Oben-Ohne-Baden ist nun auch für Frauen erlaubt – genutzt wurde die Möglichkeit noch nicht. Einige Schwimmerinnen nennen ihre Gründe.
Das Beste aus 2023Oben-Ohne-Baden in Kölner Schwimmbädern erlaubt – Nachfrage bleibt aus
Bisher schrieb die Haus- und Nutzungsordnung der KölnBäder „übliche“ Badebekleidung vor. Von heute an gilt in allen 13 Kölner Bädern eine Neuerung: das Baden ohne Oberbekleidung ist nun auch für Frauen erlaubt.
Jedem Badegast sei freigestellt, es bei einer Bikini- oder Badehose zu belassen, heißt es per offizieller Mitteilung. Lediglich „primäre Geschlechtsmerkmale“ müssen weiterhin vollständig bedeckt werden. Auch wenn keine Frauen das Angebot am ersten Tag für sich nutzten, Meinungen dazu gab es viele.
Selbstbestimmung und Freiheit
10 Uhr im Lentpark: Eine blonde junge Schwimmerin mit sportlicher Figur steht am Beckenrand des Schwimmerbeckens und schaut prüfend auf ihre wasserfeste Smartwatch, noch 27 Minuten will sie ihre Bahnen ziehen. „Es tue doch niemandem weh“, antwortet sie überrascht auf die Frage, wie sie zur aktuellen Änderung der Badebekleidung stehe.
Dieser Text gehört zu unseren beliebtesten Inhalten des Jahres 2023 und wurde zuerst am 5. April veröffentlicht. Mehr der meistgelesenen Artikel des Jahres finden Sie hier.
Ob man nun mit oder ohne Badeoberteil schwimmen wolle, solle jedem selbst überlassen werden. Dabei gehe es um reine Selbstbestimmung, so die junge Sportlerin. Sie persönlich werde weiterhin sportliche Kleidung beim Schwimmen tragen. „Ist einfach praktischer“, ruft sie und verabschiedet sich mit einem gekonnten Köpper ins kühle Nass in ihr Training.
Verunsicherungen sind da
„Mich verunsichert das schon, es ist für mich einfach eine Umstellung, dass das nun üblich sein wird“, formuliert es recht vorsichtig Marcel, 47, der in knielanger Badeshorts mit seiner kleinen Tochter im Wasser steht und einen Schwimmball aufbläst. „Ich will da ehrlich sein.“ Manche Eltern hätten seiner Erfahrung nach schon komisch geguckt, wenn seine Tochter früher beim Umziehen für ein paar Minuten nackig gewesen sei.
„Vorsicht Rosie!“, mahnt er, während er ihr hilft, auch ohne Hilfsmittel an der Wasseroberfläche zu bleiben. Dass man nun schon so weit sei, Frauen ohne Oberteil schwimmen zu lassen, habe ihn auf jeden Fall überrascht. Auch wenn es erlaubt sei, könne es schnell die Grenze des Schamgefühls übersteigen.
Die Blicke bleiben: Regeländerungen sind noch lange keine Lösung
„Ich würde mich freuen, wenn ich freizügiger herumlaufen könnte, ohne mich vor den Blicken anderer fürchten zu müssen, aber soweit ist es trotz der Regeländerung ja lange noch nicht“, sagt Schwimmerin Jaenette, 33, die mit farbenfrohem Bikini eine Pause am Beckenrand einlegt.
„Ich würde mich nicht trauen, ohne Oberteil hierher zu kommen. Am See oder im Freibad schon eher, das wäre für mich passender, aber auch da schütze ich mich gerne vor unangenehmen Blicken durch ein normales Badeoutfit.“
Schamgefühl abbauen
Auch wenn sie selbst die Option für sich nicht nutzen werde, sei die Möglichkeit dazu wichtig, betont Anna, 41, die mit ihren zwei kleinen Söhnen am Rand des Lehrbeckens im türkiesen Badeanzug steht. Nackte Brüste würden so oft sexualisiert und in den sozialen Medien zensiert. Das trage dazu bei, dass das Schamgefühl dem eigenen Körper gegenüber aufrechterhalten wird.
„Hoffentlich wird sich in Zukunft mit solchen Veränderungen unser aller Verhältnis zum weiblichen Körper entspannen. Wer weiß, vielleicht finden es meine Söhne ja in 15 Jahren völlig normal, dass alle nur noch im String rumlaufen.“
Frauen setzen sich einer größeren Gefahr aus
Brustschwimmerin, Monika, 60, äußert sich dagegen skeptisch. Wer heute Brüste zeigt, fällt auf und riskiert etwas. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, viele gucken einem nicht ins Gesicht, sondern nur auf die Brust, wenn sie mit einer Frau mit großer Oberweite reden. Das kann unangenehm sein.“
„Wir sind doch eh schon für viele Freiwild“, ergänzt ihre Freundin empört, die ab und zu ein paar Bahnen schwimmt. „Ich kann mir leider sehr gut vorstellen, dass Frauen auch beim Schwimmen unangemessen berührt werden. Es täte mir sehr leid, wenn es dazu käme, sobald sich viele Frauen mit ihren nackten Brüsten dieser Gefahr aussetzen.“
Geschlechtergerechtigkeit fördern
„Wir werde das Geschehen in nächster Zeit natürlich beobachten und eine Neubewertung vornehmen, sollte es zu Schwierigkeiten kommen“. sagt dazu Franziska Graalmann, Sprecherin der KölnBäder. Eine Lockerung der Vorschrift sei vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu einer zunehmenden Sensibilisierung für das Thema Geschlechtergerechtigkeit in den letzten Jahren entstanden.
Die Sicherheit der Badegäste stehe für die Badbetreiber weiterhin im Fokus. Mittlerweile gäbe es auch Erfahrungswerte aus anderen Städten. Es sei erst einmal davon auszugehen, dass das Angebot wenig exzessiv genutzt werde.