Nach FreispruchKölner Richter will sein Urteil in Entführungs-Fall zurücknehmen
Köln – Nicht im Namen des Volkes, sondern mit den Worten „Akte zu, Affe tot“ hatte ein Kölner Amtsrichter Mitte Januar drei Angeklagte völlig formlos mit einem Freispruch nach Hause geschickt, denen Entführung, Raub und Körperverletzung vorgeworfen worden war. Nun hat der Fall eine Wendung genommen. Richter Dr. Frank Altpeter (60) will sein Urteil zurücknehmen und neu verhandeln – dagegen wehrt sich die Staatsanwaltschaft.
Richter: „Wir beerdigen das, gehen Sie nach Hause“
Plädoyers, letzte Worte oder Urteilsberatung gab es bei dem Fall vor dem Amtsgericht nicht, womit gegen mehrere Vorschriften aus der Strafprozessordnung verstoßen wurde. „Wir beerdigen das, gehen Sie nach Hause“, meinte Richter Altpeter zu den Angeklagten; und den beiden Schöffen, die eigentlich gleichberechtigt mit dem Richter das Urteil fällen sollten, erklärte Altpeter noch: „Man muss erkennen, wenn ein Pferd tot ist.“
Altpeter erinnerte sogar an die Tradition eines inzwischen pensionierten Kölner Verkehrsrichters, der immer nur „Freispruch“ in den Saal gerufen und das Verfahren damit beendet habe. Dass Altpeter es dem Kollegen im Januar gleichtat, hat nun Konsequenzen.
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Obwohl der Sitzungsvertreter der Staatsanwalt den „Freispruch“ in der Verhandlung abgenickt und nichts gegen das formlose Urteil unternommen hatte, legte die Behörde einen Tag später Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. Man wolle nun das schriftliche Urteil abwarten und dann etwa Revision oder Berufung einlegen, hatte die Staatsanwaltschaft geäußert.
Köln: Staatsanwaltschaft wehrt sich gegen Rücknahme des Urteils
Doch das schriftliche Urteil wird es nach dem Willen des Richters nicht geben. „Der Kollege hat sich im Nachgang mit der Rechtslage beschäftigt und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet ist“, so eine Sprecherin des Amtsgerichts. Heißt: Der „Freispruch“, dessen Tenor nicht formgerecht verkündet wurde, sei nichtig. Daher müsse es einen neuen Termin zur Verhandlung geben, so Altpeter.
„Die Staatsanwaltschaft sieht das anders und ist der Meinung, dass ein Urteil ergangen ist“, sagt Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn auf Anfrage. Das Rechtsmittel solle daher bestehen bleiben. In der Tat hatte Altpeter die Angeklagten in dem Glauben entlassen, freigesprochen worden zu sein. „Die Mandanten verstehen natürlich die Welt nicht mehr“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schäfer, dessen Kanzlei Linten aus Essen die Angeklagten verteidigt hat.
Prüfung durch Präsidenten des Amtsgerichts
„Der in Rede stehende Sachverhalt ist aktuell Gegenstand einer – bislang noch nicht abgeschlossenen – dienstrechtlichen Prüfung durch den Präsidenten des Amtsgerichts Köln“, teilt das Justizministerium NRW auf Anfrage mit. Die Beurteilung, inwieweit der Fall von strafrechtlicher Relevanz sein könnte – möglich erscheint Rechtsbeugung – obliege laut Ministerium zunächst einmal ausschließlich der Staatsanwaltschaft Köln als örtlich zuständiger Strafverfolgungsbehörde.
Fest steht offenbar nur, dass noch einmal verhandelt wird; vor welchem Richter jedoch, müssen die Behörden nun ausfechten.
Kölner Fall um Entführung muss weiter aufgeklärt werden
Dann muss auch der eigentliche Fall weiter aufklärt werden. Denn Altpeter hatte auch einen unwilligen Zeugen nicht weiter vernommen und scherzhaft gefragt, ob man ihn nun in Beugehaft nehmen solle.
Die Vorwürfe – ob zutreffend oder nicht – gegen die drei Beschuldigten (24, 26, 29) wiegen schwer, es drohen mehrjährige Haftstrafen. Das Trio soll einen Mann (26) nach einer Hochzeitsfeier in Niehl geschlagen, in ein Auto gezerrt, entführt und schließlich beraubt haben.
Der Geschädigte hatte sich bei seiner Aussage im Amtsgericht mehrfach in Widersprüche verstrickt – offenbar war der Richter danach der Meinung, an den Vorwürfen sei nichts dran.