„Sex-Rangliste“ geführtSchlafende Frau in Kölner Hotel vergewaltigt – Gärtner muss ins Gefängnis

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Der Angeklagte (38) mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Der Angeklagte (38) mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

An Karneval war der Mann aus Hessen nach Köln gereist.

Angestachelt von einer frauenverachtenden Whatsapp-Gruppe mit 17 Männern und einer „Sex-Rangliste“ hat ein Gärtnermeister aus Hessen an Karneval eine 20-jährige Studentin vergewaltigt – davon zeigte sich das Kölner Landgericht in einem aufsehenerregenden Revisionsprozess überzeugt. Einem durch den Bundesgerichtshof aufgehobenen Freispruch in erster Instanz folgte nun eine Strafe von drei Jahren Haft. Der Verurteilte (38) hatte stets von einvernehmlichen Handlungen gesprochen.

Männer lieferten sich Wettbewerb in WhatsApp-Gruppe

Der Angeklagte solle die Verurteilung zum Anlass nehmen, seinen Freundeskreis zu wechseln, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Stollenwerk. In der Chatgruppe hatten sich die Beteiligten mit Fotos und Videos von Frauen gebrüstet, in deren Unkenntnis auch diverse Nacktbilder verschickt.

„Frauen wurden wie Trophäen behandelt“, erklärte der Richter. Wer Sex mit einer neuen Partnerin gehabt habe, der schrieb ein „N“ für „Neu“. Üblich sei es dann gewesen, dass die Frauen mit höhnischen und abwertenden Kommentaren versehen wurden. Einen besonderen Wettkampf hatten sich zwei Freunde geliefert, darunter der Angeklagte. „8 zu 7“ habe der zurückgelegen, als sich die beiden im Jahr 2020 mit weiteren Kumpels zum Karnevalfeiern nach Köln aufgemacht hatten.

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Der Freund des Angeklagten, ein früherer Reality-TV-Teilnehmer, hatte an jenem Karnevalssamstag das spätere Opfer in einem Lokal auf der Zülpicher Straße kennengelernt. Man tauschte Küsse aus, suchte dann das Hotelzimmer des Mannes in der Nähe auf. Nach dem einvernehmlichen Sex fotografierte der Mann die nun schlafende Studentin, filmte ihr zwischen die Beine, stellte die Aufnahmen in die Whatsapp-Gruppe ein und verkündete ein „N“. „9 zu 7“, prahlte er noch.

Kölner Landgericht: Schlafende Frau vergewaltigt

Der Angeklagte suchte das Hotelzimmer, das er mit dem Freund gebucht hatte, danach selbst auf. Angeblich, um sein Handy aufzuladen und ein Tinder-Date nicht zu verlieren, das er auf dem Smartphone gefunden habe. Im Zimmer traf er auf den Freund und die unbekleidete Studentin, beide tief schlafend. Nach dem Urteil des Landgerichts zog der heute 38-Jährige daraufhin sein Drachenkostüm aus, legte sich ins Bett und vergewaltigte die Frau.

Als Schutzbehauptung wertete das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, die Studentin sei vor den sexuellen Handlungen wach gewesen und habe ihre Zustimmung signalisiert. Glaubhaft habe die Geschädigte geschildert, dass sie erwacht sei, als ein fremder und schwerer Mann auf ihr gelegen habe. Sie habe sich aus Angst vor möglichen Schlägen nicht direkt gewehrt, habe sich erst orientieren müssen. Als die Studentin dann vorgab, ihr sei schlecht, hatte der Angeklagte von ihr abgelassen.

Köln: Aufnahmen und Äußerungen von Arzt besonders belastend

Der Schuldspruch basierte auch auf Nachrichten, die ein weiterer Teilnehmer der Gruppe zur Tatzeit bei Whatsapp hinterlassen hatte. Zum Zeitpunkt der Vergewaltigung hatte der Mann, ein Arzt, sich nämlich laut den Feststellungen des Gerichts ebenfalls im Zimmer befunden. Ein Foto zeigt den Angeklagten, wie er im Kostüm vor der unbekleideten und schlafenden Studentin steht. Das nur wenige Minuten später gepostete Video zeigt ihn dann bereits im Bett bei den sexuellen Handlungen.

Als entlarvend bezeichnete der Richter die hochgradig frauenverachtenden Aussagen des Arztes. Unter anderem sagte er, dass Sex mit einer Schlafenden ja eigentlich keine Vergewaltigung sei, da gehöre doch Gewalt dazu. Im Prozess hatte der Arzt seine Aussagen relativiert. Er habe eigentlich kaum etwas gesehen. Der Richter bewertete das als nicht glaubhaft.

Köln: Freispruch aus erster Instanz wurde aufgehoben

In erster Instanz hatte das Landgericht einen Freispruch ausgesprochen, der Richter hatte etwa das Tatvideo anders gedeutet. Die Staatsanwaltschaft war erfolgreich gegen das Urteil vorgegangen. Auch neue Indizien führten nun zum Schuldspruch. Dem Opfer sprach das Gericht 10.000 Euro Schmerzensgeld zu. Der Richter hob das Leid der schwer traumatisierten Frau hervor. Die 20-Jährige habe sich sogar die langen Haare abrasiert, weil sie auf Männer nicht mehr attraktiv wirken wollte.

Rechtskräftig ist das neue Urteil nicht. Nun kann der Angeklagte Revision zum Bundesgerichtshof einlegen. Möglich erscheint nach den Ausführungen des Richters auch ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage gegen den Arzt, der zeitweise mit im Zimmer war. Ursprünglich war der Mann, früher ebenfalls als Teilnehmer einer Reality-TV-Show bekannt, wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Gegen eine Geldzahlung war das Verfahren aber in erster Instanz eingestellt worden.