„Schwere seelische Abartigkeit“Rodenkirchener Brandstifter nur vermindert schuldfähig
Köln – Jan W., dem schwere Brandstiftung vorgeworfen wird, war vermindert schuldfähig, als er im Januar dieses Jahres in der ehelichen Wohnung in Rodenkirchen Feuer legte. Zu diesem Schluss ist die forensische Psychiaterin gekommen, die am Donnerstag im Prozess vor dem Schöffengericht ihre Untersuchungsergebnisse vortragen hat. Bei Jan W. (65, Name geändert) liege eine schwere seelische „Abartigkeit“ vor, sagte die Gutachterin; es sei eine Kombination von Eifersuchtswahn und Anpassungsstörung; Letztere sei für die Tat „primär“ gewesen.
Von einer kompletten Schuldunfähigkeit geht die Sachverständige jedoch nicht aus. Ebensowenig befürwortet sie die Unterbringung im so genannten Maßregelvollzug – also in der Psychiatrie – wie bei Straftätern, die wegen ihrer Erkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich gelten und von denen weitere erhebliche Straftaten wie Gewalt- und Sexualdelikte zu erwarten sind. Nachdem seine Frau, die er seit Jahren wahnhaft verdächtigte, ihn seit einem Reha-Aufenthalt zu betrügen, sich von ihm abgewandt hatte, sah der Angeklagte keine Zukunft mehr für sich. Er trank Rohrreiniger und setzte die Wohnung, in der das Ehepaar noch zusammenlebte, an mehreren Stellen in Brand.
Nachbarn alarmierten die Feuerwehr; die hatte die Flammen rasch unter Kontrolle, so dass keine Mieter des Hauses, in dem ein Dutzend Mietparteien wohnen, verletzt wurden. Jan W., dessen Speiseröhre lebensgefährlich verätzt war, wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Psychiaterin sprach von einem „harten Suizidversuch“ in einer „für ihn hoch belastenden Situation“. Der Angeklagte habe einen Intelligenzgrad „im Bereich der Lernbehinderung“, weise bei Problemen die Schuld anderen zu, könne sich wenig in seine Mitmenschen hineinversetzen und habe insgesamt eine „schlichte Persönlichkeit“.
Alles zum Thema Feuerwehr Köln
- Kurz und kompakt Die Meldungen des Tages aus Oberberg am Mittwoch
- Dauerregen in der Region Bäche und Flüsse laufen in NRW über – Rheinpegel in Köln steigt
- „Der Moment“ 33 Jahre nach Feuertragödie schreibt Kölnerin ein Buch und klagt an
- Auszeichnung der Kölschen Funkentöter Lanxess-Arena-Chef Stefan Löcher wird zum Ehrenbrandmeister ernannt
- Karnevalsauftakt So fällt die erste Bilanz der Stadt Köln zum 11.11. aus
- Kölner Hauptbahnhof Raucher auf Zug-Toilette löst Großeinsatz der Feuerwehr aus
- 11.11. in Köln Tausende Jugendliche kontrolliert – Polizei und Stadt ziehen positive Bilanz zum Sessionsauftakt
Aggression gegen sich selbst gerichtet
Zugleich betonte die Gutachterin, Jan W. habe keine „Aggressionsdelikte gegen Nächststehende“ begangen, die Aggression vielmehr gegen sich selbst gerichtet. Inzwischen sei er offenbar zur Ruhe gekommen und das Belastungsgefühl losgeworden. Er selber hatte am ersten Prozesstag gesagt, nach mehrmonatigem Aufenthalt in der Psychiatrie habe er keine Suizidgedanken mehr: „Ich sehe jetzt wieder in die Zukunft.“
Offen ist die Frage, wie der 65-Jährige, der auch körperlich eingeschränkt ist und unter Betreuung steht, nach der Haftentlassung untergebracht werden kann. Allein kann er nicht leben. Am 29. August soll das Urteil gesprochen werden.
Beratung und Seelsorge in schwierigen Situationen
Kontakte | Hier wird Ihnen geholfen
Wir gestalten unsere Berichterstattung über Suizide und entsprechende Absichten bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details. Falls Sie sich dennoch betroffen fühlen, lesen Sie bitte weiter:
Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreisen? Sie befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation und spielen mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen? Wenn Sie sich nicht im Familien- oder Freundeskreis Hilfe suchen können oder möchten – hier finden Sie anonyme Beratungs- und Seelsorgeangebote.
Telefonseelsorge
Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de
Kinder- und Jugendtelefon
Das Angebot des Vereins "Nummer gegen Kummer" richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Am Samstag nehmen die jungen Berater des Teams "Jugendliche beraten Jugendliche" die Gespräche an. nummergegenkummer.de.
Muslimisches Seelsorge-Telefon
Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch türkisch. mutes.de
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention
Eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de