Tumult bei DemoStrafe für Kölner Polizisten gefordert – Richter entscheidet anders
Köln – Mit völlig konträren Sichtweisen endete am Freitag vor dem Amtsgericht der Prozess gegen zwei Polizeibeamte, denen Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung und Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen wurde. Während Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn schwere Dienstvergehen als verwirklicht ansah, bewertete die Verteidigung das rabiat wirkende Vorgehen der Polizisten gegen einen mutmaßlichen Corona-Leugner auf dem Heumarkt als angemessen. Nach mehr als siebenstündiger Verhandlung fällte Richter Rolf Krebber sein Urteil.
Berufliche Existenz der Beamten steht auf dem Spiel
Für die Beamten ging es um nicht weniger als die berufliche Existenz. Allein der Strafvorwurf der Verfolgung Unschuldiger, der mit einer frisierten Strafanzeige einhergegangen sein soll, gilt als Verbrechenstatbestand, der mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis belegt ist. Das hieße für die Angeklagten die automatische Entfernung aus dem Polizeidienst – im Fall des beschuldigten 57-jährigen Dienstgruppenleiters der Wache Stolkgasse nach 39 Jahren im Einsatz.
Der Beamte schilderte zum Prozessbeginn, wie sich der Einsatz aus seiner Sicht abgespielt habe. Demnach habe er im April 2020 nach einer beendeten Demonstration von Gegnern der damals noch frischen Corona-Schutzmaßnahmen eine spontan entstandene Ansammlung von Demoteilnehmern auflösen wollen. Ein Video zeigt, wie ein Streitgespräch des Beamten mit einem Mann entstand, in dessen Verlauf sich dieser darüber echauffierte, dass die Polizisten keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen mussten. Mehrfach fiel das Wort „Bullen“.
Kölner Staatsanwalt sieht unverhältnismäßigen Zugriff
Nachdem er sich beleidigt gefühlt habe, so erklärte es der Beamte, habe er die Personalien des Demonstranten feststellen wollen, um eine Strafanzeige fertigen zu können. Wie er das durchsetzen wollte, auch darüber gab es gegensätzliche Darstellungen. Laut Anklage soll der Beamte den Demonstranten völlig unvermittelt nach einem Ausfallschritt gepackt haben, woraufhin dieser zurückgewichen sei und letztlich beide gestürzt seien. Das Vorgehen hätte angekündigt werden müssen und sei daher nicht verhältnismäßig gewesen. Die vom Demonstranten erlittenen zumindest leichten Blessuren seien daher als Körperverletzung zu werten, die vorübergehende Festnahme darüber hinaus als Freiheitsberaubung, so die Staatsanwaltschaft.
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Der Dienstgruppenleiter hingegen beharrte darauf, zuvor nach den Personalien gefragt zu haben und sich dann zu einem Zugriff entschieden zu haben – auch, weil er die Befürchtung gehabt habe, dass sein Gegenüber sich der Maßnahme entziehe. „Ich spiele mit dem sicher kein Nachlaufen auf dem Heumarkt.“ Und genau hier setzte Richter Krebber im Urteil an: Denn der Demonstrant, der ohne Maske und mit entsprechendem Attest im Gericht erschienen war, hatte genau eine Situation beschrieben, in der er nicht mehr schnell genug seine Papiere habe herausholen können. Damit habe er die Version des Polizisten bestätigt, dass dieser zuvor nach den Personalien gefragt habe. Damit sei der Zugriff rechtmäßig gewesen.
Vorwurf der fingierten Anzeige habe sich erledigt
Damit habe sich auch der weitere Vorwurf gegen den 57-Jährigen und dessen Kollegen erledigt, im Nachhinein eine falsche Anzeige erstellt zu haben. In den Augen der Beamten sei eben kein Unschuldiger verfolgt worden, da es Anhaltspunkte auf die Straftatbestände Beleidigung und Widerstand gegeben habe.
Und so endete das Verfahren nicht etwa mit einer Geldstrafe, Oberstaatsanwalt Willuhn hatte jeweils 5000 Euro Strafe beantragt, sondern mit Freispruch. Richter Krebber sagte, für ihn sei es der schwierigste Fall des Jahres gewesen, gerade weil für die Polizisten so viel auf dem Spiel steht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.