- Die Corona-Pandemie beeinflusst nach wie vor das öffentliche Leben in Köln – und den Karnevalsauftakt am Elften im Elften.
- Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte zuletzt deutlich, dass es keine Partys und keine Feiermöglichkeiten auf den Plätzen und Straßen geben wird.
- Doch die Wirte bereiten sich auf den außergewöhnlichen Karnevalsauftakt vor – auf ganz unterschiedliche Weise.
Köln – Nicole Schönemann erlebt gerade etwas, was so „noch nie vorgekommen“ ist. Bisher, erzählt die Sülzer Schneiderin, habe „nicht eine einzige Kundin“ den Kopf bei ihr hereingesteckt und gefragt: „Wann geht’s bei Ihnen los?“ Normalerweise hätte Schönemann ihre Produktion längst auf Karneval umgestellt, aber es scheint, „als hätte niemand Lust, Geld für ein Kostüm auszugeben“. Ist das ein Indiz dafür, dass die Kölnerinnen und Kölner auch keine Lust haben, an Karneval auszuschwärmen?
„Wir können nicht so tun, als gebe es kein Corona. Abstand muss sein. Aber wie das am Elften im Elften in einer Kneipe gehen soll, ist mir noch schleierhaft“, bekennt Helmut Schmitt, Wirt der für aufwendige Karnevals-Deko bekannten Lokalität „Schmittchen“ auf der Breite Straße. Erstmals in 35 Jahren sind die Wände ungeschmückt. Schmitt wird die Gästezahl „dramatisch reduzieren“ und kontrolliert einlassen.
Leute werden trotz Corona Karneval feiern
Karsten Rupp sieht durch den Elften im Elften „ein riesengroßes Problem auf die Gastronomie zukommen“, weil die Leute trotz Corona Karneval feiern werden. „Die bleiben nicht zu Hause“, ist er überzeugt. Sein „Wilma Wunder“ ist zwar keine Karnevals-Location, aber durch die Lage am Friesenplatz mitten im Geschehen. Rupp vermisst ein klares Konzept seitens der Stadt und moniert, der Schwarze Peter werde an die Gastronomie weitergegeben. „Und wir müssen dann gucken, wie wir mit dem Feiervolk klarkommen.“
In eine ähnliche Richtung geht die Kritik von Malte Böttges. In Hinblick auf den 11. November könne er für die „Kölschbar“ noch nicht viel sagen. „Wir wissen gar nicht, wie der Plan der Stadt ist, welche Auflagen es gibt und was noch kommt. An die Planungsunsicherheit haben wir uns leider inzwischen gewöhnt, das ist mehr als traurig.“ Böttges: „Es werden definitiv illegale Partys stattfinden. Und die Gastronomie wird da vermutlich auf der Strecke bleiben.“
Gänseessen mit reinem Restaurant-Charakter
Fragt man Martin Schlüter, den Betreiber des „Reissdorf am Hahnentor“, wie viele der Jecken seiner Einschätzung nach am Elften im Elften Einsicht und Vernunft zeigen werden, antwortet er: „80 bis 90 Prozent“. Wirkliche, sprich: traditionsbewusste Karnevalisten wüssten, „dass Karneval schon mal ausfallen kann, wenn es höhere Gewalt gibt“. Ihm bereiten die zehn bis 20 Prozent der Unbekehrbaren keine Sorgen, weil er – wie viele Kollegen – Gänseessen anbietet „mit reinem Restaurant-Charakter“. Gleichwohl ist ihm bewusst, dass etliche Nicht-Einsichtige losziehen werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Aufrufe zu Mettbrötchen-Partys oder Sekt-Treffs nähren den Verdacht, dass steigende Infektionszahlen die Feierlust nur bedingt bremsen. Private Zusammenballungen, „auf die man weder als Ordnungsbehörde noch als Gastronom Einfluss hat“, seien das große Risiko, meint Schlüter.
Für Warteschlangen an Karneval berühmt
„Kein Saufen, kein Olé-olé, sondern ganz gediegen und sitzend“, lautet die Maßgabe im „Haus Unkelbach“, das sonst für seine Warteschlangen an Karneval berühmt ist. Diesmal wird der Auftakt zum Straßenkarneval überdacht im Freien gefeiert. Laut Inhaber Alexander Manek ist „normales Biergartengeschäft“ geplant mit Frikadellchen und Pittermännchen. Man kann Tische bestellen für zwei Zeitzonen à fünf Stunden.
„Bei uns ist null Party!“, sagt Raimund Stuka vom „ABS“, einer weiteren Karnevalsinstitution. Schunkeln und Schwofen hätten keine Chance, die Gäste müssten alle an Tischen sitzen. Auch hier steht – wie im Südstadt-Brauhaus Johann Schäfer – Gans auf dem Plan.
Der Elfte im Elften ist nie ein normaler Tag
Bei einigen Wirten jedoch sind die Reaktionen auf die Frage zum Elften im Elften fast so, als würde man dem Teufel das Weihwasserbecken vor die Nase halten. „Wir haben ganz normal geöffnet“, lautet eine Standard-Antwort, als wisse man nicht, dass der Elfte im Elften nie ein normaler Tag ist. „Normal geöffnet“ heißt es im „Hemmer“ in Ehrenfeld und beim Gaffel am Dom.
Auch die Brauhäuser Malzmühle am Heumarkt, das „Pütz“ in der Engelbertstraße und der „Boor“ am Eigelstein werden „im üblichen Sinne geöffnet“ haben. Im Hintergrund werde kölsche Musik laufen, „aber die Sicherheit und Gesundheit unserer Gäste und Mitarbeiter steht für uns im Vordergrund“, betont Malzmühlen-Geschäftsführerin Melanie Schwarz-Mechler. „Wegen eines einzigen Tages zu riskieren, dass die Restriktionen danach nur weiter verschärft werden, steht für uns in keinem Verhältnis.“
Zahlreiche Kneipen öffnen erst gar nicht
Es gibt allerdings auch Wirte, die geplantem „Normalbetrieb“ ein Statement entgegensetzen: „Das geht nicht!“ Jedenfalls nicht an einem 11.11. in Köln. Kneipenkarneval ohne Tanzen, ohne Thekenbetrieb ohne Körperkontakt ist genauso wenig möglich wie ein bisschen schwanger. „Den ganzen Abend Diskussionen zu führen ist uns zu anstrengend“, sagt „Stiefel“-Wirt Stephan Freund, der mit seiner Eckkneipe an der Zülpicher Straße im karnevalistischen Epizentrum liegt. Folglich bleibt der „Stiefel“ am Elften im Elften geschlossen.
Auch die Bar „Wohngemeinschaft“, das Brauhaus Stüsser und das „Trierer Eck“ öffnen nicht. Die Betreiber unterstützen die sogenannte „Kölner Erklärung #2“, die Bagatelle-Wirt Daniel Rabe im Namen der IG-Gastro am Mittwoch postete. „Wir appellieren dringend an alle. Bitte feiert am 11.11. keinen Karneval. Nicht auf der Straße, nicht in unbelehrbaren Kneipen und auf keinen Fall zu Hause“, heißt es darin. Rabe wird seine vier Betriebe ebenfalls geschlossen lassen.