Köln – Gäbe es eine Stadiontabelle, nähme der 1. FC Köln in seiner Europa-League-Gruppe nur den dritten Rang ein. Die Arenen von Arsenal London und Roter Stern Belgrad bieten jeweils rund 60.000 Zuschauern Platz, das sind 10.000 mehr als das Rhein-Energie-Stadion.
Die Spielstätte in der weißrussischen Stadt Borrisow verfügt dagegen über gerade einmal 13.000 Plätze und kann für die Zukunftspläne der FC-Spitze somit kein Maßstab sein. Ein Bauwerk in der Größenordnung der Münchner Allianz-Arena dient da schon eher als Vorbild.
Der Verein hält ein Stadion für 75.000 Fans für angemessen. Nachdem durch eine Planungsstudie klar geworden ist, dass sich die Anlage in Müngersdorf nicht auf ein solches Fassungsvermögen erweitern lässt, sucht der Bundesligist vorsorglich nach einer ausreichend großen Fläche für einen Neubau. Dabei kommen auch Grundstücke außerhalb der Stadtgrenzen in Frage.
In der vorigen Saison verkaufte der FC insgesamt 833.000 Eintrittskarten, die meisten Spiele waren ausverkauft. Zuschauerschnitt: 49.000. „Wenn wir nach einem Ausbau auf 75.000 Plätze den Schnitt auf mehr als 60.000 erhöhen können, bedeutet das 10 bis 15 Millionen Euro mehr Umsatz“, sagte FC-Präsident Werner Spinner.
Zudem lassen sich in einem neuen Stadion erheblich mehr Logen und Business-Plätze schaffen, deren Vermarktung als besonders einträglich gilt. Das für 120 Millionen Euro errichtete Rhein-Energie-Stadion gehört der städtischen Sportstätten GmbH.
Der FC zahlt eine Pacht und muss für die Nebenkosten aufkommen. Auf Wunsch des Vereins enthält der bis 2024 geltende Vertrag eine auf den Erfolg bezogene Regelung: Als Erstligist überweist der Klub 7,9 Millionen Euro Miete jährlich, als Zweitligist wegen der geringeren Fernsehgelder nur 2,1 Millionen.
Je länger ihr Mieter sich in der Top-Liga hält, umso mehr verdient die Stadt. Ließe der FC ein eigenes Stadion finanzieren, „lägen wir deutlich besser als mit den fast zehn Millionen Euro, die wir heute zahlen“, betonte Spinner.
Vom Planungsbüro untersucht
Das Planungsbüro Albert Speer und Partner hat für das Rhein-Energie-Stadion mehrere Ausbaustufen untersucht. Die vom FC geforderte Maximallösung mit 75 000 Plätzen würde nach grober Schätzung 160 Millionen Euro kosten, jedoch wegen des zusätzlichen Verkehrs, der Lärmbelastung, des Naturschutzes und drohender Anwohnerklagen kaum zu verwirklichen sein. Eine kleinere Erweiterung für 60 000 Zuschauer würde daran nicht scheitern, soll sich wegen der Kosten von bis zu 100 Millionen Euro aber nicht lohnen.
„Aus unserer Sicht ist ein Ausbau schwer realisierbar“, sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. „Aber wir bleiben natürlich dialogbereit.“ Führende Ratspolitiker wollen gemeinsam mit Vertretern der Stadtverwaltung und der FC-Führung über eine Lösung am angestammten Standort sprechen. „Unser Stadion gehört zu den schönsten in der Liga, hochgelobt für die Fußballstimmung“, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite.
„Wir sollten weder das Stadion madig machen, noch Erweiterungsoptionen zerreden. Auf Kostenkalkulationen aus einer groben Planung ist häufig kein Verlass.“ Mit Kostenschätzungen vor Beginn eines Bauvorhabens habe Köln „so seine bittere Erfahrung, das zeigt das Beispiel der Oper“.
Ein Stadionneubau würde Millionenkosten nach sich ziehen. Zufahrten und Parkplätze müssten ebenso finanziert werden wie je nach Standort eine Bahnhaltestelle. Sollte der FC Müngersdorf verlassen, dürfe er nicht mit finanzieller Unterstützung der Stadt rechnen, heißt es in den Fraktionen. Zumal die Kommune dann ein Stadion ohne Pächter unterhalten müsste.
„Auch andere Kölner Traditionsunternehmen mussten ihren Standort verlegen. Und wenn der FC ein Stadion für 75.000 Zuschauer braucht, was wir nachvollziehen können, dann muss der FC selber bauen“, sagte Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Linken.