Köln – Im Strafverfahren um einen vergifteten Mediziner (82) aus dem Kölner Westen könnten auch drei Kinderserien vom bekannten Streaming-Anbieter Netflix eine wichtige Rolle spielen. Die soll die kleine Tochter der beschuldigten Immobilienmaklerin geschaut haben – während ihre Mutter laut Anklage versucht haben soll, den Großvater in dessen Villa mit einer Überdosis Insulin zu töten.
Köln: Tochter soll Kinderserien bei Netflix geschaut haben
Die 42-Jährige hatte ihren Schwiegervater an einem Sonntag im Juli 2020 zusammen mit der damals fünfjährigen Tochter besucht. Um 16.30 Uhr, so berichtete der Vorsitzende Richter Peters Koerfers, soll auf dem iPhone 11 der Angeklagten der Streaming-Dienst gestartet worden sein, es lief die Kinderserie „Ben & Hollys kleines Königreich: Ein Tag voller Streiche / Des Königs neue Kleider“.
Die Doppelfolge hat eine Länge von 21 Minuten. Direkt danach sei über Netflix die Serie „Chips und Toffel“ abgespielt worden und zwar die Doppelfolge „Chips verirrt sich / Chips wäscht sein Auto“ (Länge: 23 Minuten). Bis 17.54 Uhr sollen an dem Tag dann noch drei Folgen der ebenfalls bei Kindern sehr beliebten Serie „Kleine Prinzessin“ auf dem Handy abgespielt worden sein.
Grundschülerin gilt als einzige mögliche Tatzeugin
Die Angeklagte hatte geäußert, dass ihre Tochter erst auf der Rückfahrt nach Hause ins Handy geguckt habe. Die Auswertung der Ermittler ergibt ein anderes Bild, beim Beginn des Netflix-Konsums sei das iPhone noch am Tatort eingeloggt gewesen. Das Kind könnte demnach abgelenkt gewesen sein und eine mutmaßliche Tat ihrer Mutter gar nicht mitbekommen haben.
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Der Netflix-Aspekt erscheint deshalb so interessant, als die Tochter der Angeklagten als einzige mögliche Tatzeugin gilt. Die Verteidiger Jürgen Graf und Frank Seebode kritisieren, dass das Kind nie von der Polizei vernommen worden sei. „Wir haben doch nur Muffins gegessen“, soll das Kind erst kürzlich geäußert haben, so hatte es der Vater des Mädchens im Zeugenstand berichtet.
Mädchen befindet sich in Interessenkonflikt
Derzeit wird von den Behörden geprüft, ob die heute Sechsjährige doch noch im laufenden Verfahren aussagen soll, dann vor Richter Koerfers im Zeugenstand des Landgerichts. Das Kind steht in einem Interessenskonflikt, als Tochter der Angeklagten hätte es ein Zeugnisverweigerungsrecht. Die Grundschülerin könnte ihre Mutter mit einer Aussage entlasten – gleichzeitig aber auch belasten.
Die Angeklagte bestreitet die Vorwürfe vehement, die Verteidigung brachte einen möglichen Selbstmordversuch des Arztes ins Spiel. Der Senior hatte die Insulin-Überdosis nur knapp überlebt, ist jetzt ein Pflegefall. Ein Urteil in dem Fall ist bisher nicht in Sicht, erwartet wird dies nach bisherigem Stand frühestens im April. Vorsorglich sondierte der Richter bereits Termine bis August.