Bei der gut besuchten Podiumsdiskussion des Kölner Presseclubs sprachen unter anderem BUND und Kölns Baudezernent über das Justizzentrum.
„Abriss um jeden Preis“?Diskussion um Justizzentrum-Neubau – BUND will Abriss weiter stoppen
Abriss und Neubau des Justizzentrums an der Luxemburger Straße sind beschlossene Sache. Trotzdem kämpfen Helmut Röscheisen, Vorsitzender der Kölner Ortsgruppe der Naturschutzorganisation BUND, und seine Mitstreiter weiter dafür, dass das 23 Stockwerke hohe, 1981 eröffnete Hochhaus erhalten bleibt und saniert wird. Das zeigte sich bei der gut besuchten Podiumsdiskussion, die der Kölner Presseclub am Dienstag im Excelsior Hotel Ernst veranstaltete. Unter dem Titel „Abriss um jeden Preis“ erörterten unter Moderation von Peter Pauls, Vorsitzender des Clubs, Röscheisen, Kölns Baudezernent Markus Greitemann und Architektin Stefanie Ruffen (FDP) am Beispiel des Justizzentrums die Frage, wie nachhaltig die Baupolitik der öffentlichen Hand ist.
Obwohl der Anteil des Bausektors am Klimawandel enorm sei, werde dies bisher vernachlässigt, sagte Röscheisen. Eine Sanierung im Bestand sei weitaus umweltfreundlicher als ein Neubau, denn sie schone die „graue Energie“, also die Energiemenge, die für die Herstellung von Baustoffen, deren Transport, die Lagerung und den Bauprozess aufgewandt wurde. Doch bei der Auslobung des Wettbewerbs sei von Vornherein auf einen Neubau gesetzt worden.
Voriges Jahr verlangte Röscheisen vom Bauherrn, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW, Auskunft über den Vorgang, erhielt einen ablehnenden Bescheid und strengte ein Widerspruchsverfahren an. Mit einem „Zwischenerfolg“, wie er sagte: In einem Schreiben der NRW-Minister Mona Neubaur (Grüne) und Benjamin Limbach (Grüne) an den BUND werde die Sanierungsfähigkeit des Hochhauses bestätigt. Er habe weitere Unterlagen angefordert, sei aber abgewimmelt worden – mit einer Begründung, die er so wiedergab: „Wenn wir das dem Röscheisen geben, verzögert sich der Bau, und die Diskussion geht von vorne los.“
Wesentliche Kriterien sprachen laut Land für einen Neubau
Kölns Baudezernent Markus Greitemann sprach sich für den Neubau aus. Unter Berücksichtigung dessen, was die Justiz als notwendig erachte, habe das Land in einem sorgfältigen Entscheidungsprozess auch Alternativen in Betracht gezogen, sich nach Abwägung wesentlicher Kriterien wie Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit dann aber für einen Neubau entschieden. Dementsprechend sei der Wettbewerb angelegt worden. Die Justiz habe bekundet, sie könne „in der Fläche“ besser arbeiten; entstehen werde ein „zukunftsfähiges“ Zentrum. Greitemann verwahrte sich gegen die Annahme, „ich würde die Abrissbirne gerne schwingen.“ Bei der Realisierung des Vorhabens sei darauf zu achten, dass das Land das Versprechen halte, „die Gebäude entsprechend aller Nachhaltigkeitsaspekte zu errichten“.
Architektin Stefanie Ruffen, die als FDP-Mitglied dem Bauausschuss des Stadtrates vorsitzt, sagte: „Wir bauen fast nur im Bestand, das ist der richtige Weg.“ Voraussetzung sei allerdings, dass die betreffende Immobilie ständig gepflegt worden sei. Bei öffentlichen Gebäuden sei oft das Gegenteil der Fall: „Wir lassen sie verkommen.“ Beim Justiz-Hochhaus habe es überdies von Anfang an Klagen über dessen „Dysfunktionalität“ gegeben. Unterm Strich befürwortete auch sie einen Neubau. Das Verfahren sei so weit gediehen, dass es für eine „Rolle rückwärts“ zu spät sei. Widersetze sich die Stadt jetzt der Planung, stelle sie ihre „Verlässlichkeit“ infrage. Im Übrigen ziehe auch eine Sanierung die Umwelt in Mitleidenschaft.
Einigkeit herrschte darüber, dass es an Kommunikation und Transparenz mangele. Als Beispiel diente die von Röscheisen angesprochene Weigerung des BLB, ihm weitere Dokumente zur Verfügung zu stellen. „Das kann man als antidemokratisch empfinden“, sagte Pauls. Da sich nach seinem Eindruck auch verantwortliche Politiker wegducken würden, glaube er, dass der Vorgang „Staatsverdrossenheit“ nähren könne. Ruffen betonte, das Verfahren, „finanziert von unseren Steuergeldern“, müsse „absolut transparent sein“. Dem stimmte Greitemann zu.