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Alter Markt Köln: Beschäftigte aus vielen Betrieben vor Ort
Lang ist die Liste der Betriebe, in denen an diesem Tag gestreikt wird. Mehrfach nennt die Moderatorin Britta Munkler, stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin von Verdi Köln-Bonn-Leverkusen, neue Betriebe, die sie zuvor vergessen hat.
Es streiken – unter anderem – Arbeitnehmende der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB), der Rhein-Energie, des Köln-Bonner Flughafens, der Stadtverwaltung, außerdem Personal der städtischen Kitas und Kliniken. Die Streikenden jubeln, wenn ihr Betrieb genannt wird.
Verdi will mit den Streiks Druck auf die Arbeitgeber erzeugen. Sie hatten in einer zweiten Verhandlungsrunde ein nach Ansicht der Gewerkschaft unzureichendes Angebot vorgelegt. Danach soll es ein Inflationsausgleichsgeld sowie eine Lohnerhöhung von drei Prozent Ende 2023 und zwei Prozent Mitte 2024 bei einer Laufzeit von 27 Monaten geben.
KVB-Betriebsrat: „Wer spricht denn über die Belastungen im öffentlichen Dienst?“
Marco Steinborn, der Betriebsratsvorsitzende der KVB, sagt: „Wer so ein Angebot vorlegt, muss damit rechnen, dass es mit Streiks beantwortet wird.“ Steinborn ärgert sich besonders über eine Aussage von Karin Welge, der Präsidentin der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Nach dem Angebot würden sich weitere Streiks verbieten, habe Welge gesagt, um weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden.
Steinborn dazu: „Wer spricht denn über die Belastungen im öffentlichen Dienst?“ Die Beschäftigten, etwa in den Krankenhäusern oder im öffentlichen Nahverkehr, seien die „Sperrspitze für eine gute Daseinsvorsorge in allen Städten und Kommunen“. Dafür bekommt er von den Streikenden viel Applaus. Es solle ein Angebot gemacht werden, das der Arbeit in Zeiten der Inflation gerecht wird.
Verdi fordert von Bund und Kommunen eine Steigerung der monatlichen Entgelte um 10,5 Prozent, mindestens aber um 500 Euro im Monat. Auszubildende, Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen 200 Euro mehr im Monat erhalten. Beides bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Außerdem sollen Auszubildende nach einer erfolgreichen Ausbildung unbefristet übernommen werden.
Verdi: Inflation mache keine Unterschiede
Auf die letzten Punkte legen Betül und Florian besonders viel wert. Sie engagieren sich bei Verdi, waren selbst bis vor Kurzem Auszubildende im öffentlichen Dienst. „Mit weniger Gehalt ist es schon schwer genug über die Runden zu kommen, die Inflation macht aber keine Unterschiede“, sagt Florian. Das einmalige Inflationsausgleichsgeld, das die Arbeitgeber vorgeschlagen haben, sei deshalb unzureichend.
Betül ergänzt, dass es auch wegen der hohen Mieten in Köln und Umgebung eine langfristige Erhöhung der Gehälter geben müsse. Die vorgeschlagene Erhöhung der Arbeitgeber sei „ein Witz“. Die Arbeitgeber würden sich zudem gegen eine Übernahmegarantie sperren, weil es oft genug Personal in den Betrieben gebe. Das ist für Betül angesichts des Fachkräftemangel „nicht nur eine Ausrede, sondern frech“.
Die dritte Runde der Tarifverhandlungen soll vom 27. bis 29. März stattfinden.