Den neuen Versorgungsbericht von „CoRe-Net“ hat die PMV-Forschungsgruppe am Montag in der Uniklinik Köln vorgestellt.
Ergebnisse aus Forschung und PraxisMehr Kölner Kinder und Jugendliche leiden unter psychischen Problemen
Psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen im Kölner Raum nehmen deutlich zu, gerade in Folge der Corona-Pandemie. Dem größeren Behandlungsbedarf wird das Angebot der Versorgung jedoch nicht gerecht. Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht „Mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den Corona-Jahren 2020/2021 im Vergleich zum Vorzeitraum“.
Es ist der dritte Versorgungsbericht von „CoRe-Net“, des Kölner Kompetenznetzwerks aus Praxis und Forschung. Am Montag ist das Papier von der PMV-Forschungsgruppe, in der Wissenschaftler interdisziplinär zusammenarbeiten, und der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Köln vorgestellt worden.
„Vorsicht vor der Dunkelziffer“ auch in Köln
Der Bericht hält fest, dass durch Corona sowohl neue Probleme entstanden als auch bestehende schlimmer geworden sind. Adriana Poppe, Wissenschaftlerin der PMV-Forschungsgruppe, sprach von drei Trends, die aus den Daten erkennbar seien. Zum einen habe die Häufigkeit bestimmter psychischer Erkrankungen, beispielsweise Essstörungen bei Mädchen, unter Corona zugenommen.
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Zweitens scheine es, dass andere Störungen seltener auftreten, doch „wir vermuten, dass sie zwar vorhanden sind, aber nicht festgestellt und versorgt werden konnten“; mithin sei „Vorsicht vor der Dunkelziffer“ geboten. Zum Dritten würden sich Trends wie das häufigere Auftreten von Sprachentwicklungsstörungen bei Jungen „ungebrochen fortsetzen“.
Zusammenarbeit der Kliniken in Köln muss vertieft werden
In den Bericht flossen nicht nur Abrechnungsdaten von vier großen Krankenkassen ein, die etwa die Hälfte der Kölner Bevölkerung abdecken, sondern auch Interviews mit Fachkräften. Fünf an der Klinik tätige und acht niedergelassene Therapeuten schilderten, welche Auswirkungen die Pandemie auf ihren Arbeitsalltag hatte und wie sie mit den Herausforderungen umgegangen sind.
Stellvertretend für viele sagte eine Fachkraft, die Wartezeiten seien länger geworden. Die Anzahl der behandelten Patienten habe sich nicht geändert, „weil wir schon immer voll waren“. Der Bericht zeigt auch auf, dass die Stadtgebiete unterschiedlich gut versorgt sind. So schneiden Chorweiler und das Rechtsrheinische schlechter ab als die Innenstadt und Lindenthal.
Stephan Bender, Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Köln, weist darauf hin, dass die in der Corona-Zeit entstandenen Probleme nicht verschwunden seien: „Wir stehen vor einer Herausforderung für die nächsten Jahre.“ Es gelte, die „gute Ideen, die wir während der Pandemie umgesetzt haben, jetzt zu verstetigen“. Vor allem müssten sämtliche Einrichtungen in Köln, die sich um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen kümmern, ihre bestehende Zusammenarbeit vertiefen. Das ist nur eine von mehreren Handlungsempfehlungen, die sich in dem Bericht finden.
Forderungen und Pläne für die Zukunft in Köln
Auf dessen Vorstellung folgte eine Podiumsdiskussion zur Frage, wie es in Köln weitergehen sollte. Fachkräfte aus der Versorgung, Vertreter von Krankenkassen und des Vereins „Gesundheitsregion Köln/Bonn“ nahmen teil. Auch eine Betroffene war dabei. Es sei schon immer schwer gewesen, einen Psychotherapieplatz zu finden, doch während der Pandemie habe sich die Situation zugespitzt, ist ihre Erfahrung.
Wiederholt wurde in der Runde der Wunsch laut, der Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlung müsse verbessert werden. Miriam Mauss von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein hat beobachtet, dass die Gruppentherapie einen geringen Anteil an den Therapieangeboten hat. Dabei biete diese Form mit der ihr eigenen Dynamik viele Vorteile.
Im vorigen Sommer hat die KV ein niedrigschwelliges therapeutisches Gruppenangebot für Heranwachsende auf den Weg gebracht, das dazu dient, dass sich Belastungen aus der Corona-Zeit nicht zu ernsthaften Erkrankungen auswachsen. Das Projekt ist bis Ende dieses Jahres verlängert worden.
Das Netzwerk „CoRe-Net“, das vom Bund gefördert wird, will die medizinische und soziale Versorgung der Kölner Bevölkerung verbessern. Teil seiner Arbeit ist die Erstellung von Versorgungsberichten, die politischen Entscheidungsträger, Versorgern und allen anderen Interessierten wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln sollen. Die beiden vorangegangenen Berichte hatten die Versorgung von Menschen in ihrem letzten Lebensjahr beziehungsweise von Patienten und Patientinnen mit koronarer Herzerkrankung und psychischer Begleiterkrankung zum Thema.