Es war ein Bilderbuchsonntag für die Läuferinnen und Läufer in Köln. Nächstes Jahr will Renndirektor Markus Frisch Läufer verpflichten, die den Streckenrekord aus dem Jahr 2012 knacken können.
Geschichten vom Köln-MarathonSo schnell laufen, dass das Kölsch noch schmeckt
Es ist fast schon kitschig, dass am frühen Marathon-Sonntag am Dom die Sonne aufgeht, ein frischer Wind über die Domplatte weht und die Ameisenstraße tausender Läuferinnen und Läufer durcheinanderbringt, die sich von der Kleiderbeutel-Abgabe an der Burgmauer über die Hohenzollernbrücke zum Halbmarathon-Frühstart am Deutzer Bahnhof bewegt. Die einen wollen die Sonne genießen, die anderen nicht auskühlen und laufen deshalb schon den ersten Vor-Kilometer.
Das sind Stimmungsmomente, die die Organisatoren des Köln-Marathon nicht auf ihr Konto buchen können, aber dem Lauf, der grundsätzlich eine Woche nach dem Berlin-Marathon stattfindet, den Ruf des stimmungsvollsten in Deutschland eingebracht haben, auch wenn er von seiner sportlichen Bedeutung im Vergleich zur Hauptstadt eben doch der 1. FC Köln und nicht der FC Bayern ist.
Spürbar anders eben. Dass die Stadt am Marathon-Morgen schon wieder mal so golden herbstlich glitzert, ist dem Pressesprecher fast schon peinlich. „Ich weiß auch nicht, warum wir immer so ein Glück haben“, sagt Jan Broniecki.
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Köln-Marathon: Ältester Teilnehmer ist 84 Jahre
Spürbar anders auch wieder mal am Sonntag. Wohl nur in Köln wird es möglich, dass Waldemar Kling, mit seinen mit 84 Jahren ältester Teilnehmer, bei seinem Zieleinlauf des Halbmarathons die gleiche Aufmerksamkeit erfährt, den gleichen Jubel wie Marathonsieger Demeke Tadesse aus Äthiopien genießen darf.
Und warum? Weil beide im Abstand von weniger als einer Minute ins Ziel einlaufen können. Demeke nach 2:12:37 Stunden, Waldemar nach 3:22:06 Stunden, was ihn im Gesamtklassement des Halbmarathon auf Platz 7913 bei den Männern katapultiert. In Köln laufen die Letzten des Halbmarathon auf dem gleichen roten Teppich mit den ersten ins Ziel. Nach dem Motto: Auch die Letzten dürfen die Ersten sein.
Während Demeke im Zelt nach dem Ziel noch mit vier vollen Wasserflaschen kämpft, damit er die Dopingkontrolle im benachbarten Hotel erfolgreich über die Bühne bringen kann, verrät Waldemar, Läufer seit 40 Jahren und am Sonntag in Begleitung seiner Enkelin unterwegs, freimütig sein Erfolgsrezept. „Laufe nur so schnell, dass danach das erste Kölsch noch schmeckt.“
Köln-Marathon: Hasen machen zu früh schlapp
Überhaupt ist Kölsch einer der Schmierstoffe des Marathons. Nicht nur, dass die Starter in der Königsdisziplin jedes Jahr ein Marathon-Kölschglas unaufgefordert in ihrem Startbeutel finden. Nein. Das Kölsch ist – in Maßen – immer dabei. Wie bei Tobias Lindemann (33) und Sebastian Pennings (32), die vorab eigens ausgerechnet haben, dass sie bei ihrer Halbmarathon-Premiere in ihrer Altersklasse Ü 30 pro Nase 1900 Kalorien verbrennen werden und sich dafür exakt 24 Kölsch genehmigen können. Das steht auf dem Rücken ihrer Laufshirts, die sie eigens für ihren ersten Lauf über 21 Kilometer produziert haben. „Die Stimmung war der Wahnsinn, die haben uns so getragen, die Leute, mit den Schildern und den Zurufen, und die Musik. Der Plan für den Restsonntag steht: drei Kneipen mit jeweils acht Kölsch.
Dann wäre da noch Lore, der mit einer Kölsch-Flasche in der Hand locker ins Ziel läuft. Lore, so steht es auf der Startnummer, heißt eigentlich Matthias und ist völlig unvorbereitet eingesprungen. 21 Kilometer mit einer „entliehenen“ Startnummer. Das Kölsch hat ihm ein Kumpel auf der Hohe Straße rund 600 Meter vor dem Ziel zugesteckt. Als Anerkennung für seinen heroischen Einsatz.
Das mit der Nummern-Weitergabe und einem Kölsch in der Hand während des Laufs sehen die Veranstalter gar nicht gern – und Matthias wird an diesem Sonntag auch die Ausnahme bleiben. Im nächsten Jahr sollen Umbuchungen selbst in letzter Minute möglich sein. Weil sich selbst in Köln immer noch etwas verbessern lässt.
Und dann wären da noch die Kavaliere. Kavaliere wie Kevin Kranz und Michael Wiegerling, die während der 42,195 Kilometer einfach einspringen, weil die Hasen, die der späteren Siegerin Zinash Mekonnen aus Äthiopien eigentlich das Tempo vorgeben sollen, viel zu früh schlappmachen. Mekonnens Siegerzeit von 2:29:41 Stunden sind wie bei den Männern leider auch kein Streckenrekord und die Kavaliere geben gerne zu, dass sie nicht ganz uneigennützig gehandelt haben. „Wir sind lange im Windschatten gelaufen und haben natürlich davon profitiert“, sagt Kranz.
Profitieren wird auch der Köln-Marathon von dieser 26. Auflage. Wenn sich das über Social Media in der Generation der 20 bis 30-Jährigen weiter rumspricht, dass es einfach cool ist, in Köln zu laufen und nur die Hälfte derer, die voller Adrenalin im Ziel Stein und Bein schwören, im nächsten Jahr wiederzukommen und schneller zu laufen, müssen sie sich keine Sorgen machen. Dann dürfte der Anmelderekord von mehr als 30.000 erneut geknackt werden.
Höchstens Gedanken über die Frage, wie man die alle am Ottoplatz in Deutz unterkriegt. Diesmal hat für den Halbmarathon der neue fünfte Startblock im Auenweg gerade so gereicht. Und ob die Sonne auch wieder scheint. Dass der Dom noch steht, ist ja ist sehr wahrscheinlich. Nur die Ameisenstraße über die Hohenzollernbrücke, die dürfte noch länger werden.
Wohl auch deshalb ist Markus Frisch, Geschäftsführer der Kölner Ausdauersport GmbH, am Sonntag im Ziel sehr entspannt. Jede Ameise bringt mehr Geld in die Kasse. Einen Teil davon will Frisch darauf verwenden, in den Spitzensport zu investieren. In Läuferinnen und Läufer, die zur erweiterten Weltspitze gehören, damit die verdammten Uralt-Streckenrekorde endlich mal geknackt werden.
Gelaufen im Jahr 2012 und dass, obwohl der damals der Führende 500 Meter vor dem Ziel mit rund zehn Sekunden Vorsprung falsch abgebogen und nur Zweiter geworden war. Köln war eben immer schon sehr speziell. Im selben Jahr wurde auch der Rekord der Frauen mit 2:25:35 aufgestellt.
Kann er alles machen, der Markus Frisch. Hauptsache, der Köln-Marathon bleibt, was er ist, selbst wenn er wieder in die Top-Liga der europäischen Marathonläufe aufsteigen sollte. Bayern München braucht in Köln keiner.