„Mangelnder Respekt“Wirbel um geschmacklosen Twitter-Witz von Kölner Richter
Köln – Es war ein kurioser Befangenheitsantrag, mit dem sich das Kölner Landgericht im Rahmen eines großen Schleuser-Prozesses befassen musste. Einer der Verteidiger hatte im Namen seines Mandanten den Vorsitzenden Richter Ralph Ernst (45) abgelehnt, weil dieser im Internet über den Kurznachrichtendienst Twitter einen bösen Witz über Anwälte weiterverbreitet hatte.
Köln: Richter teilt Witz über Anwälte bei Twitter
Der Tweet hatte folgenden Inhalt: „Was ist der Unterschied zwischen einem toten Hund und einem toten Anwalt auf der Straße? Vor dem Hund ist eine Bremsspur“. Weiter fragte die Ursprungsverfasserin nach weiteren guten „Jura-Witzen“. Richter Ernst hatte den Witz über seinen persönlichen Account geteilt und damit den Unmut von Rechtsanwälten auf sich gezogen.
Der Tweet zeuge von „mangelndem Respekt“, führte der Kölner Verteidiger Gordon Christiansen aus, offenbar spiegele das den Verteidigern zugewandte Verhalten des Richters während des Prozesses nicht dessen wahre Haltung wieder. Die gebotene Neutralität des Richters sei nicht mehr gegeben und Nachteile für den Mandanten zu erwarten; folgerichtig sei Ernst befangen und könne nicht weiterverhandeln.
Kölner Richter bewerten Twitter-Witz
Zuständige Richter-Kollegen lehnten den Befangenheitsantrag ab. Der Witz greife zwar zugespitzt eine angeblich ablehnende Haltung weiter Teile der Bevölkerung gegenüber dem Anwaltsberuf auf, enthalte aber keine Wertung.
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Auch sei der Witz offenbar selbst von einer Rechtsanwältin geteilt worden, auch habe sie nach „Jura-Witzen“ gefragt. Richter Ernst habe somit als Jurist selbst die Bereitschaft gezeigt, sich zur Zielscheibe von Witzen zu machen.
Köln: Richter distanziert sich und deaktiviert Account
Richter Ernst hatte sich in einer dienstlichen Stellungnahme von dem geschmacklosen Witz distanziert und seinen Respekt vor Rechtsanwälten zum Ausdruck gebracht. Seinen Twitter-Account hat er zwischenzeitlich deaktiviert. Witze wird er also in Zukunft wohl nicht mehr teilen.
Am Montag wurde der Beschluss veröffentlicht, dass Richter Ernst das Verfahren weiter führen darf, am Freitag erfolgte dann bereits das Urteil.
Urteil im Kölner Schleuser-Prozess ist gefallen
Der Vorsitzende Richter der 3. Großen Strafkammer verurteilte drei Männer nach mehr als 30 Verhandlungstagen zu Haftstrafen zwischen zehn Monaten und vier Jahren, das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten war im Vorfeld bereits eingestellt worden.
Die Angeklagten hatten einer untergetauchten Zollstockerin geholfen (hier Lesen Sie mehr), die iranische Landsleute mit gefälschten Dokumenten nach Deutschland geschleust und so Asylbetrug in großem Stil organisiert hatte.