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„Frauenverachtend“Männer führen Sex-Rangliste bei Whatsapp – führte das zu Vergewaltigung in Köln?

Lesezeit 4 Minuten
Der Angeklagte (38) mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Der Angeklagte (38) mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

17 Teilnehmer hatte der sexistische Chat, der nun im Fokus eines Prozesses am Landgericht Köln steht.

Eine frauenfeindliche Whatsapp-Gruppe, an der sich 17 Männer beteiligt haben, soll zu einer Vergewaltigung in einem Hotel in der Kölner Altstadt geführt haben. Der Hauptbeschuldigte muss sich seit Mittwoch erneut vor dem Landgericht verantworten, dem 38-jährigen Gärtner drohen mehrere Jahre Haft. Einen zunächst ergangenen Freispruch hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben. Das Landgericht habe in erster Instanz entlarvende Chatnachrichten nicht richtig gewürdigt.

Männer bewerten Frauen in sexistischer Whatsapp-Gruppe

Die Gruppe beim Whatsapp-Messenger hatte den bezeichnenden Namen „Stich“ und diente den Männern dazu, untereinander mit ihren vermeintlichen Eroberungen zu prahlen. Sie schrieben ein „N“ für „Neu“ und signalisierten damit, wieder Sex mit einer Frau gehabt zu haben. Die bloße Nachricht darüber reichte schon bald nicht mehr. Beweise mussten her, und so posteten die Männer ohne Zustimmung der Frauen vorhandene Fotos oder Screenshots von privaten Chatverläufen.

So entstand im Laufe der Zeit ein Wettbewerb unter den Männern, eine Rangliste wurde geführt. Frauen wurden mit Begriffen bewertet und zum bloßen Objekt degradiert. „Da platzt mir die Hutschnur, wenn erwachsene Männer so einen Scheiß schreiben“, hatte die Staatsanwältin im ersten Prozess geäußert. Die Chatgruppe sei frauenverachtend und das Verhalten arg pubertär gewesen – das zeuge von einem „deutlichen Charaktermangel“ aller Teilnehmer.

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Aus Hessen stammende Männer feiern Karneval in Köln

Vier der Chatteilnehmer, die aus Hessen stammen, reisten zum gemeinsamen Karnevalfeiern nach Köln. Es liegt nahe, dass es auch ein Ziel war, sich im sexistischen Ranking zu verbessern. Einer der Männer flirtete in einem Lokal auf der Zülpicher Straße mit einer jungen Frau, nahm sie mit in sein Hotelzimmer in der Altstadt. Es kam zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Der Mann rühmte sich sofort in dem Männerchat mit sexistischen Details.

Dazu postete der Mann, früherer Teilnehmer einer Reality-Show im Fernsehen, ein Foto der unbekleideten Frau, die inzwischen eingeschlafen war. „Die schläft, die ist tot, zu viel gesoffen“, schrieb er. Ein weiterer Chatteilnehmer kommentierte: „K.o.-Tropfen“. Die Antwort: „Ahaha, ich hab‘ ihr noch gesagt, sie soll zu ihren Freundinnen, aber sie sagte: Ich will von dir vernascht werden.“ Er habe seine Führung in der Rangliste nun ausgebaut, schrieb der Mann noch triumphierend.

Chat laut Anklage als Aufforderung verstanden

Laut Staatsanwaltschaft soll der Chatverlauf den Zimmergenossen des Mannes – er schrieb in den Chat: „Die war nicht gut, aber Zahl ist Zahl“ – dazu verleitet haben, ebenfalls das Hotel aufzusuchen. „Komm zu zweiter Runde“, war hier zu lesen, was die Anklägerin als Aufforderung verstanden hatte, dass dieser ebenfalls mit der Frau Geschlechtsverkehr haben könnte. Der Mann hatte allerdings erklärt, dass er selbst weiter Karneval feiern wollte. Das habe er mit „zweiter Runde“ gemeint.

In erster Instanz und auch beim Prozess am Mittwoch sagte der Zimmergenosse, das Hotelzimmer zwar aufgesucht zu haben. Aber nur deshalb, um sich frisch zu machen und sein Handy aufzuladen. Er habe eine Übereinstimmung bei der Dating-App „Tinder“ gehabt und den Kontakt nicht verlieren wollen. Im Hotelzimmer habe er dann den Kumpel und die Frau erblickt, beide schlafend. Er habe die Frau nur ein Stück zur Seite schieben wollen, da sie auf seiner Seite des Bettes gelegen habe.

Richter in erster Instanz sprach von einvernehmlichem Sex

Während die Anklage beschreibt, dass der Mann die Schlafende daraufhin vergewaltigt habe, berichtet der Beschuldigte von einvernehmlichem Sex. Die Frau sei aufgewacht, habe ihn an sich herangezogen und lustvoll gestöhnt. Erst im Verlauf habe sie von Übelkeit berichtet und beiden Männern im Zimmer vorgeworfen, sie vergewaltigt zu haben. Die Frau rief die Polizei, es kam zur Festnahme. Durch die Hoteltür hatten die Beamten noch Streit unter den Freunden vernommen.

Als wichtiges Beweismittel gilt ein Video, das ein weiterer Teilnehmer der Chatgruppe aufgenommen hatte. In erster Instanz hatte Richter Benjamin Roellenbleck darauf erkannt, dass die Frau ihre Beine lustvoll um die Hüfte des Angeklagten geschwungen habe. Klarer könne man eine Zustimmung zum Geschlechtsverkehr nicht signalisieren. „Das kennt man, wenn man selber schon mal Sex hatte“, hatte Richter Roellenbleck damals in seiner bekannt unverblümten Ausdrucksweise geäußert.

Zeuge berichtete: „Die war bewusstlos, wie ein Stück Stoff“

Den im Februar 2022 ausgesprochenen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung hob der Bundesgerichtshof auf Initiative der Staatsanwältin aber auf. Das Landgericht habe zwar das vorhandene Video gewürdigt, nicht aber die dazu abgelassenen Kommentare des Filmenden. „Die war bewusstlos, wie ein Stück Stoff“, hatte der Zeuge kommentiert, das aber im ersten Prozess wieder relativiert. Daher wurde sein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung fallen gelassen.

Gegen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr und damit für eine Vergewaltigung an jenem Karnevalssamstag im Jahr 2020 spreche laut Bundesgerichtshof auch die Tatsache, dass der Angeklagte den Kommentaren in der Chatgruppe, die auf eine fehlende Zustimmung zum Sex hindeuteten, nicht widersprochen habe. Er ließ sie unkommentiert, postete stattdessen ein „N“ für einen Punkt in der Rangliste. Ein Urteil im neuen Prozess ist für Juli geplant.