Köln – Ein Ehepaar besucht seine Tochter in Köln, wartet am Neumarkt auf die Straßenbahn und wird von einem obdachlosen Mann angegriffen. Seit Montag muss sich der Mann für diesen und weitere Vorfälle vor dem Kölner Landgericht verantworten. „Er ist eine Gefahr für die Allgemeinheit“, sagte die Staatsanwältin, die dauerhafte Unterbringung des 37-Jährigen in die geschlossene Psychiatrie sei angebracht.
Nach Kleingeld gefragt, mit Messer zugestochen
Ob sie etwas Kleingeld hätten, hatte der Drogenabhängige die auswärtigen KVB-Kunden gefragt, die gerade an Gleis 4 gesessen hatten. Während die Frau sich direkt abwendete und sich einige Meter entfernte, soll ihr Ehemann sich auf einen Smalltalk eingelassen haben. Mit dem Ergebnis, dass der Beschuldigte ein Taschenmesser zog und es seinem arglosen Opfer in den Nackenbereich stach.
„Das war ein bisschen heftig von mir, ich war betrunken“, räumte der 37-Jährige beim Prozessauftakt ein. Der Mann, den er um Geld gefragt habe, habe sich vor ihm aufgebaut, ihn barsch zurückgewiesen. Er habe allerdings auf die Schulterblätter gezielt und nicht auf den Nacken, so der Täter, denn das „könnte ja tödlich sein, das weiß ich ja.“ Das Opfer erlitt letztlich nur eine leichte Schnittverletzung.
Kinder angegangen, Mithäftling geschlagen
Einen Monat zuvor war der Beschuldigte am Lindenthaler Tierpark mit einem Familienvater aneinandergeraten, nachdem er sich aggressiv gegenüber Kindern gezeigt haben soll. Er sei einfach frustriert gewesen, sagte der Mann und beschwerte sich über das Vorgehen der hinzugerufenen Polizeibeamten. Die seien bei der Festnahme „mit fünf Mann auf meinen Brustkorb gesprungen.“
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Als gerechtfertigt sah der Mann einen Vorfall in der JVA Ossendorf an. Hier hatte er einem Mithäftling, der ihn zuvor bedroht habe, beim Freigang auf dem Hof mit der Faust ins Gesicht geschlagen und diesem damit eine aufgeplatzte Lippe beigebracht. Vor dem Richter brüstete sich der Täter als Kickboxer: „Wenn ich mit voller Wucht reingeschlagen hätte, dann wäre der Matsche.“
„Ich bin ein normaler Mensch“
Als Obdachloser habe der Beschuldigte doch bestimmt einige unschöne Erfahrungen gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg. Was ihn denn etwa bei der eher harmlosen Situation am Neumarkt zum Angriff bewogen habe, wollte er wissen. „Irgendwann klinkt es einfach aus“, so die Antwort des Mannes, der inzwischen von der JVA in eine psychiatrische Klinik verlegt wurde.
Qualifikation fürs Gymnasium, Besuch einer Gesamtschule, Wechsel auf die Hauptschule, dann Sonderschule und schließlich mit 14 Jahren Knast. Dann immer wieder Drogen, fast täglich habe er Heroin geraucht. Die Hoffnung habe er indes nicht aufgegeben: „Ich bin ein normaler Mensch, ich suche einen Job, eine Wohnung und eine Frau.“ Der Prozess im Landgericht wird fortgesetzt.