Mögliche WendungRichter spielt brisante Videos von vergiftetem Kölner Arzt ab
Köln – Der Prozess um einen mit Insulin vergifteten Mediziner könnte auf der Zielgeraden noch eine wichtige Wendung erfahren. Am Mittwoch konnte die Verteidigung der wegen versuchten Mordes beschuldigten Schwiegertochter den Richter dazu bewegen, aktuelle Videos im Gerichtssaal abzuspielen, die den Senior bei einer Unterhaltung zeigen. Hieraus sind womöglich geringere Tatfolgen abzuleiten.
Vergifteter Kölner Arzt: Videos zeigen Gespräch zwischen Vater und Sohn
Die Videos zeigen ein Gespräch des betagten Opfers mit seinem Sohn, der gleichzeitig der Ehemann der Angeklagten ist. Die Aufnahmen sollen im vergangenen Juli entstanden sein. „Weißt Du, dass du Hilfe brauchst?“, wird der Senior gefragt. „Ich weiß es nicht“, war die Antwort. „Aber du weißt, wer ich bin?“, fragt der Sohn den Vater. Das bejaht dieser und nennt dessen Namen und Doktortitel.
Der Sohn will mit den Videos offenbar neue Beweismittel schaffen und fragt seinen Vater: „Weißt du, was passiert ist?“ Darauf gibt es aber keine konkrete Antwort. „Erinnerst du dich an die …, meine Frau?“, fragt der Sohn und meint die Angeklagte. „Ja“, entgegnet der Senior. „Hast du die in guter Erinnerung?“, will der Sohn wissen. Sein Vater antwortet daraufhin nur: „Ich hab dich gern.“
Kölner Richter hält Videoaufnahmen für bedeutend
Er freue sich auch darauf, seine Enkel zu sehen, er habe aber jetzt Probleme mit dem Kopf, sagt der Senior auf Nachfrage seines Sohnes und reflektiert damit offenbar seinen Gesundheitszustand. Der Sohn der Angeklagten hat die Videos nach dessen Aussage Verteidiger Jürgen Graf übersandt – wohl mit dem Ziel, seine bestreitende Ehefrau zu entlasten und zu zeigen, dass es seinem Vater verhältnismäßig gut gehe.
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Trotz eines Protests von Opfer-Vertreter Simon Kantz mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Seniors hatte das Gericht die Aufnahmen abgespielt. „Die Aufzeichnungen sind für die Entscheidung von nicht unerheblicher Bedeutung“, hatte Richter Peter Koerfers erklärt. In Fällen schwerster Kriminalität könnten auch womöglich unrechtmäßig erlangte Dokumente verwertet werden.
Tatfolgen offenbar geringer als zunächst gedacht
Die Videoaufnahmen zeigten, dass der Senior auch zu Satzverknüpfungen mit Relativsätzen in der Lage sei, „es belegt, dass die sprachlichen Fähigkeiten, wenn auch eingeschränkt, vorliegen“, hatte Verteidiger Graf erklärt. Der Anwalt beantragte auch die Einholung eines neuen Gutachtens. Ein Arzt hatte beim Senior eine schwere Schädigung des Gehirns diagnostiziert. Hierzu fehlten aber Befunde.
Die neuen Erkenntnisse könnten dazu führen, dass man einen versuchten Mord „nahe der Vollendung“ nicht mehr annehmen kann. Davon hatte Oberstaatsanwalt Bastian Blaut – der das neue Beweisvideo nicht unbedingt sehen wollte – zu Prozessbeginn gesprochen und der Angeklagten mit lebenslanger Haft gedroht. Ein Gutachter hingegen attestierte dem Senior noch „ein Stück Lebensqualität“. Der Prozess wird fortgesetzt.