- Gegen einen 33-Jährigen wird seit Juni wegen Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von vier Kindern ermittelt.
- Der Mann arbeitete in drei Kitas in Lindenthal, Riehl und Junkersdorf
- Noch in diesem Jahr könnte es eine Anklage geben.
Köln – Unter „Erfahrungen und Kompetenzen“ listet Jörg S. (Name geändert) in seinem frei zugänglichen Lebenslauf im Internet so allerlei auf: Praktikum in einer medizinischen Praxis, Praktikum bei einer Wochenzeitung, Programmierkenntnisse, Führerschein Klasse B, Sprachkenntnisse in Latein sowie Interesse an Fotografie, Büchern, Tauchen und Wintersport. Nirgends ein Hinweis darauf, dass der 33-Jährige Erfahrungen oder eine Ausbildung in der Betreuung von Kindern gehabt hätte.
Dennoch erhielt der Mediendesigner Mitte Juli 2021 eine Anstellung als geringfügig beschäftigter Betreuer beim bundesweit tätigen Kita-Träger pme aus Berlin. S. wurde fortan in drei Kitas in Lindenthal, Riehl und Junkersdorf als Springer eingesetzt.
Vor seiner Einstellung habe er unter anderem ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge vorgelegt, teilte pme im Juni dieses Jahr mit – da war gerade bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von vier Kindern gegen den 33-Jährigen ermittelt.
Seitdem sitzt der selbständige Designer in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft wertet die Beweismittel aus. Möglicherweise noch dieses Jahr soll es eine Anklage geben. Die Ermittler gingen schon früh davon aus, dass Jörg S. mehr als vier Kinder missbraucht haben könnte. Eines soll behindert gewesen sein. Mindestens ein Fall soll sich in einer Betreuungseinrichtung von pme ereignet haben, die übrigen im Privaten. S. soll als Babysitter gearbeitet und offenbar auch auf diese Weise Opfer gefunden haben. Auf seine Spur kam die Polizei durch die Anzeige einer Mutter, deren vierjährige Tochter S. missbraucht haben soll.
Polizei durchsuchte Wohnung des Kölners tagelang
Gleich mehrfach hatte die Staatsanwaltschaft nach seiner Verhaftung akribisch die Wohnung des Kölners in einem ruhigen Viertel in Zollstock durchsuchen lassen, zuletzt im Juli. Inzwischen seien die Durchsuchungen und die Beweissicherung abgeschlossen, teilte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer mit. Die Polizei stellte insgesamt 280 Datenträger mit Fotos und Videos sicher. „Ungefähr drei Viertel sind bisher ausgewertet worden“, sagte Bremer.
Das könnte Sie auch interessieren:
Auch pme hat inzwischen Konsequenzen gezogen. Man sei „zutiefst bestürzt“ über die Anschuldigungen gegen den eigenen Mitarbeiter. In den vergangenen Wochen seien interne Prozesse und Standards überprüft und ein neues Konzept zur Prävention von sexuellem Missbrauch und zur kindlichen Sexualpädagogik erarbeitet worden, heißt es in einer Mitteilung. In den hausinternen Fortbildungen im kommenden Jahr spielten diese Themen eine zentrale Rolle.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Jörg S. seien externe Beratungsstellen eingebunden worden, man habe eng mit der Polizei und den möglicherweise betroffenen Eltern zusammengearbeitet, teilte pme mit. Auch bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebe es nun erweiterte Kriterien. Man werde künftig vor einer Einstellung „noch genauer“ hinschauen als man das ohnehin schon getan habe, sagte ein Sprecher.