Kölner Detektiv„Viele haben völlig falsche Vorstellungen von unserer Arbeit“

Lothar Wenzel beim Kakao
Copyright: Hengesbach
- Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
- Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Diesmal ist Detektiv Lothar Wenzel ihrer Einladung gefolgt.
- Der Kölner ermittelt seit 40 Jahren und spricht mit unserer Autorin über spektakuläre und schmerzhafte Fälle.
Köln – Früher, sagt mein heutiger Gesprächspartner, sei zwar nicht alles besser, „aber vieles leichter“ gewesen. Trotzdem kommen ihm ein paar neuere Errungenschaften sehr entgegen: Der Mitnahme-Kaffee im Becher, das Navi fürs Auto und vor allem die Standheizung. In seinen Anfangsjahren, erzählt er, habe er sich „aus Teelichtern was gebastelt“, um zu verhindern, dass beim endlosen Sitzen im stehenden Fahrzeug die Kälte langsam von den Zehen übers Schienbein in die Knie kroch.
Damals, das war vor 40 Jahren, als sich im Kofferraum die Falk-Stadtpläne stapelten und immer eine Tasche mit Wechselkleidung lag. Falls ihn ein Auftrag unvorhergesehen dazu zwang, ein Spielkasino aufzusuchen. Oder irgendwo den Handwerker zu mimen, der er nicht war. Heute, mit 68 Jahren, würde er allerdings auch nicht mehr so waghalsige Aufträge annehmen, wie den vor etlichen Jahren, als er eine Frau beschatten sollte, die sich dummerweise nicht im Auto oder zu Fuß, sondern hauptsächlich auf Inline-Skates fortbewegte. „Das ist mit einigen Stürzen abgelaufen“, sagt mein Gegenüber grinsend.
Ein Kern Wahrheit am Klischee
Wir sitzen auf der Lindenstraße am Café Fleur, wo Lothar Wenzel öfter einen Kaffee oder Kakao trinkt, weil seine Detektei nur wenige Schritte entfernt liegt. Nachdem ich erfahren habe, womit sich der Kölner beruflich beschäftigt, möchte ich als erstes wissen, ob mein Bild von dem einsamen, Kette rauchenden Mann, der viele Stunden in einem von Fastfood-Verpackungen halb zugemüllten Auto sitzt und observiert, mit seiner Realität halbwegs deckungsgleich sei. „Ist ein Kern Wahrheit dran“, gibt Wenzel zu, der selber aber nur noch wenig rausfährt. Das machen seine Mitarbeiter. Aber er hat früher reichlich Arbeitsstunden auf beiden Pobacken abgesessen.
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Wenzel ist, wie sich herausstellt, kein ehemaliger Polizist, wie manch ein Kollege, sondern kam völlig zufällig zu seinem Beruf, als er seinerzeit während seines Jurastudiums einen Studentenjob suchte und beim Wälzen des Branchenbuchs auf die Detektei Silbach stieß.
Man lud ihn ein vorbeizukommen, und schneller als er dachte, hatte Wenzel seinen ersten Auftrag. Er sollte einen Arzt von der Uniklinik beschatten, der möglicherweise ein Fisternöllchen mit einer Patientin unterhielt. Wenzel lacht, wenn er daran denkt, wie er im alten, Tüv-fälligen Citroen seiner Mutter versuchte, mit dem schnittigen Alfa des Mediziners bei der Verfolgung Schritt zu halten. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Er gibt auch zu, dass er früher ab und zu nicht ganz koschere Tricks einsetzte, um zum Ziel zu gelangen. Beispielsweise, indem er einen Firmen-Pförtner aus der Telefonzelle anrief und aufgeregt meldete: „Bei Gebäude vier brennt ein Container!“
Datenschutz hemmt die Branche
Heutzutage arbeitet der 68-Jährige „überwiegend für große Rechtsanwaltskanzleien“. „Was sind das dann für Aufträge?“, frage ich. „Zum Beispiel die Überwachung von Arbeitnehmern, die Arbeitsunfähigkeit vortäuschen“, antwortet der Mann, der im Jahr 1986 einen spektakulären Job erledigte, indem er half, die aus der Kirche St. Ursula geraubten Preziosen wiederzubeschaffen.
Inzwischen, sagt Wenzel, besteht seine Arbeit überwiegend aus Recherche am Schreibtisch. „Früher war es viel einfacher, an Information zu kommen. Da hatte man seine Bekannten bei der bei der Stadt. Der Datenschutz hemmt unsere Branche enorm. Deshalb sagen wir auch: Datenschutz ist Täterschutz.“
In Sachen beruflicher Nachwuchs muss sich der Kölner übrigens keine Sorgen machen. „Wir erhalten permanent Bewerbungen. Aber die meisten haben aufgrund von Detektivserien im Fernsehen wie »Die Trovatos« völlig falsche Vorstellungen von unserer Arbeit.“