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Mordfall LübckeKölner NSU-Opferanwalt Kaplan vertritt Rechtsextremen Stephan E.

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Der Kölner Strafverteidiger Mustafa Kaplan vertritt den Rechtsextremen Stephan E.

Köln – Er würde Hitler oder Stalin vertreten, je nachdem, wer sich zuerst meldet, meinte mal ein Kölner Rechtsanwalt. Moralische Erwägungen seien bei der Übernahme von Mandaten nicht maßgeblich, sagt auch der Kölner Strafverteidiger Mustafa Kaplan (51).

Nachdem er NSU-Opfer und den türkischen Präsidenten Erdogan vertreten hatte, verteidigt Kaplan nun den Rechtsextremisten und mutmaßlichen Lübcke-Mörder Stephan E. (46) beim anstehenden Prozess.

Sein Vater arbeitete als Gastarbeiter bei Ford

Kaplan kam im Alter von acht Jahren aus der Türkei nach Deutschland, sein Vater arbeitete beim Kölner Autobauer Ford. „Meine Eltern haben mich mit ihren Mitteln unterstützt, Jura zu studieren“, sagt Kaplan, der mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.

Und er sei sehr stolz darauf, „als Gastarbeiter-Kind“ nun als Fachanwalt für Strafrecht im Einsatz für das deutsche Rechtsstaatsystem zu sein. Kaplan betreibt eine eigene Kanzlei im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

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Rechtsextremist Stephan E., hier nach einem Haftprüfungstermin, wird des Mordes an Lübcke beschuldigt.

Auf die Frage, warum er den Rechtsextremen Stephan E. vertritt, sagt Kaplan: „Mich reizt der hoch spannende Fall.“ Welche politischen Ansichten der Mann habe, spiele für ihn keine Rolle. Nach einem Gespräch in der JVA Kassel habe er sich entschieden, das vom Beschuldigten an ihn herangetragene Mandat anzunehmen, da sich E. ihm gegenüber geöffnet habe.

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Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wurde im Juni 2019 erschossen.

Jeder habe das Recht auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren, sagt Kaplan. Das erkläre er auch seinem Umfeld; bisher habe er keine negativen Reaktionen erfahren.

Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke mit Kopfschuss getötet

Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses mit einem Kopfschuss getötet worden. Die Bundesanwaltschaft geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus, Stephan E. soll der Schütze sein. Er gestand die Tat zunächst, stellte sie aber später als Unfall dar.

Ein weiterer Tatverdächtiger habe die Waffe bei der Schussabgabe auf Lübcke gerichtet. Die Anklage in dem Verfahren soll Anfang März erhoben werden, der Prozess vor dem Frankfurter Oberlandesgericht wohl im Sommer starten. Zu dem Fall selbst wollte sich Kaplan nicht äußern, da er noch keine Akteneinsicht gehabt habe.

Kaplan: Türkische Vita könnte eine Rolle gespielt haben

Es erscheint naheliegend, dass sich E. bei der Hauptverhandlung mehr Chancen ausrechnet, von einem Anwalt mit türkischen Wurzeln vertreten zu werden. „Vielleicht hat meine türkische Vita eine Rolle gespielt, das wäre auch legitim“, sagt Kaplan.

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Einen Unterschied dürfte es aber nicht machen, ein Richter würde sicher nicht denken: „Hey, der hat einen türkischen Anwalt, der kann nichts gegen Ausländer haben.“ Das sei vergleichbar mit einem Vergewaltigungsfall, in dem sich der Beschuldigte von einer Anwältin vertreten lasse, nur um einen besseren Eindruck machen zu wollen.

Erdogan und NSU-Opfer vertreten, Drohmail erhalten

Mustafa Kaplan gilt als streitbarer Strafverteidiger, zuletzt hatte er einer Kölner Amtsrichterin mit einem Befangenheitsantrag das Verfahren entzogen, nachdem diese gedroht hatte, Kaplan nach einem Disput aus dem Gerichtssaal zu werfen. Im Prozess gegen NSU-Mitglied Beate Zschäpe und Komplizen vertrat er vor dem Münchner Oberlandesgericht mehrere Opfer des Nagelbomben-Anschlags auf der Mülheimer Keupstraße.

Auch hatte Kaplan vor dem Landgericht Hamburg den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei dessen Klage gegen das Schmähgedicht des Kölner Entertainers Jan Böhmermann unterstützt. Im Dezember 2018 hatte Kaplan offenbart, unter dem Stichwort „NSU 2.0“ eine E-Mail mit rechtextremem Inhalt und Drohungen erhalten zu haben.